Die Zukunft der Arbeit
Stimmen aus der Arbeitsforschung behaupten, die Zukunft der Arbeit habe 2020 begonnen. Nie zuvor in der Geschichte der Arbeitswelt hat ein einziges Ereignis die Art und Weise, wie in Unternehmen und Branchen gearbeitet wird, so auf den Kopf gestellt wie die Coronapandemie. Homeoffice statt Büro, Videokonferenzen statt Dienstreisen, Cloud-Software statt Papieraustausch – in nur wenigen Monaten hat ein Virus dafür gesorgt, dass viele Firmen über alle Branchen hinweg ihre Arbeitsmodelle radikal transformieren mussten. Doch die Frage bleibt, ob sich nach einem Abflauen der Pandemie wieder der bisherige Arbeitsalltag einstellt oder ob die erzwungene Veränderung der Arbeitswelt von Dauer sein wird.
Mehr Homeoffice, weniger Firmenoffice?
Die wohl augenscheinlichste Veränderung in der Arbeitswelt durch Corona ist die Verlagerung der Arbeit in das Homeoffice. Vor gut einem Jahr wurden von heute auf morgen Millionen von Angestellten von ihren Firmen dazu angehalten, ihre Arbeit aus dem Homeoffice zu erbringen. Was in vielen Firmen bis dato undenkbar schien, wurde mit einem Schlag durch eine Naturkatastrophe erzwungen.
Für viele Unternehmen stellte dies einen enormen Kraftakt dar: Zahllose Firmen waren innerhalb kürzester Zeit dazu gezwungen, eine bislang nicht vorhandene Infrastruktur für Remote Working und die Zusammenarbeit von örtlich verstreuten Beschäftigten aufzubauen.
Alle Beteiligten beschäftigt die Frage, ob die Arbeit im Homeoffice nur ein vorübergehender Zustand ist oder ob es mit dem Ende der Pandemie eine Rückkehr zum Firmenoffice geben wird. Eine pauschale Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Zu unterschiedlich sind die Voraussetzungen in den Unternehmen und zu verschieden sind die Wünsche und Vorstellungen der Einzelnen.
Eines hat die erzwungene Homeoffice-Phase jedoch gezeigt: Die Arbeit von zu Hause aus funktioniert häufig besser als gedacht. Unternehmen, die bisher aus verschiedenen Gründen auf einer Präsenzpflicht im Büro bestanden, wurden durch die Coronapandemie eines Besseren belehrt. Moderne Cloud-Software und Videokonferenzsysteme machen die (Zusammen-)Arbeit im Homeoffice wesentlich unkomplizierter, als dies noch vor einigen Jahren der Fall war. In vielen Firmen wird es in Zukunft wahrscheinlich ein deutlich stärkeres Nebeneinander von Home- und Firmenoffice geben.
Mehr virtueller, weniger physischer Kontakt?
Die massivste Auswirkung hatte die Corona-pandemie auf die Art und Weise, wie Menschen miteinander kommunizieren. Während vor der Pandemie Dienstreisen in den meisten Unternehmen auf der Tagesordnung standen, fand der Reiseverkehr durch die Verbreitung des Virus ein jähes Ende. An die Stelle des physischen Kontakts trat der virtuelle über E-Mails, Telefonate, Chats und vor allem Videokonferenzen. Obwohl bereits vor der Pandemie die technischen Möglichkeiten dazu bestanden, bescherte das Coronavirus Videoconferencing-Software einen unglaublichen Schub.
Dieses Rad wird sich aller Voraussicht nach nicht mehr zurückdrehen lassen – zu groß sind die Vorteile von Videokonferenzen in Bezug auf gesparte Reisekosten und Reisezeit. Obwohl viele Menschen Dienstreisen als angenehmen Teil ihrer Tätigkeit ansehen, wird ihre Bewilligung zukünftig stärkere Argumente erfordern und der Nutzen eines physischen Kontakts genauer geprüft werden. Branchenunabhängig werden sich alle daran gewöhnen müssen, häufiger auf dem Bildschirm als persönlich in Verbindung zu stehen.
Mehr Dezentralität, weniger Zentralität?
Bereits seit einigen Jahren existiert in den meisten Bereichen der Wirtschaft ein Trend zur Dezentralisierung der Arbeitsorte. Diese Entwicklung hat durch Corona eine starke Beschleunigung erfahren.
Wo früher noch werktäglich acht Stunden lang an einem Ort gearbeitet wurde, verbringen Millionen von Menschen nur noch einen Teil ihrer Arbeitszeit an einem Firmenstandort. Die restliche Zeit arbeiten sie von unterwegs, im Homeoffice, in Hotels, Konferenzzentren oder an sonstigen Arbeitsorten.
Zusätzlich schießen seit einigen Jahren sogenannte „Co-working Spaces“ wie Pilze aus dem Boden. Dabei teilen sich Selbstständige aller Art miteinander und teilweise auch mit Firmenteams Büroraum. Die Ausgestaltung dieser Co-Working-Spaces ist in der Praxis sehr unterschiedlich. Während einige eine Art Großraumbüro mit großen (geteilten) Schreibtischen anbieten, verfügen andere über getrennte Klein- und sogar Einzelbüros.
Für viele Berufstätige bringen Co-Working- Spaces eine Reihe von Vorteilen mit sich:
- Die Arbeitsplätze können im Regelfall sehr flexibel und für kurze Zeiträume angemietet werden. Dieses Arbeitsplatzmodell ist besonders für Selbstständige, die keine stabile Auftragslage haben und häufig reisen, sehr attraktiv.
- Für Unternehmen bieten sie den Vorteil, dass sie über einen gewissen Zeitraum Teams aus unterschiedlichen Bereichen unkompliziert zusammenarbeiten lassen können.
- Zudem herrscht in Co-Working-Spaces in der Regel eine sehr offene und aufgeschlossene Atmosphäre, wodurch der Austausch von Kontakten und Ideen wesentlich erleichtert wird.
- Nicht zuletzt locken Co-Working-Spaces mit zahlreichen kreativen Ausstattungsmerkmalen, die das Arbeiten erleichtern und angenehmer machen. Von Bars und Cafés über Lounges und Konferenzräume bis hin zu Gärten und Sportmöglichkeiten finden sich hier oftmals Dinge, die in Firmenbüros nicht zum Standard gehören.
In einer immer stärker fragmentierten Arbeitswelt kommen Co-Working-Spaces dem Bedürfnis nach mehr Flexibilität entgegen und werden sich in den kommenden Jahren weiter etablieren – nicht nur bei Selbstständigen.
Mehr Work-Life-Balance, weniger Stress?
Die Work-Life-Balance ist eines der wichtigsten und umstrittensten Schlagworte der modernen Arbeitswelt. Nur sehr schwierig zu messen, spielt sie für viele Menschen eine zentrale Rolle.
Während die Verlagerung ins Homeoffice vielen Menschen zum ersten Mal in ihrem Berufsleben tagtäglich vor Augen führt, wie gut sich „Work“ und „Life“ miteinander vereinbaren lassen, stellt es für viele Familien mit Kindern oft eine große Herausforderung dar. Für die einen ist der Wegfall des täglichen Arbeitsweges eine große Erleichterung, für die anderen ist das Arbeiten von zu Hause aus eine Qual.
Inwiefern das Corona-bedingte Homeoffice zu einer Verbesserung der Work-Life-Balance beiträgt oder einen zusätzlichen Stressfaktor darstellt, wird sicherlich Gegenstand von Studien sein. Fakt ist jedoch, dass besonders die jüngeren Generationen (die sogenannten „Millennials“ und die „Generation Z“) der Work-Life-Balance eine wesentlich größere Bedeutung beimessen als ältere Generationen. Um auf dem Arbeitsmarkt attraktiv zu bleiben, müssen sich Unternehmen mit diesem Thema zwangsläufig auseinandersetzen.
Mehr Wohnraum, weniger Büroraum?
Digitalisierung, Homeoffice, Co-Working- Spaces, mobiles Arbeiten – all diese Trends tragen dazu bei, dass die Bedeutung von Wohnraum in Zukunft zunehmen und die von Büroraum abnehmen wird. Dieser Trend wird auch in der Post-Corona-Zeit ungebrochen sein.
Viele Unternehmen werden sich Gedanken darüber machen müssen, wie sie in Zukunft mit ihren Büroflächen umgehen. Klar ist, dass zahllose Firmen angesichts neuer Arbeitsformen bei gleichbleibender Zahl an Beschäftigten nicht mehr den Flächenbedarf der Vergangenheit haben werden. Dies ist einerseits eine willkommene Gelegenheit, Miet- und Fixkosten einzusparen, bringt jedoch große Herausforderungen bei der Neuorganisation der Arbeit mit sich.
Die voraussichtliche Verringerung der Nachfrage nach Büroflächen wird in Zukunft dazu führen, dass wieder mehr Flächen für den Wohnungsmarkt zur Verfügung stehen. Die Transformation der Arbeitswelt bietet Städten und Stadtbezirken die einzigartige Chance, neue Lebens-, Arbeits- und Verkehrskonzepte auszuprobieren, die ein deutliches Plus an Lebensqualität bringen. Die Idealvorstellung von Quartieren, in denen Wohnraum, Arbeitsplätze, Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten nur einen Katzensprung voneinander entfernt liegen, ist keine Zukunftsmusik mehr. Das alte „Ideal“ von räumlich getrenntem Wohnraum am Stadtrand und Arbeitsraum im Stadtzentrum hat in der neuen Arbeitswelt ausgedient: Das tägliche Pendeln von Millionen von Menschen ist kein Zukunftsmodell.
Dieser Trend eröffnet auch ländlichen Gebieten neue Perspektiven. Gingen die meisten Experten noch vor wenigen Jahren davon aus, dass die Zukunft der Arbeit in urbanen Gebieten stattfinden wird, könnte sich der ländliche Raum als großer Gewinner der aktuellen Entwicklungen herausstellen.
Mehr Computer, weniger Menschen?
Noch nie zuvor in der Geschichte der Menschheit hat eine technologische Revolution das Leben derart schnell radikal verändert wie die Digitalisierung. Sie erfasst alle Gesellschafts- und Wirtschaftsbereiche, von Politik und Verwaltung über Bildung und Arbeit bis hin zu Kommunikation und sozialer Interaktion.
Die wachsende Vernetzung von Menschen und Maschinen und die enorm gestiegene Leistungsfähigkeit von Computersystemen haben eine radikale Transformation aller Branchen und Berufsgruppen in den kommenden Jahrzehnten zur Folge. Intelligente, selbstlernende Netzwerke, die die Analyse riesengroßer und komplexer Datenmengen in Sekundenschnelle möglich machen, stehen erst am Anfang ihrer Entwicklung. In nicht allzu ferner Zukunft werden diese Systeme auch in Bereichen Einzug halten, in denen bislang von der Digitalisierung wenig zu spüren war. Während sich heutzutage eher Berufsgruppen mit einfachen Tätigkeiten, z. B. im Transportwesen und der Logistik, Sorgen um ihren Job machen müssen, werden in wenigen Jahren auch medizinische oder rechts- und wirtschaftsberatende Berufe Konkurrenz von Computern bekommen. Bereits heute können es intelligente Systeme in Einzelbereichen mit dem Menschen aufnehmen. Die Zukunft der Arbeit wird sich ohne Zweifel zugunsten des Computers entscheiden.
Auch bei der Digitalisierung wirkt Corona wie ein Brandbeschleuniger. Um zu überleben, müssen sich nun viele, auch kleinere Firmen, mit z. B. Cloud-Software oder Onlineshops auseinandersetzen. So hat Corona die Digitalisierung vieler Unternehmen um einige Jahre vorgezogen. In Sachen Wettbewerbsfähigkeit ist dieser Prozess sogar als Vorteil zu sehen, denn der Digitalisierungsexpress rast und wird noch schneller werden. Wer zu spät aufspringt, wird mit dem Wettbewerb bald nicht mehr mithalten können.
Fazit: Die Zukunft der Arbeit wird vielschichtiger als ihre Vergangenheit
Die Zukunft der Arbeit wird wesentlich vielschichtiger und facettenreicher als ihre Vergangenheit. Die drei wesentlichen Trends – Dezentralisierung, Digitalisierung und Work-Life-Balance – führen zu einer zunehmenden Diversität der Arbeitsmodelle. Menschen werden abwechselnd an verschiedensten Orten, zu unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlichen Konstellationen arbeiten. Dank Cloud-Systemen und Videokonferenzen spielt es nahezu keine Rolle mehr, ob sie in Berlin, Los Angeles oder Tokio ihren Job machen. Dies führt zu einer höheren Flexibilität und Freiheit hinsichtlich ihrer Arbeits- und Wohnorte sowie ihrer Arbeitszeiten. Die Zeit der Nine-to-five-Jobs gehört in vielen Berufen bereits der Vergangenheit an. Ob alle diese technologischen und organisatorischen Entwicklungen wiederum eine Verbesserung der Work-Life-Balance bewirken, muss die Zukunft noch beweisen.
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