Lohnt sich Datenschutz überhaupt noch?
Mit Datenschutz verbinden viele Menschen, dass das Arbeiten mit modernen Kommunikationsmitteln erschwert wird. Diese Annahme wird durch die von mir ausgegebenen These „mehr Datenschutz = weniger Komfort“ noch verstärkt.
Aber was bedeutet es andersherum, dem Datenschutz nicht die Bedeutung zu geben, die viele Experten – und auch ich – fordern? Ein Grundbedürfnis von Privatpersonen und Unternehmen ist es, dass nur „Berechtigte“ den Zugriff auf persönliche oder unternehmerische Daten haben.
Abhängig von der Schutzwürdigkeit der Informationen muss jedes Unternehmen die technischen und organisatorischen Maßnahmen so gestalten, dass ein „vernünftiger“ Datenschutz gewährleistet ist. Ein „Zuviel“ an Datenschutz kann jedoch auch das Gegenteil bedeuten. Das Thema Datenschutz ist unter anderem im Bundesdatenschutzgesetz geregelt, dass demnächst durch eine einheitliche EU-Datenschutzgesetzgebung abgelöst werden soll.
Der Zukunftsforscher Franz-Josef Radermacher, Mitglied des Club of Rome, hat anlässlich einer Lions-Veranstaltung verdeutlicht, was es für uns bedeutet, wenn maßlos persönliche Daten und unser Nutzungsverhalten gesammelt und verarbeitet werden. Prof. Radermacher erläuterte, dass es gar nicht mehr notwendig sei, Sensoren im Körper zu implementieren, um zu wissen, was eine Person (demnächst) vorhat. Durch die Vielzahl der Informationen, die viele Menschen freiwillig und mit großer Freude über sich in den diversen Netzwerken, wie z. B. Facebook und Whatsapp, oder über neue „Uhren“ (http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/apple-watch-im-gesundheitsmarkt-die-uhr-die-alles-wissen-will-1.2126250) preisgeben, sind die Betreiber dieser Netzwerke in der Lage, vorherzusehen, was wir in der Zukunft vorhaben oder was mit uns gerade passiert.
Sehe ich das zu kritisch? Bin ich ein Verhinderer von neuen Innovationen?
Beurteilen Sie selbst. Fall 1: Ich nutze eine moderne Uhr, die meinen Puls und andere Gesundheitsdaten online erfasst. Ich kann mir jederzeit einen Status über meine aktuelle körperliche Situation abrufen. Der Betreiber erhält eine Information, wenn die Uhr einen kritischen Zustand meines Körper signalisiert und informiert automatisch die Rettung. Da ich über die Uhr auch geortet werden kann, ist meine Rettung gesichert. Fazit: Ich werde auf Kosten der Preisgabe von sehr persönlichen Informationen höchstwahrscheinlich gerettet.
Fall 2: Ich werde von einem möglichen Arbeitgeber abgelehnt, da er (in Deutschland noch nicht erlaubt) von dem Betreiber der Uhr mein Profil gekauft hat und festgestellt hat, dass es um meine Gesundheit nicht zum Besten steht und er mit meiner politischen Einstellung nicht einverstanden ist. Fazit: Ich werde benachteiligt, ohne es zu wissen.
Jeder sollte überlegen, ob er wirklich diese Technologien in der aktuell datenschutzrechtlich kritischen Form nutzen will. Auch kann es passieren, dass Informationen nachteilig gegen uns eingesetzt werden. Eine schnelle und vielleicht unüberlegte Kommentierung in Facebook kann den Job kosten. Oder eine Versicherung wird abgelehnt, weil wir eine Risikosportart betreiben. Das sollte immer bedacht werden, denn das Internet vergisst nie.
Ich bin kein Gegner dieser Technologien, fordere aber hier einen sensiblen und bedachten Umgang jedes Einzelnen und einen besseren Schutz der Persönlichkeitsrechte. Es wird sicherlich schwer werden, die wirtschaftlichen Interessen einiger weniger Netzwerkbetreiber mit unseren Interessen als Nutzer unter einen Hut zu bringen.
Festzuhalten ist, dass unsere persönlichen Daten das neue „Datengold“ der Zukunft sind. In einem Artikel der „Zeit“ aus 2013 (http://www.zeit.de/2013/02/Big-Data) wird festgestellt, dass sich die Menge der Daten, die innerhalb eines Jahres erstellt, vervielfältigt und konsumiert werden, bis 2020 alle zwei Jahre verdoppelt.
Meist bezahlen wir für die Nutzung der Netzwerke nicht in Euro, sondern mit unseren persönlichen Daten, die verkauft werden. Und das ist für die Betreiber so interessant, dass sie weitere neue Netzwerke erfinden werden, um noch mehr Milliarden damit zu verdienen.
Diese Entwicklung beunruhigt mich, da bereits jetzt schon sehr wenige Konzerne alles über uns wissen und die Datennutzung dem unternehmerischen Gewinnstreben unterwerfen. So werden wenige Menschen zum Kontrolleur und Vermarkter der persönlichen Informationen. Ein alter Spruch sagt „Wissen ist Macht“. Der Spruch trifft hier zu 100 % zu.
Mein Tipp aus Sicht eines Datenschutzexperten: Zahlen Sie, wenn möglich, für die Nutzung von Diensten mit „Euro“ (z. B. Threema anstelle von Whatsapp), und Ihre Daten werden nicht automatisch zur Geldquelle für andere. Denken Sie immer daran, es gibt kein Netzwerk, dass Sie „umsonst“ nutzen können! Posten Sie nur Informationen, die Sie auch ans Schwarze Brett hängen würden, denn jede Sicherheitseinstellung zum Schutz der Informationen könnte vom Betreiber zurückgenommen werden, und schon können vertrauliche Informationen über Sie für unberechtigte Dritte verfügbar werden.
http://www.lfd.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=12974&article_id=56140&_psm
http://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Josef_Radermacher