
Rechtsprechung zu abgasmanipulierten Fahrzeugen
Im September 2015 wurde der VW-Abgasskandal aufgedeckt. VW verwendete eine illegale Abschalteinrichtung in der Motorsteuerung ihrer Diesel-Fahrzeuge. Etwa 2,5 Millionen Autos von VW, Seat, Skoda und Audi stoßen in Deutschland mehr Stickoxid und Feinstaub in die Luft als zulässig.
Nach knapp über einem Jahr gibt es erste Urteile zu den abgasmanipulierten Fahrzeugen. Die Rechtsprechung ist jedoch nicht einheitlich. Die Tendenz erscheint jedoch verbraucherfreundlich:
Mögliche Rechte
Käufern eines abgasmanipulierten Fahrzeugs können verschiedene Rechte zustehen. Zum einen sind Ansprüche gegen den VW-Konzern denkbar. Zum anderen kommen auch Rechte gegen den Kfz-Händler in Betracht.
Ansprüche gegenüber dem VW-Konzern
Gegenüber dem VW-Konzern können Schadenersatzansprüche bestehen. In diesem Zusammenhang sind der Redaktion jedoch keine Urteile bekannt. Ein Schaden wird jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit zu bejahen sein, wenn das gekaufte Fahrzeug wegen der manipulierten Motorsteuerung seine Betriebszulassung oder seine Umweltplakette verlieren würde. Auch eine Erhöhung des Spritverbrauchs oder eine geringere Fahrleistung wegen einer Nachbesserung könnte zu einem durch den Hersteller zu ersetzenden Schaden führen.
Ansprüche gegenüber Händlern
Die meisten rechtlichen Auseinandersetzungen werden zwischen Käufern und Händlern geführt. Hierzu gibt es bereits eine Vielzahl an Urteilen. Die Käufer eines Autos mit betroffenem Motor können gegen den Verkäufer Ansprüche auf Nachbesserung haben. Die Kosten der Nachbesserung muss der Händler bzw. der Hersteller übernehmen.
Ist die von einem Käufer gesetzte (angemessene) Frist zur Nachbesserung verstrichen, ist der Rücktritt vom Kaufvertrag denkbar. So hat das Landgericht München I entschieden (Urteil vom 14.04.2016, Aktenzeichen 23 O 23033/15), dass der Verkäufer den Kaufpreis abzüglich Nutzungsersatz zurückzahlen muss. Ähnlich hat das Landgericht Krefeld entschieden (Urteile vom 14.09.2016, Aktenzeichen 2 O 72/16 und 83/16).
Auch das Landgericht Aachen hat mit Urteil vom 06.12.2016 (Aktenzeichen 10 O 146/16) entschieden, dass der beklagte VW-Vertragshändler zur Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung verpflichtet sei. In der Urteilsbegründung führte es sogar aus, dass eine Frist zur Nacherfüllung jedenfalls dann nicht gesetzt werden muss, wenn das Autohaus selbst eine Nachbesserung ablehnt und den Käufer auf eine VW-Rückrufaktion verweist. Auch eine zwischenzeitliche Nachrüstung in der Werkstatt führte nach der Argumentation des Landgerichts Aachen zu keinem anderen Ergebnis. Das gleiche Ergebnis kann mit hoher Wahrscheinlichkeit durch eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung erreicht werden.
Das Landgericht Düsseldorf hatte hingegen eine Klage zur Rückabwicklung eines in Rede stehenden Kaufvertrags abgelehnt. In diesem Fall hatte der Käufer dem Verkäufer jedoch keine Frist gesetzt (Urteil vom 23.08.2016, Aktenzeichen 413/15). Gründe, nach denen eine Fristsetzung ausnahmsweise entbehrlich sein könnte, sah das Düsseldorfer Landgericht nicht.
Auch das Landgericht Bochum hat eine wesentliche Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit eines betroffenen Fahrzeugs und damit das Vorliegen eines Mangels verneint und die Klage eines Käufers abgewiesen (Urteil vom 16.03.2016, Aktenzeichen I – 2 O 425/15). Das Gericht hatte die Entscheidung damit begründet, dass der Mangel nicht so erheblich sei, dass er einen Anspruch auf Rücktritt begründen könnte.
Ansprüche gegenüber Rechtsschutzversicherungen
Neben den Ansprüchen der Autokäufer gegenüber Händlern und dem VW-Konzern beschäftigen sich viele Gerichte mit Rechtsstreitigkeiten zwischen Autokäufern und ihrer Rechtsschutzversicherung: Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit einem Autokauf fallen unter den Verkehrsrechtsschutz. Die Versicherer müssen ihren Kunden eine Deckungszusage erteilen, wenn die Klage ausreichend Aussicht auf Erfolg hat.
Viele Rechtsschutzversicherungen haben sich jedoch geweigert, eine solche Deckungszusage zu erteilen. Die Gerichte haben diese aber häufig zur Gewährung der Deckung verurteilt. Hier ist beispielsweise das Urteil des Landgerichts Köln vom 22.06.2016, Aktenzeichen 20 O 62/16, zu nennen, in dem es die Versicherung verurteilt hatte, dem Kläger Deckung für die Durchsetzung von Schadenersatz wegen vorsätzlicher, sittenwidriger Schädigung gegen Volkswagen zu gewähren.
Auch das Landgericht Mosbach stellte mit Urteil vom 04.11.2016, Aktenzeichen 2 O 62/16, fest, dass die Rechtsschutzversicherung verpflichtet ist, die Kosten der Rechtsverfolgung gegenüber dem VW-Konzern und dem Vertragshändler zu tragen.
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