Geschenke – komplizierte Spielregeln
Bei Präsenten an Geschäftspartner schaut das Finanzamt immer ganz genau hin. Nur wer Höchstgrenzen und Dokumentationspflichten exakt einhält, kann seine Kosten für die kleinen Aufmerksamkeiten steuermindernd absetzen.
Autor: Angelika Knop
Ab September startet bei der Fa-Ro Marketing GmbH die Weihnachtsvorbereitung. Dann beginnen die Kreativen der Münchner Full-Service-Agentur, an einem originellen Geschenk für ihre Geschäftspartner zu tüfteln. „Wir haben noch nie etwas Fertiges gekauft“, so Inhaber Falko von Schweinitz. „Denn das Präsent soll ja nicht nur Freude machen, sondern auch zeigen, wie wir ticken.“ Es gab schon ein literarisches Memory und ein Glossar mit allen wichtigen Werbebegriffen. Begeistert aufgenommen wurde das Spiel „Die Agentur“: Als Vorlage für das Spielbrett dienten die eigenen Büroräume, gewonnen hatte nach Würfeln und Begrifferaten, wer die meisten Grafiker, Konzeptioner und Texter besaß. Trotz hochwertiger Gestaltung und liebevoller Details sind die Kosten für diese kleinen Aufmerksamkeiten immer überschaubar, weil die Präsente im Barterhandel entstehen. Fa-Ro liefert die Idee, Druckerei und Buchbinderei steuern ihre Arbeit bei. So bekommen alle Partner für wenige Euro ein einzigartiges Geschenk für Kunden und Geschäftspartner.
Im Rahmen bleiben sollen die Kosten auch, damit sie problemlos steuermindernd abgesetzt werden können – was nicht automatisch der Fall ist. Viele Unternehmer wissen nämlich nicht, dass für Präsente besondere Regeln gelten. Während andere Werbungskosten, von der Kleinanzeige bis zum repräsentativen Firmenwagen, relativ einfach als Aufwendung geltend gemacht werden können, gibt sich der Fiskus bei Geschenken streng: Nur bis zu 35 Euro pro Empfänger erkennt er im Jahr als gewinnmindernd an. Jeder Cent zu viel führt dazu, dass sämtliche Präsente an diese Person nicht abziehbar sind – weder bei den Betriebsausgaben noch bei der Vorsteuer. Außerdem verlangt das Einkommensteuergesetz, dass die Buchhaltung die Ausgaben auf ein separates Konto bucht und eine Liste der Empfänger führt.
Ausnahmen für Streuartikel Eine Ausnahme gilt nur für sogenannte Streuwerbeartikel im Wert von bis zu zehn Euro. Wer auf einer Messe also Luftballons oder Kugelschreiber mit seinem Firmenlogo verteilt, muss sich nicht die Namen der Standbesucher aufschreiben. Um sich die Dokumentation zu ersparen, bleiben Unternehmen daher auch bei Weihnachtspräsenten gern unter der Zehn-Euro-Grenze. Viele Finanzämter akzeptieren das. Aber nicht alle. „Bei einem praxisnahen Betriebsprüfer haben Sie sicher kein Problem“, so Manfred Schlösser vom Promotional Present Service Institute (PSI) in Mainz. „Aber es gibt ja auch praxisferne Zeitgenossen.“ Er erinnert sich an einen Fall, in dem das Finanzamt vom Unternehmer die Namen von 2.000 Leuten erfahren wollte, an die er Schlüsselanhänger mit seinem Firmenlogo verschenkt hatte – für den Stückpreis von rund zwei Euro. Wer also auf Nummer sicher gehen will, sollte Präsente unabhängig vom Wert lieber sauber dokumentieren – mit Fotos von Artikel, Verpackung und Grußkarte. Es sei denn, sie werden tatsächlich sehr breit „gestreut“, beispielsweise von einem Promotionteam in der Fußgängerzone.
Probleme mit Compliance Rastal, Spezialist für Glasdesign, -produktion und -dekoration im B2B-Bereich, hat sich auf die Vorgaben eingestellt. Das Unternehmen in Höhr-Grenzhausen bei Konstanz bietet Bestellern auf seiner Webseite einen Rechner, mit dem sie Gefäß, Gravur und Karton so wählen können, dass sie im Kostenrahmen bleiben. „Unsere Kunden kennen die Preisgrenzen“, sagt die Kommunikationsverantwortliche Sabine Sahm. „Was über den steuerlichen Grenzen liegt, wird kaum nachgefragt.“ Rastal selbst hat früher edle Gläsersets verschenkt. Zum Beispiel „herausragendes Design der vergangenen Jahrzehnte neu interpretiert“, mit Swarovski-Steinen und dennoch unter der 35-Euro-Grenze. Noch heute sieht Sabine Sahm diese guten Stücke bei Kunden auf dem Schreibtisch. Aber die Verteilung hat man irgendwann gelassen, weil immer mehr Mitarbeiter von Handelsketten oder Brauereien diese Geschenke nicht länger annehmen durften, weil sie sich nicht mit den neuen Compliance-Standards vertragen. Denn auch das sollten Firmenchefs bedenken, die etwas verschenken wollen: Über steuerliche Rahmenbedingungen können sie mit dem Steuerberater reden, um auf der sicheren Seite zu sein. Aber vor allem bei größeren und öffentlichen Kunden sind Präsente unabhängig vom Wert aus grundsätzlichen Erwägungen nicht gern gesehen. Man muss damit rechnen, dass sie zentral eingesammelt und für einen
guten Zweck versteigert werden.
Auch Fa-Ro Marketing bedenkt nicht mehr alle Geschäftspartner. Die Agentur betreut unter anderem Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungen für städtische Referate und Firmen, deren Mitarbeiter strengen Anti-Korruptionsregeln unterliegen. Geschenke über 15 Euro sind nicht erlaubt. Und weil der Wert der Fa-Ro-Präsente ja nicht mal eben im Laden verglichen werden kann, gab es dann Verunsicherung und Rückfragen. Ganz einstellen will Falko von Schweinitz die Aktion aber derzeit nicht. „Dafür macht es uns und unseren Partnern zu viel Freude.“
Checkliste
Das müssen Sie über die steuerliche Behandlung von Geschenken wissen
1. Geschäftspartner:
Präsente an Betriebsfremde können Firmen nur begrenzt als Ausgabe absetzen. Sie müssen sie auf ein Extrakonto buchen und Listen der Beschenkten führen. Außerdem dürfen sie pro Empfänger und Jahr maximal 35 Euro ausgeben – netto bei Vorsteuerabzug, sonst brutto. Streuwerbeartikel im Wert von bis zu zehn Euro (netto bei Vorsteuerabzug) sind unbegrenzt absetzbar. Bei diesen Werbemitteln, die – etwa auf Messen – viele Menschen erreichen und so die Bekanntheit des Unternehmens steigern, müssen die Empfänger nicht notiert werden. Steuern: Wenn der Schenkende keine Pauschalsteuer in Höhe von 30 Prozent plus Soli und Kirchensteuer entrichtet, muss der Beschenkte die Zuwendung versteuern. Die Pauschalierung gilt für alle Geschenke eines Wirtschaftsjahres.
2. Mitarbeiter:
Präsente an die eigenen Arbeitnehmer kann das Unternehmen als Betriebsausgabe abziehen. Steuern: Ist ein Geschenk mehr wert als 40 Euro, muss es der Empfänger versteuern. Oder der Arbeitgeber zahlt 25 Prozent Pauschalsteuer. Kompliziert wird es, wenn der Chef die Geschenke beispielsweise bei einer üppigen Feier verteilt. Dann dürfen das Präsent sowie der auf den Mitarbeiter entfallende Anteil der Veranstaltungskosten brutto zusammen nicht mehr als 110 Euro ausmachen, sonst werden Steuern fällig.
3. Gegenleistungen:
Geschenke sind Zuwendungen ohne Gegenleistung. Für Werbeprämien, Zugaben, Incentives oder Boni gelten andere – oft günstigere – Regeln. Es lohnt sich also, mit dem Steuerberater in jedem einzelnen Fall zu prüfen, ob es unbedingt ein Geschenk sein muss.
Quelle: TRIALOG, Das Unternehmermagazin Ihrer Berater und der DATEV, Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg, Ausgabe 04/2013