
Homeoffice – wie ist der Stand?
Homeoffice bietet viele Vorteile, kann aber auch die Bindung von Die Coronapandemie löste ein beispielloses weltweites Arbeitsexperiment aus. Mit einem Schlag verlagerten Millionen von Menschen ihren gewohnten Arbeitsplatz im Büro in ihr eigenes Zuhause. Innerhalb kürzester Zeit wurden altgediente Wege der Zusammenarbeit und der Kommunikation in allen Branchen umgekrempelt. Statt Meetings im Konferenzzimmer und Kaffeeplausch in der Teeküche wurden von einem Tag auf den anderen Videokonferenzen und Live-Chats zum Standard.
Nach mehreren Monaten oder Jahren im Homeoffice haben sich viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit ihrer neuen Arbeitswelt angefreundet. Viele andere jedoch nicht. Vor allem Arbeitgeber hadern immer noch mit den Herausforderungen der Fernarbeit.
Bis heute wird die Diskussion um die Vor- und Nachteile und die Folgewirkungen der Arbeit von zu Hause zum Teil erbittert geführt. Häufig werden dabei jedoch nur Allgemeinplätze ohne Faktenbezug ausgetauscht. Der nachfolgende Beitrag geht deshalb den Fakten rund um das Thema Homeoffice auf den Grund. Was ist der Status quo? Welcher Prozentsatz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer arbeitet lieber im Homeoffice? Macht die Arbeit von zu Hause tatsächlich glücklicher und produktiver? Und wie wird sich die Verbreitung des Homeoffice in der Zukunft entwickeln?
Welche Auswirkungen hatte die Coronapandemie?
Wie stark sich die globale Coronapandemie auf die Verbreitung von Homeoffice im Detail ausgewirkt hat, lässt sich rückblickend kaum statistisch nachvollziehen. Fakt ist jedoch, dass die im Zuge der Pandemie in vielen Ländern, darunter auch Deutschland, eingeführte Pflicht zur Heimarbeit der Verbreitung des Homeoffice einen starken Schub gegeben hat. Nach Zahlen der europäischen Statistikbehörde Eurostat waren im Jahr 2019, also vor Ausbruch der Pandemie, in Deutschland lediglich 5,5 Prozent der Beschäftigten im Homeoffice tätig. 2020 sprang dieser Wert auf 13,8 Prozent und 2021 stieg er weiter auf 17,2 Prozent. Für das Jahr 2022 gibt es noch keine abschließenden Werte.
Wie ist der Status quo des Homeoffice?
Genaue statistische Erhebungen, welcher Prozentsatz der Beschäftigten wie viele Tage pro Woche durchschnittlich im Homeoffice arbeitet, sind nicht verfügbar. Es existieren jedoch Daten zum Anteil der Beschäftigten, die zumindest teilweise im Homeoffice tätig sind. Aus diesen Daten geht hervor, dass inzwischen in vielen Dienstleistungsbranchen der Anteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sehr hoch ist, der mindestens einen Tag von zu Hause arbeitet. So nutzen in der Unternehmensberatung rund 73 Prozent der Beschäftigten zumindest teilweise das Homeoffice. Auch in IT-Dienstleistungsjobs ist der Homeoffice-Anteil mit 72 Prozent sehr hoch. Ebenfalls weisen freiberuflich tätige Personen und Beschäftigte in der Werbebranche mit etwa 60 Prozent einen hohen Homeoffice-Anteil auf. Deutlich geringer ist natürlich die Homeoffice-Quote in Sektoren, in denen überwiegend eine physische Präsenz am Arbeitsplatz erforderlich ist. Dazu gehören beispielsweise das Gastgewerbe, die Hotellerie, Logistikdienstleistungen sowie Post- und Paketdienste. In diesen Bereichen können weniger als zehn Prozent der Beschäftigten das Homeoffice nutzen.
Arbeiten Menschen lieber im Homeoffice?
Auch zu dieser Frage gibt es inzwischen zahlreiche Studien. Owl Labs, ein Anbieter von Infrastruktur für Remote Work, hat in einer Befragung von über 2.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern herausgefunden, dass sich nach dem Ende der Pandemie 70 Prozent einen remote oder hybriden Arbeitsstil wünschen. Zudem gaben fast drei Viertel der Befragten an, dass die Arbeit von zu Hause besser für ihre psychische Gesundheit sei. Nur ein Drittel der Angestellten glaubt nach dieser Erhebung, dass sich das Büro besser für die individuelle Arbeit eigne. Ein klares Votum der Beschäftigten für das Homeoffice. Bestätigt werden diese Daten durch zahlreiche weitere Studien. So hat die internationale Unternehmensberatungsgesellschaft PwC in einer Studie festgestellt, dass 55 Prozent der Befragten es vorziehen, mindestens drei Tage pro Woche im Homeoffice zu arbeiten.
Sind Menschen im Homeoffice glücklicher?
Die im letzten Abschnitt gewonnene Erkenntnis, dass eine große Mehrheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer lieber von zu Hause arbeitet, deutet darauf hin, dass Menschen im Homeoffice offenbar glücklicher sind. In der Owl-Labs-Studie gaben 84 Prozent der befragten Beschäftigten an, dass sie die Arbeit aus der Ferne glücklicher mache. Viele Angestellte gaben sogar an, eine Gehaltskürzung für die Möglichkeit zur Homeoffice-Arbeit in Kauf zu nehmen.
Das größere Glück, das Menschen im Homeoffice erleben, wurde durch eine Studie des Social-Media-Unternehmens Buffer untermauert. 97 Prozent der von Buffer befragten Homeoffice-Arbeiter gaben an, dass sie anderen die Tätigkeit von zu Hause empfehlen würden.
Und auch eine Erhebung des Marktforschungsinstituts Ipsos zeigte, dass Menschen, die ein Fern- oder Hybridarbeitsmodell haben, glücklicher sind als Personen, die ihren Arbeitsalltag ausschließlich im Büro verbringen.
Warum macht das Homeoffice generell glücklicher?
Für die meisten Beschäftigten ist die bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben der Hauptgrund, weshalb sie im Homeoffice glücklicher sind. Durch die Arbeit in den eigenen vier Wänden können sie flexibler die anfallenden Tätigkeiten in Job, Haushalt und Freizeit miteinander vereinbaren. So können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beispielsweise tagsüber Dinge im Haushalt erledigen oder Freizeitbeschäftigungen nachgehen, dafür aber abends länger arbeiten.
Vor allem für Beschäftigte mit Kindern ist das Homeoffice meist ein großer Glücksbringer. Sie bringen ihre Arbeit und die Betreuung der Kinder bei einer Tätigkeit von zu Hause viel leichter unter einen Hut als mit einem klassischen Bürojob.
Ein weiterer Faktor, der für viele Beschäftigte eine große Rolle spielt, ist der Wegfall des Arbeitswegs. Vor allem für Pendler mit Zeit und Energie raubenden Arbeitswegen ist das Homeoffice ein großer Zugewinn an Zufriedenheit und Glück.
Nicht zuletzt macht das Homeoffice auch diejenigen Beschäftigten glücklicher, die auf ihrem Arbeitsplatz Mobbing und anderen Formen der Benachteiligung ausgesetzt sind. Sie haben durch die Arbeit von zu Hause weniger persönlichen Kontakt zu ihren Kollegen und können ihren Arbeitsalltag selbstbestimmter gestalten.
Kann das Homeoffice auch unglücklich machen?
Das Homeoffice ist ein zweischneidiges Schwert. Während sich bei vielen Beschäftigten die Zufriedenheit mit dem eigenen Job zu Hause erhöht, ist das Homeoffice für andere eine Quelle der Unzufriedenheit. Ob der Heimarbeitsplatz zum Glücks- oder Unglücksbringer wird, hängt im Wesentlichen von den persönlichen Voraussetzungen, vom Charakter und vom Alter einer Person ab. Eher negativ wirken sich etwa diese Faktoren aus:
- mangelnde Berufserfahrung
- Kleinkinder im Haushalt
- Probleme mit der Selbstorganisation oder Eigenmotivation
- Angewiesenheit auf Austausch mit Kollegen
So zeigen die Erfahrungen zahlreicher Psychologen aus den letzten Jahren, dass vor allem für jüngere Menschen das Homeoffice einen Stressfaktor darstellen kann. Grund ist, dass sie nach dem Ende ihrer Ausbildung gerne den persönlichen Kontakt zu Kollegen erleben. Ohne diesen persönlichen Kontakt fühlen sich jüngere Menschen schnell alleingelassen und sozial isoliert. Der persönliche Austausch mit anderen ist aber nicht nur in sozialer Hinsicht von Bedeutung, sondern vor allem auch, um sich für den weiteren Berufsweg ein Netzwerk an Bekannten zu schaffen. Der Kontakt aus der Ferne macht die Etablierung eines Business-Netzwerks wesentlich schwieriger.
Auch Familien mit Kleinkindern stellt das Homeoffice regelmäßig vor eine psychische Belastungsprobe. An konzentriertes Arbeiten ist mit Kindern im Kita-Alter zu Hause vielfach nicht zu denken, sodass Eltern oft die Arbeit in den Abendstunden nachholen müssen.
Ebenso tun sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Homeoffice schwer, die Schwierigkeiten damit haben, sich selbst zu motivieren und zu organisieren. Beschäftigte, die morgens bereits mit einer To-do-Liste am Schreibtisch sitzen, werden sich bei der Arbeit von zu Hause aus wesentlich leichter tun als Menschen, die bei der Arbeitsorganisation auf Hilfe angewiesen sind. Was für die Organisation gilt, ist auch für die Motivation relevant. Angestellte, die Probleme haben, sich selbst anzutreiben, werden im Homeoffice ebenfalls auf Schwierigkeiten stoßen.
Aber auch Personen, die im Beruf auf den persönlichen Austausch mit Kollegen angewiesen sind, tun sich im Homeoffice regelmäßig schwer. Das gilt vor allem für Beschäftigte in kreativen Berufen. Für sie sind Videokonferenzen und E-Mails oftmals kein vollwertiger Ersatz von persönlichen Treffen.
Wie steht es um die Produktivität zu Hause?
Ob Beschäftigte im Homeoffice genauso produktiv oder sogar produktiver sind als im Büro, ist bis heute eine der umstrittensten Fragen in der Arbeitswelt. Eine Antwort zu finden, ist sehr schwierig, da Produktivitätsvergleiche zwischen Dienstleistungstätigkeiten im Büro und im Homeoffice sich kaum mit statistisch validen Verfahren durchführen lassen. Während in zahlreichen Studien mehr als 85 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer behaupten, dass sie zu Hause produktiver sind als im Büro, kommen Führungskräfte in dieser Frage oft zu einer völlig anderen Einschätzung.
Ob es einen Produktivitätsgewinn bei der Arbeit zu Hause gibt und wenn ja, wie hoch dieser ausfällt, ist in der Praxis eine sehr komplexe Frage. Die Antwort darauf hängt nicht nur von der Persönlichkeit eines Beschäftigten ab, sondern auch von dessen Arbeitsumgebung. Wie bereits zuvor erwähnt, stellt das Homeoffice Personen mit Schwierigkeiten in der Selbstorganisation und -motivation vor größere He-rausforderungen. Sie werden wahrscheinlich zu Hause nicht produktiver arbeiten können als im Büro. Aber auch bei Personen, die über keine förderliche Arbeitsumgebung verfügen, sorgt das Homeoffice meist nicht für eine Produktivitätssteigerung. So werden Beschäftigte, die kein eigenes Arbeitszimmer besitzen und sich ihren Arbeitsplatz mit der Familie teilen müssen, ihre Mühe haben, produktiv in den eigenen vier Wänden zu arbeiten.
Wie produktiv Beschäftigte letztlich im Homeoffice sind, hängt nicht nur von ihrem Heimarbeitsplatz und ihnen selbst ab, sondern auch von der Unterstützung durch Vorgesetzte und Kollegen aus der Ferne. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die auch zu Hause einen regen Austausch mit ihren Chefs und Teams haben und ein ähnliches Maß an Unterstützung im Job erfahren wie im Büro, werden auch zu Hause eine gute Produktivität entwickeln.
Wie wird sich Homeoffice in Zukunft entwickeln?
Die meisten Experten sind sich einig, dass das Ende der Entwicklung zur Fernarbeit noch längst nicht absehbar ist. 85 Prozent der Manager äußerten in einer Erhebung durch die Business-Plattform LinkedIn, dass Teams mit Fernarbeitskräften im Homeoffice in Zukunft die neue Norm in der Geschäftswelt sein werden. Eine Studie der Internet-Datenbank Re-searchGate kommt zum Schluss, dass bis zum Jahr 2025 70 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mindestens fünf Tage im Monat aus der Ferne arbeiten werden.
Wie sehen Politik und Wirtschaft das Homeoffice?
Kaum ein Thema ist aktuell in Politik und Wirtschaft so umstritten wie das Homeoffice. Auf politischer Ebene wurde in Deutschland monatelang um die Frage gerungen, ob Arbeitgeber verpflichtet sein sollten, ihren Mitarbeitenden auf Wunsch einen Homeoffice-Arbeitsplatz anzubieten. Nach erbittertem Widerstand der Arbeitgeberseite scheint eine gesetzliche Verpflichtung zur Heimarbeit vorerst vom Tisch zu sein.
Während die Diskussionen um das Home-office in Deutschland primär in politischen Kreisen geführt werden, wird das Thema in den USA medial vor allem von Großkonzernen und ihren Beschäftigten dominiert. Insbesondere in der kalifornischen Techbranche gibt es in dieser Sache massive Konflikte zwischen Arbeitgebern und Belegschaft. So kam es in den letzten Monaten zu öffentlich ausgetragenen Wortgefechten zwischen der Unternehmensführung von Techkonzernen wie Apple, Google und Twitter und ihren Angestellten.
Jeder Konzern versucht derzeit, seinen eigenen Weg für die beste Balance zwischen Arbeitergeber- und Arbeitnehmerinteressen zu finden. So musste Apple nach massiven Protesten seine anfängliche Forderung, dass alle Mitarbeitenden wieder ins Büro zurückkehren sollten, zurücknehmen. Nun hat der Konzern als Kompromiss seiner Belegschaft zwei Homeoffice-Tage eingeräumt, diese jedoch konkret vorgegeben, was wiederum harsche Kritik zur Folge hatte.
Wie Apple-Chef Tim Cook ist auch Twitter-Boss Elon Musk ein exponierter Kritiker der Homeoffice-Arbeit. Er lässt die Fernarbeit bei seinen Beschäftigten nur noch in Ausnahmefällen zu. Auch Google sorgte für massive Irritationen in seiner Belegschaft durch die Ankündigung, Angestellte im Falle von Homeoffice schlechter zu bezahlen, da sie geringere Lebenshaltungskosten haben. Andere Techgiganten wie Meta und Microsoft sind in Bezug auf das Homeoffice deutlich entspannter und lassen generell ihre Mitarbeiter über ihren Arbeitsort entscheiden.
Fazit: Die Zukunft wird bunter
Wie genau die Zukunft des Homeoffice aussehen wird, ist aufgrund der Komplexität und Dynamik der heutigen Arbeitswelt kaum vorherzusehen. Fakt ist, dass der durch die Coronapandemie stark beschleunigte Trend zur Fernarbeit nicht mehr gänzlich unumkehrbar sein wird. Unternehmen, die ihre Angestellten zu einer Rückkehr ins Büro verpflichten wollen, werden sich auf eine hohe Mitarbeiterfluktuation einstellen müssen. Ein Großteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hat nach den mehrheitlich guten Erfahrungen mit der Heimarbeit schlichtweg keine Lust mehr auf einen Montag-bis-Freitag-Bürojob.
Ein weiterer Fakt ist, dass Arbeitsplatzmodelle in Zukunft wesentlich vielfältiger ausfallen werden als in der Vergangenheit. Ein Entweder (Büro)-oder(Homeoffice) wird es nur noch in den seltensten Fällen geben. Vielmehr werden sich zukünftig sogenannte „Hybridmodelle“ durchsetzen, bei denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Teil ihrer Arbeitszeit im Büro, einen Teil zu Hause und einen Teil an anderen Orten verbringen.
Außerdem wird die Beschleunigung der Digitalisierung aller Wirtschaftssektoren dazu beitragen, dass in Zukunft auch Menschen von zu Hause arbeiten können, denen dies bislang aus technischen Gründen verwehrt blieb. Vor allem der technische Fortschritt in den Bereichen Fernsteuerung und virtuelle Realität wird dafür sorgen, dass Angestellte Jobs aus der Ferne übernehmen können, die heute noch vor Ort erledigt werden müssen.
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