Steueränderungen 2012
Während im Steuerjahr 2011 verhältnismäßig wenige steuerrechtliche Änderungen in Kraft getreten sind, werden im Jahr 2012 wieder deutlich mehr Änderungen von Bedeutung sein. Nachfolgender Artikel gibt einen Überblick über die wichtigsten Steueränderungen. Dadurch können schon zu einem frühen Zeitpunkt die Weichen gestellt werden.
Die vorgestellten Änderungen beruhen im Wesentlichen auf dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 und dem Gesetz zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz – BeitrRLUmsG).
Abgeltungssteuer. Abgeltend besteuerte Kapitaleinkünfte werden bei der Ermittlung der zumutbaren Eigenbelastung, beim Ausbildungsfreibetrag und bei der Ermittlung des Spendenabzugsvolumens nicht mehr berücksichtigt. Insoweit entfällt künftig die Notwendigkeit, abgeltend besteuerte Kapitalerträge nur für diese Zwecke in der Einkommensteuererklärung anzugeben. Im Rahmen der Unterhaltsleistungen werden Kapitalerträge den sonstigen Bezügen zugeordnet.
Ausbildungsfreibetrag.Der Freibetrag zur Abgeltung des Sonderbedarfs eines sich in Berufsausbildung befindenden, auswärtig untergebrachten Kindes wird angepasst. Eigene Einkünfte und Bezüge des Kindes werden beim Ausbildungsfreibetrag nicht mehr in Abzug gebracht. Berufsausbildungskosten. Der Gesetzgeber hebelt die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu den Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium aus, indem er „klarstellt“, dass diese Aufwendungen keine Werbungskosten oder Betriebsausgaben sind. Als Trostpflaster wird der als Sonderausgaben zu berücksichtigende Betrag um 2.000,00 Euro auf nunmehr 6.000,00 Euro erhöht.
E-Bilanz. Erstmals verpflichtend anzuwenden ist die Neuregelung für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2011 beginnen, also im Regelfall für das Wirtschaftsjahr 2012 (01.01. bis 31.12.2012) und im Fall des abweichenden Wirtschaftsjahres für 2012/2013 (z. B. 01.04.2012 bis 31.03.2013). Im Erstjahr wird allerdings nicht beanstandet, wenn die Übermittlung noch nicht in elektronischer Form erfolgt.
Einkünfte und Bezüge des volljährigen Kindes.Nach der bisherigen Regelung waren der Anspruch auf Kindergeld bzw. die Freibeträge für Kinder bei volljährigen Kindern neben den sachlichen Voraussetzungen (wie z. B. Studium) auch davon abhängig, dass die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes den Betrag von 8.004 Euro nicht übersteigen. Nach der ab 2012 geltenden Neufassung wird ein volljähriges Kind zwischen 18 und 25 Jahren unabhängig von seinen eigenen Einkünften und Bezügen berücksichtigt. Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums allerdings nur, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, die seine Zeit und Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nehmen.
Erstattungsüberhänge bei den Sonderausgaben.Die steuerliche Berücksichtigung von erstatteten Basiskranken- und gesetzlichen Pflegeversicherungsbeiträgen oder Kirchensteuern wird ab dem Jahr 2012 vereinfacht. Erfolgen derartige Erstattungen, ist der Erstattungsbetrag mit den im Veranlagungszeitraum getätigten gleichartigen Aufwendungen zu verrechnen. Der Differenzbetrag ist dann als Sonderausgabe zu berücksichtigen. Sind die Erstattungen höher als die Aufwendungen, ergibt sich ein sog. Erstattungsüberhang. Dieser wird bislang im Jahr der ursprünglichen Zahlung dergestalt berücksichtigt, dass das Einkommen des Steuerpflichtigen entsprechend erhöht wird. Hierzu muss der alte bereits bestandskräftige Steuerbescheid geändert werden. Die Neuregelung vermeidet dieses „Wiederaufrollen“ der Steuerfestsetzungen aus den Vorjahren und vereinfacht somit die Steuerpraxis für Bürger und Finanzamt erheblich.
Grunderwerbsteuer.Die Grunderwerbsteuer steht in Abhängigkeit von der Gegenleistung (Kaufpreis). Die Grunderwerbsteuer ist in Schleswig-Holstein zum 1. Januar auf fünf Prozent sowie in Rheinland-Pfalz zum 1. März 2012 um anderthalb Punkte auf dann ebenfalls fünf Prozent gestiegen.
Kinderbetreuungskosten. Für Eltern ergeben sich ab dem 1. Januar 2012 deutliche Erleichterungen bei der steuerlichen Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten. Die Neuregelung verzichtet auf die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen bei den Eltern, wie zum Beispiel Erwerbstätigkeit, Ausbildung, Krankheit, Behinderung.
Wer Kinderbetreuungskosten hat, kann diese künftig steuerlich geltend machen. Nur die Aufwendungen an sich müssen – wie bisher – belegt werden können. Im Rahmen des bisherigen Abzugshöchstbetrags von 2/3 der Aufwendungen, höchstens 4.000,00 Euro pro Jahr und Kind werden Kinderbetreuungskosten nunmehr einheitlich als Sonderausgaben berücksichtigt.
Kinderfreibeträge. Nach bisheriger Rechtslage kann bei geschiedenen oder getrennt lebenden Eltern der Kinderfreibetrag auf einen Elternteil übertragen werden, wenn der andere Elternteil seiner Unterhaltspflicht dem Kind gegenüber nicht nachkommt. Die Möglichkeit, sich den Kinderfreibetrag des anderen Elternteils übertragen zu lassen, wird nunmehr um die Fälle erweitert, in denen der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist. Die Erweiterung der Übertragungsmöglichkeit des Kinderfreibetrages wirkt sich auch auf die Übertragung des Behinderten- Pauschbetrages aus. Künftig kann sich der Elternteil, der ein behindertes Kind betreut und für dessen Unterhalt überwiegend allein aufkommt, neben dem Kinderfreibetrag auch den Behinderten-Pauschbetrag des Kindes in voller Höhe übertragen lassen. Neu ist auch, dass künftig der Elternteil, bei dem das Kind nicht wohnt, die Übertragung des Freibetrages für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes auf den anderen Elternteil verhindern kann, wenn er Kinderbetreuungskosten trägt oder eigenen Betreuungsaufwand hat.
Krankheitskosten.Krankheitskosten werden nur bei Nachweis der Zwangsläufigkeit als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt. Dabei gibt es 3 Arten des Nachweises von Aufwendungen im Krankheitsfall, die vor Beginn der Heilmaßnahme oder dem Kauf medizinischer Hilfsmittel ausgestellt sein muss:
Grundregel: Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers.
Besondere Maßnahmen, amtsärztliches Gutachten oder ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, etwa bei Kuren, psychotherapeutische Behandlungen, medizinische Hilfsmittel, die als Gebrauchsgegenstände anzusehen sind oder wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden.
Krankenbesuche: Bei Besuchsfahrten zu einem für längere Zeit in einem Krankenhaus liegenden Ehegatten oder Kind Bescheinigung des behandelnden Krankenhausarztes. Pendlerpauschale. Die Vergleichsrechnung zwischen der Pendlerpauschale und den tatsächlich entstandenen Kosten für die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln ist nicht mehr tageweise, sondern jahresbezogen vorzunehmen. Bei Nutzung verschiedener Verkehrsmittel müssen die Kosten für öffentliche Verkehrsmittel daher nicht mehr für jeden einzelnen Tag belegt werden. Nur, wenn diese höher sind als die Entfernungspauschale für das gesamte Kalenderjahr, ist ein Nachweis erforderlich.
Riester-Verträge. Um Rückforderungen von Zulagen bei der Riester-Förderung wegen einer schleichenden Änderung der Zulageberechtigung weitgehend zu vermeiden, ist bei mittelbar Zulageberechtigten ab dem Jahr 2012 die Zahlung eines Mindestbeitrags von 60 Euro vorgesehen. Die Riester-Förderberechtigten werden von den Anbietern von Altersvorsorgeverträgen in Kürze über die Neuregelung informiert.
Verbilligte Vermietung. Mit der Vereinheitlichung der Prozentgrenzen bei verbilligter Wohnraumüberlassung auf 66 Prozent wird die Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vereinfacht. Beträgt die ortsübliche Miete bei auf Dauer angelegter Vermietung nicht weniger als 66 Prozent, wird grundsätzlich ohne Totalüberschussprognose die Einkünfteerzielungsabsicht unterstellt und die Vermietung einer Wohnung als vollentgeltlich angesehen. Streitigkeiten hinsichtlich der bislang nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und Auffassung der Finanzverwaltung bei einem Mietzins zwischen 56 Prozent und 75 Prozent der ortsüblichen Miete vorzunehmenden Totalüberschussprognose werden hierdurch vermieden.