Entwicklung der Rechtsprechung zur Urlaubsabgeltung
Das Thema Urlaubsabgeltung führt immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten vor dem Arbeitsgericht. Die Urlaubsabgeltung betrifft den Fall, dass wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Urlaub ganz oder teilweise nicht gewährt werden kann. Nur wenn der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden kann, lässt § 7 Absatz 4 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) eine Abgeltung zu.
Hiervon abzugrenzen sind die Begriffe Urlaubsentgelt (Fortzahlung von Lohn und Gehalt während des Urlaubs) und Urlaubsgeld (betriebliche Sonderzuwendung z. B. aufgrund des Arbeits- oder Tarifvertrages).
Grundlagen zur Urlaubsabgeltung. Grundsätzlich muss der Erholungsurlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur dann statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung müsse der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden.
Diese Befristung habe nach bisheriger Rechtsprechung grundsätzlich auch für den Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs gegolten. Der Abgeltungsanspruch sei als Ersatz (Surrogat) für den wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr realisierbaren Urlaubsanspruch aufgefasst worden.
Neue Rechtsprechung des EuGH und des Bundesarbeitsgerichts. Der EuGH hat mit seinen Urteilen vom 20.01.2010 und vom 22.11.2011 der Surrogationstheorie für Fälle lang andauernder Krankheit die Grundlage entzogen. Dieser Rechtsprechung ist das Bundesarbeitsgericht gefolgt. Mit Urteil vom 24.03.2009 hatte das Bundesarbeitsgericht bereits entschieden, dass gesetzliche Urlaubsabgeltungsansprüche nicht erlöschen, wenn Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des Übertragungszeitraums erkrankt und deswegen arbeitsunfähig sind.
Das Bundesarbeitsgericht hat nun die Surrogationsstheorie insgesamt ausdrücklich aufgegeben. Der gesetzliche Urlaubsabgeltungsanspruch unterfällt als reiner Geldanspruch demnach unabhängig von der Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers nicht dem Fristenregime des Bundesurlaubsgesetzes.
Sachverhalt. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Arbeitnehmer war beim Arbeitgeber als Operating-Manager beschäftigt. Im Kündigungsrechtsstreit der Parteien stellte das Arbeitsgericht mit rechtskräftigem Urteil vom 27. November 2008 fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31. Juli 2008 endete. Dem Kläger standen zu diesem Zeitpunkt jedenfalls 16 Tage Urlaub zu.
Mit einem Schreiben vom 6. Januar 2009 verlangte er vom Beklagten ohne Erfolg, diesen Urlaub abzugelten. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die Revision des Klägers hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg.
Der Abgeltungsanspruch des Klägers war nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts entgegen der Auffassung der Vorinstanzen nicht am 31. Dezember 2008 untergegangen. Der gesetzliche Urlaubsabgeltungsanspruch unterfiel als reiner Geldanspruch unabhängig von der Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers nicht dem Fristenregime des Bundesurlaubsgesetzes.
Der Kläger musste deshalb die Abgeltung seines Urlaubs nicht im Urlaubsjahr 2008 verlangen. Sachliche Gründe dafür, warum für einen arbeitsfähigen Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses andere Regeln für den Verfall des Urlaubsabgeltungsanspruchs gelten sollen als für einen arbeitsunfähigen Arbeitnehmer, bestanden nicht.