Mehrere Beschäftigungsverhältnisse eines Arbeitnehmers
Immer mehr Menschen arbeiten in Deutschland in zwei oder mehreren Beschäftigungsverhältnissen. Nachfolgender Artikel gibt einen Überblick über die lohnsteuerrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Behandlung dieser sogenannten Nebenjobs.
Definition Mehrfachbeschäftigung.Von einer Mehrfachbeschäftigung ist immer dann auszugehen, wenn die Beschäftigungen bei verschiedenen Arbeitgebern ausgeübt werden. Mehrere Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber werden sozialversicherungsrechtlich als eine Einheit betrachtet. Arbeitgeber können natürliche Personen (z. B. Privatperson, eingetragener Kaufmann, eingetragene Kauffrau), juristische Personen des privaten Rechts (z. B. Gesellschaft mit beschränkter Haftung, eingetragener Verein), juristische Personen des öffentlichen Rechts (z. B. Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts), aber auch Personengesellschaften (z. B. Kommanditgesellschaft, Gesellschaft bürgerlichen Rechts) sein. Um beurteilen zu können, ob ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis besteht, ist zu prüfen, ob Arbeitgeberidentität besteht. Davon ist auszugehen, wenn es sich bei dem Arbeitgeber um ein und dieselbe natürliche oder juristische Person handelt. Die Art der jeweils ausgeübten Beschäftigung ist dabei unbedeutend. Arbeitgeber ist jeweils der andere Partner des Arbeitsverhältnisses. Das ist derjenige, der die Dienstleistung vom Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrages fordern kann und zu dem der Arbeitnehmer in einem Verhältnis persönlicher und regelmäßig auch wirtschaftlicher Abhängigkeit steht. Maßgeblich ist, wer die wirtschaftliche und organisatorische Befugnis hat, über die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers zu entscheiden. Das ist in der Regel derjenige, mit dem der Arbeitsvertrag geschlossen wurde. Eine Aufspaltung der Arbeitgeberfunktion durch eine entsprechende vertragliche Gestaltung führt nicht zu einer „Verdopplung“ des Arbeitgebers. Hat ein Arbeitgeber mehrere Betriebe ist von einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis auszugehen. Dabei ist unerheblich, in welchen Betrieben oder Betriebsteilen die jeweilige Beschäftigung ausgeübt wird.
Lohnsteuerrechtliche Behandlung.Bei einer Zweitbeschäftigung wird grundsätzlich der Lohnsteuerabzug nach der Steuerklasse 6 vorgenommen. Die Steuerklassen 1 bis 5 sind der Hauptbeschäftigung des Arbeitnehmers vorbehalten. Im Rahmen der Steuerklasse 6 wird weder ein Grundfreibetrag noch ein Arbeitnehmerpauschbetrag oder Sonderausgaben-Pauschbetrag berücksichtigt. Dies hat zur Folge, dass der Lohnsteuerabzug bei der Steuerklasse 6 relativ hoch ist. Arbeitnehmer mit Steuerklasse 6 sind zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet. Handelt es sich bei der Zweitbeschäftigung um eine geringfügige Beschäftigung, kann das Arbeitsentgelt bei Verzicht auf die Besteuerung nach individuellen Lohnsteuermerkmalen (elektronische Lohnsteuerkarte) mit einer einheitlichen Steuer von 2 % pauschal besteuert werden. Eine geringfügig entlohnte Beschäftigung liegt vor, wenn das Arbeitsentgelt regelmäßig im Monat 400 Euro nicht überschreitet. Bei der Prüfung, ob die Verdienstgrenze von 400,00 Euro im Monat überschritten wird, ist vom regelmäßigen monatlichen Arbeitsentgelt auszugehen. Während geringfügige Beschäftigungen mit einem Arbeitsentgelt bis zu 400,00 Euro im Monat versicherungsfrei bleiben, sind Beschäftigungen in der Gleitzone versicherungspflichtig.
Arbeitnehmer sind in der sogenannten Gleitzone beschäftigt, wenn ihr regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt zwischen 400,01 Euro und maximal 800,00 Euro liegt.
Allerdings hat der Arbeitnehmer nur einen reduzierten Sozialversicherungsbeitrag zu zahlen. Dieser beträgt bei 400,01 Euro ca. 10 Prozent des Arbeitsentgelts und steigt auf den vollen Arbeitnehmerbeitrag von ca. 21 Prozent bei 800,00 Euro Arbeitsentgelt an. Der Arbeitgeber hat dagegen stets den vollen Beitragsanteil zu tragen.
Sozialversicherungsrechtliche Behandlung.Die Mehrfachbeschäftigung durch einen Arbeitnehmer hat auch sozialversicherungsrechtliche Aspekte, die besondere Berücksichtigung finden. Arbeitnehmer sind z. B. dann krankenversicherungsfrei, wenn ihr regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Krankenversicherung im aktuellen Kalenderjahr überschreitet und auch im Folgejahr überschreiten wird. Die Jahresarbeitsentgeltgrenze wird auch Versicherungspflichtgrenze genannt. Im Jahr 2012 beträgt sie 50.850 Euro.
Bei Arbeitnehmern, die gleichzeitig mehrere versicherungspflichtige Beschäftigungen ausüben, sind die Beiträge aus allen Arbeitsentgelten zusammenzurechnen.
Sofern die Summe der Entgelte die Beitragsbemessungsgrenze in der Kranken- und Pflegeversicherung nicht übersteigt, ergibt sich keine Besonderheit. Jeder Betrieb berechnet die Beiträge ganz normal aus „seinem“ Arbeitsverhältnis. Wird dagegen die Beitragsbemessungsgrenze in der Kranken- und Pflegeversicherung (oder auch der Renten- und Arbeitslosenversicherung) überschritten, so müssen die Arbeitsverdienste für die Beitragsberechnung anteilig festgestellt werden. Die Beitragsbemessungsgrenze der Renten- und Arbeitslosenversicherung beträgt in den alten Bundesländern in 2012 jährlich 67.200 Euro, in den neuen Bundesländern 57.600 Euro. Die Beitragsbemessungsgrenze der Kranken- und Pflegeversicherung beträgt in 2012 einheitlich 45.900 Euro.
Meldeverfahren bei Mehrfachbeschäftigung. Auch wenn kein Sozialausgleich durchgeführt wird, ändert sich in jedem Fall ab dem 1. Januar 2012 das Meldeverfahren bei Mehrfachbeschäftigten – in der Gleitzone sowie bei Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenze. Ab dem 1. Januar 2012 müssen Arbeitgeber für Mehrfachbeschäftigte die neue GKVMonatsmeldung mit dem Abgabegrund „58“ an die zuständige Krankenkasse übermitteln. Die Krankenkasse prüft dann, ob das Gesamtentgelt innerhalb der Gleitzone oder oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt. Da der Kasse keine Informationen über das monatliche Entgelt aus der laufenden Beschäftigung vorliegen, sind die Arbeitgeber verpflichtet, eine monatliche Meldung (GKV-Monatsmeldung) abzugeben. Und zwar von dem Zeitpunkt an, ab dem sie Kenntnis über weitere versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse bekommen. Sofern das addierte Entgelt mehrerer Beschäftigungsverhältnisse innerhalb der Gleitzone liegt, teilt die Krankenkasse den betroffenen Arbeitgebern dies im Rahmen des Meldewesens mit und übermittelt gleichzeitig mit dieser Meldung das Gesamtentgelt aller Beschäftigungsverhältnisse. Dies erfolgt einmalig, sofern die GKV-Monatsmeldung keine Änderungen enthält, die sich auf das Gesamtentgelt oder das Prüfergebnis auswirken. Die Information dient dem Arbeitgeber zur korrekten Berechnung der jeweiligen Sozialversicherungsbeiträge. Liegt das Entgelt mehrerer Beschäftigungsverhältnisse in der Summe oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der Kranken- und Pflegeversicherung (ggf. auch über der Renten- und Arbeitslosenversicherung), so teilt die Krankenkasse auch hier den Arbeitgebern das Gesamtentgelt aller Beschäftigungsverhältnisse mit. Im Gegensatz zur Meldung bei Mehrfachbeschäftigungen innerhalb der Gleitzone erfolgt diese Meldung nur einmal jährlich – spätestens bis zum 30. April des Folgejahres. Anhand dieser Meldung der Krankenkasse überprüft der Arbeitgeber seine Beitragsabführung und nimmt die notwendigen Korrekturen (Erstattung oder Nachforderung) beim Arbeitnehmer vor. Sofern ein Sozialausgleich stattfindet, verringern oder erhöhen sich die aus dem Arbeitsentgelt zu bemessenden KV-Beiträge. Um den Umfang des gezahlten Sozialausgleichs festzustellen, sind vom Arbeitgeber für Beitragszeiten nach dem 31. Dezember 2011 jeden Monat nachzuweisen:
- die zu zahlenden KV-Beiträge unter Berücksichtigung eines nach den Berechnungsverfahren I und II durchgeführten Sozialausgleichs,
- die Höhe der KV-Beiträge, die ohne die Durchführung des Sozialausgleichs zu zahlen gewesen wäre.
Falls in einem Entgeltabrechnungszeitraum kein Sozialausgleich durchgeführt wurde, sind die tatsächlich zu zahlenden sowie diejenigen KV-Beiträge, die ohne Durchführung des Sozialausgleichs zu zahlen gewesen wären, in gleicher Höhe nachzuweisen.