Instandhaltungs- und Schadensersatzpflichten der Wohnungseigentümer
Ein häufiger Streitpunkt zwischen Wohnungseigentümern ist, ob und in welchem Umfang das gemeinschaftliche Eigentum saniert werden soll. Die Motive der
Wohnungseigentümer sind oft sehr unterschiedlich: Die einen möchten das Objekt in einem guten Zustand halten und laufend investieren, während
die anderen z. B. aus finanziellen Gründen sehr zurückhaltend bei der Entscheidung für eine Sanierung sind.
Meist werden die Entscheidungen für oder gegen eine Sanierung mehrheitlich getroffen. Offen war jedoch bisher die Frage, ob ein Anspruch auf Sanierung von einem einzelnen Wohnungseigentümer besteht.
Urteil des Bundesgerichtshofs Der Bundesgerichtshof hat nun mit Urteil vom 17.12.2014, AZ V ZR 9/14, entschieden, dass ein einzelner Wohnungseigentümer die Sanierung des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen kann, sofern diese zwingend erforderlich ist und sofort erfolgen muss. Für die Berücksichtigung finanzieller Schwierigkeiten oder des Alters einzelner Wohnungseigentümer ist bei dieser Voraussetzung kein Raum. Verzögern die übrigen Wohnungseigentümer die Beschlussfassung über eine solche Maßnahme schuldhaft, können sie sich schadensersatzpflichtig machen.
Sachverhalt In dem zugrunde liegenden Verfahren bestand die Wohnungseigentümergemeinschaft aus einem Haus mit drei Eigentumswohnungen. Eine Kellerwohnung war wegen eines fehlerhaften Umbaus durch den Vorbesitzer unbewohnbar geworden.
Die beklagte Partei war die jetzige Eigentümerin der Wohnungen im Erd- und Dachgeschoss. Die klagende Partei erwarb die im Keller gelegene Wohnung im Jahr 2002 unter Ausschluss der Sachmängelhaftung zu einem Kaufpreis von 85.000 €. Diese weist seit dem Jahr 2008 einen Feuchtigkeitsschaden auf und ist inzwischen unbewohnbar. Ursache hierfür sind in erster Linie Planungsfehler bei dem Umbau der Keller- in Wohnräume und damit verbundene Baumängel, die das gemeinschaftliche Eigentum betreffen.
Das Amtsgericht hat die beklagte Partei – dem Antrag der klagenden Partei entsprechend – verurteilt, der anteiligen Aufbringung der Kosten für die Sanierung der Kellergeschosswohnung durch die Wohnungseigentümer und (zu diesem Zweck) der Bildung einer Sonderumlage von rund 54.500 € zuzustimmen sowie Schadensersatz aufgrund der verzögerten Renovierung der Kellergeschosswohnung zu zahlen.
Ferner hat es die Pflicht der beklagten Partei zum Ersatz künftiger Schäden der klagenden Partei festgestellt. Auf die Berufung der beklagten Partei hat das Landgericht das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es war der Ansicht, die Kostenbelastung überschreite die „Opfergrenze“ der betagten und finanzschwachen beklagten Partei, deren Wohneinheiten auch ohne die begehrte Sanierung nutzbar seien. Der unter anderem für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat das Urteil aufgehoben.
Entscheidungsgründe Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die klagende Partei sowohl die Zustimmung zu der anteiligen Kostentragung als auch zur Bildung der Sonderumlage verlangen kann. Jeder Wohnungseigentümer kann die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums beanspruchen. Allerdings haben die Wohnungseigentümer insoweit einen Gestaltungsspielraum; sie müssen das Gebot der Wirtschaftlichkeit beachten und im Grundsatz auf die Leistungsfähigkeit der Wohnungseigentümer Rücksicht nehmen.
Deshalb sind sie berechtigt, Kosten und Nutzen einer Maßnahme gegeneinander abzuwägen und nicht zwingend erforderliche Maßnahmen ggf. zurückzustellen. Anders liegt es aber dann, wenn – wie hier – die sofortige Instandsetzung zwingend erforderlich ist. Denn infolge der sanierungsbedürftigen Mängel am gemeinschaftlichen Eigentum ist die Wohnung der klagenden Partei unbewohnbar. Für die Berücksichtigung finanzieller Schwierigkeiten oder des Alters einzelner Wohnungseigentümer ist in solchen Fallkonstellationen kein Raum. Dies liefe der notwendigen Erhaltung von Wohnungseigentumsanlagen zuwider. Zudem müsste die klagende Partei die Lasten des Wohnungseigentums tragen, obwohl sie es dauerhaft nicht nutzen könnte. Die Wohnungseigentümer müssen anteilig für die Sanierungskosten aufkommen, selbst wenn sie in erster Linie der Kellergeschosswohnung zugutekommt.
Im Hinblick auf die Schadensersatzansprüche hat der V. Zivilsenat die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Entschieden hat er aber, dass eine Ersatzpflicht der Wohnungseigentümer für solche Schäden an dem Sondereigentum in Betracht kommt, die dadurch entstehen, dass die gebotene Beschlussfassung über die Vornahme zwingend erforderlicher Maßnahmen unterbleibt. Eine Haftung kann diejenigen Wohnungseigentümer treffen, die schuldhaft entweder untätig geblieben sind oder gegen die erforderliche Maßnahme gestimmt bzw. sich enthalten haben.
Bei Fragen sprechen Sie bitte Ihren zuständigen Steuerberater an.