18. Mai 2012

Die Zins­schranke

Die Zins­schranke sollte ein großes deut­sches Fiskal­pro­blem besei­tigen: Die Absau­gung deut­schen Steu­er­sub­strats in andere Länder. Hierfür schränkt sie den steu­er­li­chen Betriebs­aus­ga­ben­abzug für Zins­auf­wen­dungen ein. Doch wer ist von der ab 2008 anzu­wen­denden Rege­lung betroffen und wie funk­tio­niert diese?

Ziel der Rege­lung. Um in Deutsch­land weniger Steuern zu zahlen und die Gewinne in Länder mit nied­ri­geren Steu­er­sätzen zu verla­gern, benutzten einige deut­sche Gesell­schaften die Möglich­keit, Fremd­ka­pi­tal­zinsen als Betriebs­aus­gaben geltend zu machen und auf diese Weise ihre in Deutsch­land zu versteu­ernden Gewinne zu verrin­gern.

So wurden z.B. auslän­di­sche Toch­ter­ge­sell­schaften benutzt, die mit „deut­schem“ Eigen­ka­pital ausge­stattet wurden, um den in Deutsch­land ansäs­sigen Firmen Kredite einzu­räumen. Die deut­schen Gesell­schaften konnten so von ihren Gewinnen die Fremd­ka­pi­tal­zinsen steu­er­lich als Betriebs­aus­gaben in Deutsch­land abziehen und so ihre Steu­er­last senken. Die auslän­di­schen Gesell­schaften erhielten Zins­er­träge, die sie ledig­lich in den entspre­chenden Staaten mit einem z.T. deut­lich nied­ri­geren Steu­er­satz unter­werfen mussten.

Da es sich oft um auslän­di­sche Kapi­tal­ge­sell­schaften handelte, konnten diese „ihre“ Gewinne wieder an die deut­schen Kapi­tal­ge­sell­schaften zurück­ab­führen, wobei aufgrund des Divi­den­den­pri­vi­legs des § 8b KStG effektiv nur 5 Prozent dieser abge­führten Gewinne in Deutsch­land steu­er­pflichtig waren. Auf diese Weise konnten in Deutsch­land erwirt­schaf­tete Gewinne syste­ma­tisch in Nied­rig­steu­er­länder trans­fe­riert und steu­er­be­güns­tigt wieder zurück­ge­führt werden.

Natür­lich versuchte der Gesetz­geber schon vor der Einfüh­rung der Zins­schranke diese Steu­er­ab­sau­gung zu verhin­dern; jedoch ohne großen Erfolg. Schließ­lich wurde mit dem Unter­neh­mens­steu­er­ge­setz 2008 die Zins­schran­ken­re­ge­lung einge­führt um diese uner­wünschten Gestal­tungen mit dem „Vorschlag­hammer“ zu verhin­dern.

Wer ist von der Zins­schranke betroffen? Grund­sätz­lich unter­liegt jeder Betrieb der Zins­schran­ken­re­ge­lung, gleich­gültig ob es sich um eine Personen- oder Kapi­tal­ge­sell­schaft handelt oder um ein Einzel­un­ter­nehmen. Voraus­set­zung ist ledig­lich, dass der Betrieb Einkünfte aus Gewer­be­be­trieb, selbst­stän­diger Arbeit oder Land- und Forst­wirt­schaft gene­riert. Es gibt jedoch drei Ausnahmen, die von der Anwen­dung der Zins­schranke befreien:

  1. Der Saldo zwischen Zins­auf­wen­dungen und Zins­er­trägen ist kleiner als 3 Millionen Euro.
  2. Der Betrieb gehört nicht zu einem Konzern.
  3. Die Eigen­ka­pi­tal­quote des zu einem Konzern gehö­rigen Betriebs ist am Schluss des voran­ge­gan­genen Abschluss­stich­tags höher oder gleich der des Konzerns. Ein Unter­schreiten der Eigen­ka­pi­tal­kon­zern­quote um bis zu zwei Prozent­punkte ist aller­dings unschäd­lich und vermeidet die Anwen­dung der Zins­schranke.

Für die letzten beiden Ausnahmen exis­tieren jedoch Rück­aus­nahmen für Körper­schaften wie z.B. Kapi­tal­ge­sell­schaften.

So greift die zweite Ausnahme nur, wenn die Vergü­tungen für Fremd­ka­pital an einen zu mehr als einem Viertel unmit­telbar oder mittelbar am Grund- oder Stamm­ka­pital betei­ligten Anteils­eigner, eine diesem nahe stehende Person oder einen Dritten, der auf den entspre­chend betei­ligten Anteils­eigner oder eine diesem nahe stehende Person zurück­greifen kann, nicht mehr als 10 Prozent der die Zins­er­träge über­stei­genden Zins­auf­wen­dungen betragen und dies nach­ge­wiesen wird. Ist diese Voraus­set­zung nicht erfüllt, wird die Zins­schranke per Rück­aus­nahme ange­wendet.

Die dritte Ausnahme wird eben­falls nur dann ange­wendet, wenn die Vergü­tungen für Fremd­ka­pital der Körper­schaft oder eines anderen demselben Konzern zuge­hö­renden Rechts­trä­gers an einen zu mehr als einem Viertel unmit­telbar oder mittelbar am Kapital betei­ligten Gesell­schafter einer konzern­zu­ge­hö­rigen Gesell­schaft, eine diesem nahe stehende Person oder einen Dritten, der auf den zu mehr als einem Viertel am Kapital betei­ligten Gesell­schafter oder eine diesem nahe stehende Person zurück­greifen kann, nicht mehr als 10 Prozent der die Zins­er­träge über­stei­genden Zins­auf­wen­dungen des Rechts­rä­gers betragen und dies nach­ge­wiesen wird. Auch hier greift die Zins­schranke per Rück­aus­nahme, wenn diese Anfor­de­rungen nicht erfüllt sind.

Folgen der Anwen­dung der Zins­schranke. Fällt der Betrieb unter die Anwen­dung der Zins­schranke, können die Zins­auf­wen­dungen steu­er­lich ggf. nur begrenzt als Betriebs­aus­gaben abge­zogen werden. In Höhe der Zins­er­träge des Betriebs, sind die Zins­auf­wen­dungen voll abzugs­fähig. Fallen die entspre­chenden Aufwen­dungen folg­lich kleiner oder in glei­cher Höhe wie die Zins­er­träge aus, so führt die Zins­schranke nicht zu einer Einschrän­kung der Abzugs­fä­hig­keit. Sind die Zins­auf­wen­dungen aller­dings höher als die Zins­er­träge, so können vom entspre­chenden Saldo nur 30 Prozent des so genannten EBITDA als Betriebs­aus­gaben steu­er­lich geltend gemacht werden. Das EBITDA (earnings before inte­rest taxes depre­cia­tion and amor­tiza­tion) ist der grund­sätz­lich nach steu­er­recht­li­chen Vorschriften ermit­telte Gewinn erhöht um Zins­auf­wen­dungen und Abschrei­bungen und ernied­rigt um Zins­er­träge. Die über die Zins­er­träge und 30 Prozent des EBITDA hinaus gehende Zins­auf­wen­dungen können folg­lich im entspre­chenden Veran­la­gungs­zeit­raum nicht steu­er­lich als Betriebs­aus­gaben abge­zogen werden. Hier greift die Zins­schranke ein und verhin­dert die volle Abzugs­fä­hig­keit der Betriebs­aus­gaben.

Zins­vor­trag und EBITDA-Vortrag. Aller­dings können die entspre­chend nicht abzugs­fä­higen Zins­auf­wen­dungen in die nächsten Wirt­schafts­jahre vorge­tragen werden (Zins­vor­trag). Das heißt, dass die in den zurück­lie­genden Jahren nicht abzugs­fä­higen Zins­auf­wen­dungen als Betriebs­aus­gaben später genutzt werden können und den zukünf­tigen steu­er­li­chen Gewinn vermin­dern, falls in den betref­fenden zukünf­tigen Jahren die Zins­auf­wen­dungen unter den Zins­er­trägen liegen, oder darüber hinaus gehen aber unter 30 Prozent des EBITDA ausfallen.

Beträgt der Saldo zwischen den Zins­auf­wen­dungen und den Zins­er­trägen mindes­tens 3 Millionen Euro, über­schreitet aber nicht 30 Prozent des EBITDA, so kann der unge­nutzte Teil des EBITDA in die nächsten fünf Jahre vorge­tragen werden (EBITDA-Vortrag). Hier erhöht er dann die Möglich­keit der Abzugs­fä­hig­keit der Zins­auf­wen­dungen, so dass die die Zins­er­träge und 30 Prozent des EBITDA des betref­fenden Wirt­schafts­jahres über­stei­genden Zins­auf­wen­dungen (ggf. z.T.) steu­er­lich als Betriebs­aus­gaben trotzdem abge­zogen werden können.

Fazit. Die Zins­schranke stellt eine äußerst kompli­zierte und sich stetig fort­ent­wi­ckelnde steu­er­recht­liche Vorschrift dar. Das Beispiel der Rück­aus­nahmen für Körper­schaften zeigt dies beispiel­haft relativ deut­lich, was z.B. auch dazu führt, dass sich der Bundes­fi­nanzhof dazu verpflichtet fühlt, sich zu einer etwa­igen Verfas­sungs­wid­rig­keit zu äußern (vgl. den entspre­chenden News­ar­tikel im News­dienst). Ob das vom Gesetz­geber verfolgte Ziel mit der Zins­schranke erreicht wird, bleibt jedoch zumin­dest frag­lich. Statt dessen besteht die Gefahr, dass Betriebe, die nicht beab­sich­tigen ihre Gewinne ins Ausland zu verla­gern, ihre Zins­auf­wen­dungen steu­er­lich nicht voll abziehen können.