Neue Erbschaftsteuer - Richtlinien (ErbStR) 2011
Am 16.12.2011 hat der Bundesrat den neuen Erbschaftsteuer-Richtlinien 2011 (ErbStR 2011) zugestimmt. Die ErbStR 2011 tragen im Wesentlichen den Rechtsänderungen aus den zwischenzeitlich ergangenen Gesetzen – z. B. durch das Erbschaftsteuerreformgesetz, das Wachstumsbeschleunigungsgesetz und das Jahressteuergesetz 2010 – Rechnung. Insoweit werden die ErbStR 2011 grundsätzlich weder begünstigende noch belastende Wirkung entfalten. Die Finanzverwaltung äußert sich z. B. ausführlich zur Behandlung der für die erbschaftsteuerlichen Befreiungen von Betriebsvermögen erforderlichen Lohnsummenregelung. Auch die Regelungen zur Poolvereinbarung wurden neu gefasst.
Bindung einer Richtlinie. Richtlinien sind zwar nur für die Finanzbehörden bindend, bieten in Erbschafts- und Schenkungsfällen aber eine verlässliche Orientierung zum Umgang mit dem Finanzamt.
Begünstigung von Drittlandsbeteiligungen. Unklar war, ob Beteiligungen an Drittlands- Kapitalgesellschaften und Drittlands-Personengesellschaften, die in einem inländischen Betriebsvermögen gehalten werden, zum begünstigten Unternehmensvermögen gehören. Dies wird nun klargestellt: Begünstigt ist ausländisches Betriebsvermögen in Drittstaaten, wenn es als Beteiligung an einer Personengesellschaft oder Anteile an einer Kapitalgesellschaft Teil einer wirtschaftlichen Einheit des Betriebsvermögens im Inland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums ist.
Poolvereinbarungen. Bei Kapitalgesellschaften (GmbH, AG) sind Anteile nur begünstigt und können Verschonungsabschläge nur in Anspruch genommen werden, wenn der Erblasser oder Schenker am Nennkapital der Gesellschaft zu mehr als 25 % unmittelbar beteiligt war. Es können allerdings mehrere Gesellschafter eine sogenannte Pool-Vereinbarung schließen und damit gemeinsam die 25-%-Schwelle erreichen. Anteile werden zusammengerechnet, wenn der Gesellschafter und die weiteren Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nicht gebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben. Im Rahmen der ErbStR 2011 wird nun erörtert, dass eine einheitliche Stimmrechtsausübung über die im Pool vorhandenen Stimmrechte bedeutet, dass die Einflussnahme einzelner Anteilseigner zum Zwecke einer einheitlichen Willensbildung zurücktreten muss; daraus folgt, dass stimmrechtslose Anteile nicht in eine Poolvereinbarung einbezogen werden können.
Antrag auf Anwendung der Optionsverschonung. Bei der Optionsverschonung versprechen die Erben, den Betrieb zehn Jahre fortzuführen. In diesem Fall wird keine Erbschaftsteuer fällig. Es wird nun klargestellt, dass der Antrag grundsätzlich bis zum Eintritt der materiellen Bestandskraft der Festsetzung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer gestellt werden kann.
Insolvenz als schädlicher Vorgang. Der Erbe kann im Rahmen der Betriebsnachfolge zwischen zwei Optionen wählen. Nach einer Option bleibt das produktive Betriebsvermögen zu 85 % steuerfrei (Verschonungsabschlag 85 %). Nach der Nulloption, die strenge Voraussetzungen fordert, bleibt Betriebsvermögen gänzlich steuerfrei. Produktives Betriebsvermögen kann zu 85 % steuerfrei bleiben, wenn der Erbe den Betrieb fünf Jahre fortführt (bei der Nulloption 7 Jahre), ohne ihn ganz oder teilweise zu veräußern (sog. Behaltensregelung). Die ErbStR 2011 stellt nun hervor, dass auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Veräußerung gilt.
Fristen bei Lohnsummenregelung. Weitere Voraussetzungen zu den o. g. Behaltensregelungen stellt die Lohnsummenregelung dar. Die Lohnzahlungen des Betriebsnachfolgers addieren sich über die fünf Jahre hinweg zu mindestens 400 % der sog. Ausgangslohnsumme, d. h. der Durchschnittslohnsumme der letzten 5 vor dem Zeitpunkt der Entstehung der steuerendenden Wirtschaftsjahre (sog. Lohnsummenregelung; diese greift nur ein bei Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten). Bei der Nulloption addieren sich die Lohnzahlungen des Betriebsnachfolgers über die sieben Jahre hinweg zu mindestens 700 % der sog. Ausgangslohnsumme. Nicht definiert wurde jedoch der Beginn und das Ende dieser Zeiträume.