Was sind außergewöhnliche Belastungen?
In dem Einkommensteuerrecht spielen außergewöhnliche Belastungen eine wichtige Rolle. Dieser Artikel gibt Ihnen einen Überblick, was außergewöhnliche Belastungen sind und wie sie sich auswirken
Gesetzliche Definition Außergewöhnliche Belastungen liegen nach der gesetzlichen Definition vor, wenn „einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen“.
Aufwendungen sind alle beim Steuerpflichtigen abfließenden Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen. Es handelt sich also ausschließlich um Ausgaben. Entgangene Einnahmen zählen also nicht dazu. Bei den Aufwendungen darf es sich nicht um Werbungskosten, Betriebsausgaben oder Sonderausgaben handeln.
Die Aufwendungen sind zwangsläufig entstanden, wenn der Steuerpflichtige sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.
Beispiele für außergewöhnliche Belastungen Die gesetzliche Definition ist sehr schwammig, sodass sich der Begriff der außergewöhnlichen Belastungen am besten an Beispielen erklären lässt. Viele Urteile haben dazu geführt, dass Einzelfälle kaum auf der Auslegung der gesetzlichen Definition bewertet werden können. Zu den außergewöhnlichen Belastungen können zählen:
- Krankheitskosten: Arztkosten, Fahrtkosten, Zuzahlungen für Medikamente, soweit die Leistungen nicht von der Krankenkasse übernommen werden. Auch Aufwendungen zur Heilung gesundheitlicher Schäden infolge des Missbrauchs von Alkohol und sonstiger Drogen gehören zu den Krankheitskosten.
- Kosten einer Geburt für Arzt, Krankenhaus oder Arzneimittel.
- Unmittelbare Bestattungsaufwendungen (Sarg, Blumenkränze, Drucksachen, Anzeigen, Grabstätte, Grabstein, Gebühren und Beerdigungskosten), nicht Trauerkleidung und Gästebewirtung.
- Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung, die einem Ehepaar zu einem gemeinsamen Kind verhilft, das wegen der Empfängnisunfähigkeit der Ehefrau sonst nicht gezeugt werden könnte.
- Behinderungsbedingte Aufwendungen.
- Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung als Folge eines Diebstahls. Die Wiederbeschaffung von Kleidungsstücken, die dem Steuerpflichtigen auf einer Urlaubsreise entwendet wurden, gehört hingegen nicht zu den außergewöhnlichen Belastungen.
- Ehescheidungskosten wie die mit dem gerichtlichen Scheidungsverfahren zusammenhängenden Gerichts- und Anwaltskosten.
- Aufwendungen zur Vermeidung gesundheitlicher Schäden infolge von Formaldehyd- und Holzschutzmittelausgasungen sowie Asbestfasern.
- Pflegekosten infolge der eigenen Pflegebedürftigkeit.
- Aufwendungen im Zusammenhang mit einem medizinisch oder sozial indizierten Schwangerschaftsabbruch.
Keine außergewöhnlichen Belastungen sind hingegen:
- Öffentlich-rechtliche Abgaben wie Grundsteuer.
- Aufwendungen für die altersbedingte Unterbringung in einem Altersheim.
- Aufwendungen für die Babyausstattung bzw. Säuglingsausstattung.
- Schadensbeseitigungskosten, die durch Baumängel verursacht worden sind.
- Betrugsverluste.
- Kosten für die Eheschließung.
- Aufwendungen für die Bewirtung bei einer Tauffeier.
- Aufwendungen für eine Schimmelpilzbeseitigung.
- Kosten eines Tierarztes für die Behandlung von Tieren.
- Durch einen Unfall verursachte Aufwendung.
Zumutbare Belastung Von den Aufwendungen ist eine zumutbare Belastung abzuziehen. Die Bemessungsgrundlage der zumutbaren Belastung richtet sich nach der Höhe des Gesamtbetrags der Einkünfte und dem Familienstand. Weiter ist die Zahl der im Veranlagungszeitraum zu berücksichtigenden Kinder von Bedeutung. So beträgt die zumutbare Belastung bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte bis 15.340 Euro bei einem Ledigen ohne Kinder 5 % des Gesamtbetrags der Einkünfte. Hat dieser Steuerpflichtige jedoch ein Kind, sinkt der Eigenanteil auf 2 %. Je nach Familienstand und der Höhe des Gesamtbetrags der Einkünfte reicht die zumutbare Belastung von 1-7 % des Gesamtbetrags der Einkünfte.
Wirkung der außergewöhnlichen Belastungen Die außergewöhnlichen Belastungen werden in Höhe des Teils der Aufwendungen, der die zumutbare Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen.
Exkurs: Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen Die Frage, ob Prozesskosten außergewöhnliche Belastungen sind, beschäftigt die Finanzverwaltung und die Finanzgerichte schon seit mehreren Jahren.
Der Bundesfinanzhof hat in 2011 seine Rechtsprechung zugunsten der Steuerpflichtigen geändert und bestimmt, dass Zivilprozesskosten außergewöhnliche Belastungen sein können, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung die hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, einen angemessenen Betrag nicht überschreitet, aus der Sicht eines Dritten nicht mutwillig erscheint. Die Finanzverwaltung hat diese positive Rechtsprechung jedoch nicht angewendet.