
Neue Widerrufsbelehrung
Aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs musste der Gesetzgeber das Muster der Widerrufsbelehrung erneut abändern. Die letzte Änderung des Widerrufsrechts erfolgte erst zum 11.06.2010. Die erneute Änderung der Widerrufsbelehrung war notwendig geworden, da bestimmte Regelungen in Bezug auf die Wertersatzklausel in dem deutschen amtlichen Muster der Widerrufsbelehrung für unzulässig erklärt worden sind (Aktenzeichen C 489/07).
Das „Gesetz zur Anpassung der Vorschriften über den Wertersatz bei Widerruf von Fernabsatzverträgen und über verbundene Verträge“ ist mit der Verkündung im Bundesgesetzblatt am 04.08.2011 in Kraft getreten.
Änderungen im Detail. Sowohl das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) als auch das EGBGB erfuhren diverse Änderungen. Zum einen wurden die Regelungen zum Wertersatz angepasst. Zum anderen gibt es nun ein neues Muster für die Widerrufsbelehrung.
Wertersatz bei Fernabsatzverträgen.Von Wertersatz spricht man in diesem Zusammenhang, wenn ein Kunde die Ware benutzt, diese dabei beschädigt oder in abgenutztem Zustand an den Händler zurücksendet. Die Pflicht zum Wertersatz ändert sich auf Grund der o.g. Rechtsprechung. In dem zugrunde liegenden Sachverhalt ging es um den Widerruf eines Kaufvertrages über ein gebrauchtes Notebook im Wert von etwa 280 Euro über das Internet. Als das Gerät einen Mangel zeigte, den der Unternehmer nicht nachbessern wollte, erklärte die Verbraucherin den Widerruf und verklagte den Unternehmer auf Rückzahlung des Kaufpreises. Dieser wandte ein, ihm stünde für die Nutzungsdauer des Geräts ein Ersatzanspruch in Höhe von rund 320 Euro zu.
Der EuGH stellte sodann fest, dass eine generelle Wertersatzpflicht mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar sei. Eine Wertersatzpflicht würde die Idee der Widerrufsmöglichkeit aushöhlen. Innerhalb dieser „Bedenkzeit“ soll der Verbraucher ohne Druck die nun präsente Ware prüfen und ausprobieren können. Wäre dies „kostenpflichtig“, verlöre das Widerrufsrecht seine Wirksamkeit und Effektivität.
Da die bestehende Regelung als mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar betrachtet wird, wurde ein neuer § 312e BGB eingefügt. Dieser lautet wie folgt:
§ 312e Wertersatz bei Fernabsatzverträgen.(1) Bei Fernabsatzverträgen über die Lieferung von Waren hat der Verbraucher abweichend von § 357 Absatz 1 Wertersatz für Nutzungen nach den Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt nur zu leisten,
1. soweit er die Ware in einer Art und Weise genutzt hat, die über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgeht, und
2. wenn er zuvor vom Unternehmer auf diese Rechtsfolge hingewiesen und nach § 360 Absatz 1 oder 2 über sein Widerrufs- oder Rückgaberecht belehrt worden ist oder von beidem anderweitig Kenntnis erlangt hat. § 347 Absatz 1 Satz 1 ist nicht anzuwenden.
(2) Bei Fernabsatzverträgen über Dienstleistungen hat der Verbraucher abweichend von § 357 Absatz 1 Wertersatz für die erbrachte Dienstleistung nach den Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt nur zu leisten,
1. wenn er vor Abgabe seiner Vertragserklärung auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist und
2. wenn er ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer vor Ende der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung beginnt.
Zudem ergibt sich aus der Neufassung des § 357 Abs. 3 BGB die Regelung zum Wertersatz bei Verschlechterung:
§ 357 Rechtsfolgen des Widerrufs und der Rückgabe.(3) Der Verbraucher hat abweichend von § 346 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 Wertersatz für eine Verschlechterung der Sache zu leisten,
1. soweit die Verschlechterung auf einen Umgang mit der Sache zurückzuführen ist, der über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgeht, und
2. wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist. Demnach muss der Verbraucher zukünftig für bestellte Waren nur dann Wertersatz leisten, wenn er die Waren in einer über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgehenden Weise genutzt hat und er über diese Folge zuvor belehrt worden ist.
Änderung der Widerrufsbelehrung.Die zuvor genannten Änderungen der §§ 312e und 357 Abs. 3 BGB haben zur Folge, dass auch die Muster-Widerrufsbelehrung entsprechend angepasst werden musste. In diesem Zusammenhang hat der Gesetzgeber kleinere redaktionelle Änderungen vorgenommen. So wird hinsichtlich der Rücksendekosten das Wort „regelmäßig“ in die Widerrufsbelehrung eingefügt. Da der Verbraucher aber bisher bereits die „regelmäßigen Kosten der Rücksendung“ zu tragen hat, ändert sich durch diese Ergänzung inhaltlich nichts.
Abmahnung nicht mehr aktueller Widerrufsbelehrungen.Bei nicht mehr aktuellen Widerrufsbelehrungen ist mit wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen zu rechnen. Es ist daher dringend zu empfehlen, die Widerrufsbelehrungen auf einem aktuellen Stand zu halten.