Umsatzsteuernachschau – immer freundlich bleiben
Kontrollmitteilung, hoher Vorsteuerabzug, ungenaue Voranmeldung – und schon steht ein Umsatzsteuerprüfer vor der Tür. Am besten hält diesen Stress mit dem Finanzamt aus, wer sich bereits im Vorfeld auf eine solche Situation vorbereitet.
Autor: Eva-Maria Neuthinger
Werner Huber erinnert sich noch gut an den 3. Juli 2012: Unvermittelt standen morgens Mitarbeiter des Finanzamts im Eingang seiner Solemio Service GmbH in Vogtsburg-Achkarren am Kaiserstuhl. „Sie kamen zur Umsatzsteuernachschau“, sagt der Elektrotechniker, der sich auf Fotovoltaikanlagen spezialisiert hat. Seine Firma stellt Nettorechnungen mit Hinweis auf Paragraf 13b im Umsatzsteuergesetz aus, die Steuerschuld liegt beim Auftraggeber. „In einem Fall hatten Fehler bei unserem Kunden zu einer Kontrollmitteilung geführt“, so Huber. Die Beamten wollten prüfen, ob alle Angaben auf seinen Rechnungen stimmen. „Die Nachschau endete damit, dass wir Korrekturen vornehmen mussten, sonst war alles in Ordnung“, berichtet der Unternehmer erleichtert.
Suche nach Ungereimtheiten So etwas ist kein Einzelfall und für jeden Firmenchef eine Schreckensvision: Kontrolleure des Finanzamts stehen plötzlich im Büro, durchstöbern alle für die Umsatzsteuer relevanten Dateien, Unterlagen und Geschäftspapiere. Sie wollen klären, ob die Angaben in der Voranmeldung korrekt sind. Bei Ungereimtheiten drohen deutliche Umsatzsteuernachzahlungen. Schlimmstenfalls schließt sich nahtlos ein Steuerstrafverfahren an. Angesichts dieses Risikos sollte jeder Unternehmer sich frühzeitig mit den Details der Nachschau befassen und auf den Fall einer Kontrolle vorbereiten, indem er mit seinem Steuerberater die Rechte und Pflichten sowie die korrekte Verhaltensweise bespricht.
„Die Finanzbeamten nehmen besonders oft Firmengründer ins Visier, die in der Startphase teure Anschaffungen ausweisen“, erklärt Patrick Spohn, Professor für nationales und internationales Steuerrecht an der Hochschule Pforzheim. Weil ihren hohen Aufwendungen in der Regel nur vergleichsweise geringe Einnahmen gegenüberstehen, erhalten Jungunternehmer automatisch große Erstattungen. „In diesen Fällen gilt es zu ermitteln, ob der Vorsteuerabzug berechtigt ist“, betont Bernhard Brehm, Professor für Umsatzsteuer und Verfahrensrecht an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg. Das bedeutet: Die Kontrolleure wollen herausfinden, ob die Firma tatsächlich existiert und die Wirtschaftsgüter betrieblich genutzt werden. Um Zweifel auszuschließen, sollten Existenzgründer deshalb bereits präventiv im Vorfeld erläutern, wofür die Wirtschaftsgüter gebraucht werden.
Umsatzsteuernachschau
Auf diese Punkte achten die Finanzbeamten besonders genau
Existenzgründung: Hat ein neues Unternehmen tatsächlich so viele Anschaffungen, dass die geltend gemachten Vorsteuerabzüge gerechtfertigt sind?
Einmalig hoher Vorsteuerabzug: Worauf ist ein massiver Ausschlag nach oben zurückzuführen?
Regelmäßig hoher Vorsteuerabzug: Warum fallen kontinuierlich so hohe Ausgaben an?
Umsatzsteuerfreie Ausfuhren: Gehen tatsächlich so viele Waren in entsprechende Drittländer?
Keine Rechnungsstellung: Rechtfertigen die zugrunde liegenden Statistiken oder Auszahlungsprotokolle hohe Überweisungen ohne Rechnung?
Zweifelhafte Rechnungen: Existieren die Absender, sind sie unternehmerisch tätig, können sie die in Rechnung gestellten Leistungen überhaupt erbracht haben?
Fehler bei der Umsatzsteuer: Lassen sich Fehler durch Kontrollmitteilungen an andere Finanzämter klären, etwa bei Betrieben der Bau- oder Ausbaubranche, die Rechnungen nach Paragraf 13b Umsatzsteuergesetz erstellen?
Zutritt kaum zu verweigern Oft gibt es eine Nachschau, weil der Leistungsempfänger nach Paragraf 13b Umsatzsteuergesetz die Umsatzsteuer schuldet. Nach dieser Regelung wird der Empfänger einer Bauleistung zum Umsatzsteuerschuldner, soweit er selbst gewerblich in der Branche tätig ist. Passieren – wie bei Solemio – Fehler auf der Gegenseite, besuchen die Finanzbeamten beide Parteien. „Auch Kontrollmitteilungen anderer Finanzämter lösen oft eine Nachschau aus“, weiß Brehm. Sie werden etwa verschickt, falls die reguläre Außenprüfung bei einem Geschäftspartner falsche Angaben offenbart. Außerdem werden die Kontrolleure aufgrund von Auskunftsersuchen anderer Finanzämter oder bei Amtshilfe anderer EU-Mitgliedstaaten losgeschickt.
Zu den üblichen Geschäftszeiten können Prüfer jederzeit vor der Tür stehen. „Der Unternehmer darf ihnen rein rechtlich zwar zunächst den Zugang verweigern. Praktisch bleibt ihm aber nichts anderes übrig, als sie bei ihrer Arbeit zu unterstützen“, sagt Spohn. Sonst setzt er sich dem Verdacht der Steuerhinterziehung aus. Vorzulegen sind alle umsatzsteuerrelevanten Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere, E-Rechnungen und Dateien des laufenden Jahres. Mitnehmen dürfen die Beamten ohne Einwilligung des Firmenchefs aber nichts. Auch die Privatsphäre bleibt gewahrt – Zutritt zur Wohnung haben sie nur im Ausnahmefall. Mitarbeiter dürfen sie nur mit Zustimmung des Unternehmers befragen. Er hat das Recht, einen Rechtsanwalt oder Steuerberater hinzuzuziehen. Bereits vor dessen Eintreffen dürfen die Finanzbeamten aber mit der Umsatzsteuernachschau beginnen.
Anlass für Sonderprüfung Sobald der Prüfer in den Unterlagen einen Fehler entdeckt, folgt in den meisten Fällen sofort eine Umsatzsteuersonderprüfung. „Zwar müssen die Beamten darauf schriftlich hinweisen, sie können aber nahtlos damit starten“, erklärt Professor Brehm. Während Außenprüfungen bis zu vier Wochen vorher angekündigt werden, hat der Firmenchef bei dieser Umsatzsteuersonderprüfung also keine Chance, sich vorzubereiten. Das ist das Ziel: Er soll keine Unterlagen vernichten können. Das Verfahren selbst hat es in sich: Die Kontrolleure nehmen die ganze Buchführung der vergangenen Jahre und alle Rechnungen inklusive der jeweiligen Beträge bis zur Nutzung einzelner Betriebsmittel unter die Lupe. Wenn daraus hohe Nachzahlungen resultieren, unterstellt das Finanzamt schlimmstenfalls Steuerhinterziehung.
Auch bei Werner Huber folgte auf die Nachschau eine Außenprüfung. Sie blieb für ihn als korrekten Unternehmer aber weitgehend folgenlos: „Trotz der Akribie der Finanzbeamten hatten wir keine hohen Nachzahlungen.“
Checkliste
Das ist bei Kontrollen wichtig
- Besuchsgrund: Lassen Sie die Prüfer darlegen, aus welchem Anlass und aufgrund welcher rechtlichen Grundlage sie da sind.
- Besuchszeit: Erlauben Sie den Beamten nur zu den üblichen Geschäftszeiten den Eintritt in die betrieblichen Räume.
- Beraterhilfe: Informieren Sie sofort Ihren Steuerberater oder Rechtsanwalt und bitten Sie ihn um Unterstützung.
- Beweise: Halten Sie Unterlagen bereit, mit denen sich komplexe Sachverhalte klären lassen. Falls Sie beispielsweise eine teure Kamera nur für betriebliche Zwecke nutzen, hilft es, den Ausschluss der privaten Nutzung zu dokumentieren. Das können Sie etwa tun, indem Sie dem Kontrolleur einen Beleg für eine Kamera gleicher Güte in Privatbesitz vorlegen.
Quelle: TRIALOG, Das Unternehmermagazin Ihrer Berater und der DATEV, Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg, Ausgabe 04/2013