Unternehmens-App: digitales Marketingwunder
Viele Kunden nutzen mobile Geräte, um sich zu informieren oder einzukaufen. Daher kann sich die Entwicklung einer App lohnen, die den Kontakt
erleichtert und intensiviert. Aber vor der Programmierung muss die solide Kosten-Nutzen-Rechnung stehen.
Handwerk und Digitalisierung – das ist kein Widerspruch. Bei der Honekamp Haarmoden GmbH im westfälischen Ahaus dient das Smartphone als Instrument der Kommunikation und Kundenbindung sowie zur Optimierung der Abläufe. Die begeisterte iPhone-Nutzerin Anne Honekamp ließ ein Miniprogramm für das Unternehmen entwickeln und in die App-Stores stellen. Wer einen Friseurbesuch plant, kann den Wunschtermin via App auf ihr Smartphone schicken. Sie bestätigt per Fingerdruck oder nennt eine Alternative. „Das ist praktisch und scheint die Kontaktbereitschaft zu fördern“, sagt Honekamp, die sich in dem Familienbetrieb um die Organisation kümmert. „Wir haben schon im ersten Monat zehn Neukunden gewonnen.“App, kurz für Application Software, ist das Synonym für Anwendungssoftware auf mobilen Geräten. 2014 wurden in Deutschland laut Hightechverband BITKOM 3,4 Milliarden Apps installiert. Auf Smartphone- oder Tablet-Bildschirmen erscheinen die Miniprogramme als Piktogramm, starten lassen sie sich per Berührung. Auf die einfache Bedienbarkeit bauen immer mehr Betriebe: Sie ködern Interessenten mit Apps, deren Inhalte und Servicefunktionen das Firmenimage aufpolieren oder die Erfüllung bestimmter Wünsche erleichtern.
Für das Unternehmen Honekamp führte der Weg zur App über eine Verkettung glücklicher Umstände. „Da wir viele junge Mitarbeiter und Kunden haben, war klar, dass wir unseren virtuellen Auftritt optimieren müssen“, so Anne Honekamp. Als wichtig galten die Neugestaltung der Website und ein Facebook-Auftritt. Dafür wurde das Fachwissen eines Softwareentwicklers aus der Nachbarschaft genutzt. Als der anbot, zusätzlich eine App zu programmieren, legte dies den Grundstein für den digitalen Erfolg. Nachhaltig wurde der jedoch erst durch das persönliche Engagement von Honekamp, die den neuen Kommunikationskanal nicht nur zur einfacheren Terminvereinbarung nutzt, sondern auf diesem Weg auch Interessenten und Kunden über den Betrieb informiert sowie Tipps gibt: „Mindestens einmal pro Woche poste ich etwas.“ So stellt sie den Kunden beispielsweise neue Mitarbeiter oder modische Haarschnitte vor – sie schreibt ein paar Zeilen und veröffentlicht das Ganze mit wenigen Klicks über die App.
Besonders eine Funktion des Miniprogramms kommt gut an: Wer den Laden mit einem Smartphone betritt, auf dem die App installiert ist, wird automatisch im Bonusprogramm berücksichtigt. „Unsere Kunden sind begeistert, dass sie keine Stempelkarten hervorkramen müssen, um von regelmäßigen Besuchen zu profitieren“, hat Anne Honekamp beobachtet.
Interessante Funktionen bieten Die App aus Ahaus ist ein Erfolg. Auch andere Mittelständler könnten solche maßgeschneiderten Miniprogramme nutzen, um Themen zum Kunden zu transportieren und punktuell interaktiv zu arbeiten. Trotzdem warnt Professor Wolf Knüpffer, Leiter des eBusiness-Lotsenteams an der Hochschule Ansbach, vor übereilten Entscheidungen: „Ob man eine Anwendung programmieren lässt, sollte gut überlegt werden, denn sie muss klare Vorteile für die Kunden und/oder das Unternehmen bringen.“ Dass dies häufig nicht der Fall ist, legt eine Studie der Marktforscher von Localytics in Boston nahe. Danach wird jede fünfte App nur ein einziges Mal genutzt. Knüpffer empfiehlt daher eine Strategie der kleinen Schritte.
Unternehmensinterne Prozesse lassen sich mit Apps von überall steuern.
Und auch Anwendungen für Verbraucher haben viel Potenzial. „Da gibt es clevere Lösungen, um die eigene Produktpalette aufzuwerten.“
Man könne beispielsweise mit wichtigen Kernfunktionen beginnen, sehen, wie sie ankommen, und die App später erweitern: „Der große Vorteil im E-Business ist ja gerade, dass man mit dem Kunden kommunizieren kann.“ Die Erfahrungen mit der App helfen, sie so weiterzuentwickeln und auszubauen, wie es den Nutzern am besten gefällt.
Grundsätzlich sieht Knüpffer drei wesentliche Einsatzbereiche für Minianwendungen. Außendienstmitarbeiter können sie für die Präsentation und Bestellung von Produkten nutzen, statt mit dicken Katalogen loszufahren. Unternehmensinterne Prozesse lassen sich mit Apps von überall steuern. Und auch Anwendungen für Verbraucher haben viel Potenzial. „Da gibt es clevere Lösungen, um die eigene Produktpalette aufzuwerten“, betont Knüpffer. Er denkt dabei etwa an den Heizungsbauer, der das Smartphone seines Kunden mittels App zur Fernbedienung der Heizungsanlage macht. So lässt sich das Heim bereits von unterwegs vorwärmen.
Die Kosten im Blick behalten Es muss nicht immer die selbst programmierte App sein. Gerade für Hotels oder Gaststätten existieren bereits erprobte Anwendungen, über die man beispielsweise einen Tisch oder ein Zimmer reservieren kann. Der Unternehmer zahlt nur dann eine Gebühr, wenn eine Buchung zustande kommt. Sich in solche Lösungen einzuklinken ist für kleinere Betriebe interessant, denn die Entwicklung einer eigenen App will bezahlt sein. „Gute Programmierer kosten Geld“, so Knüpffer. Die Stundensätze liegen bei rund 85 Euro. Wer bereit ist, so viel zu investieren, sollte zunächst ein Lastenheft erstellen. Es beschreibt die Anforderungen an ein Miniprogramm. Als Gegenstück erstellt ein erfahrener Programmierer ein Pflichtenheft, in dem er erklärt, wie er die Anforderungen umsetzen will. „Für die erste Version der App sollte möglichst früh ein Festpreis festgesetzt werden“, empfiehlt Knüpffer. Denn im Schnitt zahlt ein Unternehmer bereits für die Entwicklung eines einfachen Programms 760 Euro. Mehr Tipps gibt die Broschüre „Von der Idee zur eigenen App“ des eBusiness-Lotsen Metropolregion Nürnberg, die auf der Website des Bundeswirtschaftsministeriums zum Download bereitsteht.
Kosten verursacht auch der Vertrieb via App Store. Bei Google Play sind einmalig etwa 20 Euro fällig, bei Apple rund 100 US-Dollar im Jahr. Daher gilt für Professor Knüpffer: „Die Entwicklung einer App ist eine Entscheidung, die gut überlegt und kalkuliert sein muss.“
Quelle: TRIALOG, Das Unternehmermagazin Ihrer Berater und der DATEV, Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg, Ausgabe 01/2015