Krisen rechtzeitig erkennen und bewältigen
Krisen stellen für Unternehmen immer große Herausforderungen dar. Besonders hart trifft es aber diejenigen, die sich nicht auf mögliche Risikoszenarien vorbereitet haben.
Große Konzerne beschäftigen ganze Abteilungen mit Risikomanagern, in kleineren Unternehmen besitzt Risikomanagement oft den Status eines netten Extras. Warum ist das so? Unabhängig von der Größe einer Firma können Qualitätsprobleme, extern hervorgerufene Krisen bei der Nachfrage oder das Versagen von Strategien sowie Prozessen auftreten. Solche unvorhergesehenen Situationen bedrohen regelmäßig ganz verschiedene Arten von Unternehmen wirtschaftlich. Deshalb geht es beim Risikomanagement um das zuverlässige Voraussagen und Verhindern ebensolcher Probleme. Das ist auch für kleinere Organisationen relevant.
Warum Risikomanagement in kleinen und mittelständischen Unternehmen sinnvoll ist
Wenn ein Lieferant ausfällt, ein Mitarbeiter mit Schlüsselkompetenzen das Unternehmen plötzlich verlässt oder der Markt aufgrund einer Pandemie unerwartet und drastisch einbricht – dann kann das für viele Firmen in einer wirtschaftlichen Misere enden. Auch aus Unkenntnis oder wegen mangelnder Sorgfalt verletzte Gesetze und Regeln können Unternehmen zum Fallstrick werden. Das gilt für internationale Handelskonzerne wie für das inhabergeführte Handwerkerunternehmen mit drei Mitarbeitern. Wie gut sich die betroffene Organisation auf das Eintreten von Herausforderungen vorbereitet hat, ist dabei oft ausschlaggebend für ihre Zukunft. Um diese Vorbereitung geht es beim Risikomanagement. Davon profitieren Firmen jeder Größenordnung. Oft sind es jedoch nur die großen und riesigen Unternehmen, die sich diesen Prozess leisten. Das ist eine Frage der Ressourcen, vor allem aber der Organisation. Denn Risikomanagement ist bei jeder Unternehmensgröße eine Investition wert – wie eine Versicherung, die man sich vor allem dann wünscht gehabt zu haben, wenn das Unglück bereits eingetroffen ist.
Der Gedanke an eine Abteilung voller ganzer Planstellen, die sich nur mit Risikomanagement beschäftigt, lässt manche Unternehmensleitung in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) davor zurückschrecken. Doch so isoliert und ressourcenintensiv muss Risikomanagement nicht aufgebaut sein. Im Gegenteil: Wer Risikomanagement als durchgehenden Prozess in seine bestehenden Strukturen integriert, platziert die Verantwortung für die verschiedenen Risiken an den richtigen Stellen und lässt sie dort bearbeiten, wo sie eintreten können. Auf diese Weise stärkt Risikomanagement sogar das Verantwortungsbewusstsein der Mitarbeiter und Führungskräfte. Außerdem beschäftigen sich so die Fachkräfte mit dem jeweiligen Thema, die sich am besten damit auskennen. Das Management in KMU hat es in der Hand mit gutem Beispiel voranzugehen und dafür zu sorgen, dass Risikomanagement im Unternehmen gelebt und ernst genommen wird.
Mit der richtigen Herangehensweise kann Risikomanagement mit geringem Extraaufwand auch für KMU zahlreiche Vorteile hervorbringen. Risikomanagement hilft Unternehmen dabei:
- Chancen schneller zu erkennen und besser auszunutzen,
- verheerende Überraschungen zu vermeiden,
- Service, Produktivität und Nutzung von Ressourcen zu verbessern,
- das Verständnis für Zusammenhänge und Geschäftsprozesse zu erhöhen und
- die Einhaltung von Regeln und Gesetzen sicherzustellen.
Strukturiertes Risikomanagement in einem festgelegten System kann darüber hinaus auch nach der Norm ISO 31000 für Risikomanagement-Systeme zertifiziert werden. Eine solche offizielle Anerkennung effektiven Risikomanagements wirkt sich in der Regel positiv auf das Bild eines Unternehmens bei seinen Partnern und Kunden aus.
Strukturiertes Risikomanagement mit einem Risikoregister
Wie lässt sich nun Risikomanagement alltagstauglich und mitarbeiterfreundlich in ein KMU einführen? Das gängige Werkzeug des Risikoregisters hat sich als primäres Mittel einer strukturierten Herangehensweise bewährt. Dabei handelt es sich um ein Dokument, das gleichzeitig den Prozess des Risikomanagements steuert sowie immer wieder zur Aktualisierung und Überprüfung herangezogen werden kann. Je nach Größe des Unternehmens, Komplexität der Abläufe und Anzahl der Beteiligten kann das Risikoregister nach Produkten, Abteilungen, Prozessen usw. aufgeteilt werden. Dabei erfüllt ein Risikoregister mehrere Zwecke:
Identifikation möglicher Risiken. Anhand eines Brainstormings oder einer Prozessliste werden verschiedene Risiken für das Unternehmen oder in Bezug auf ein Sortiment oder eine Abteilung genannt. Dabei können Risiken alles vom Ausgehen eines Rohstoffs über Streik in der Belegschaft bis zum geografischen Wandel bei der Hauptzielgruppe darstellen.
Bewertung von Risiken. Die identifizierten Risiken werden nun hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens und der Folgen ihrer Auswirkung bewertet. Aus diesen Werten können eine Prioritätsliste und eine Risikomatrix erstellt werden. Je wahrscheinlicher ein Risiko und je seriöser seine Konsequenzen, umso höher ist die Priorität des Risikos.
Planung der Bewältigung von Risiken. Bei der Bewältigung von Risiken geht es darum, seine Eintrittswahrscheinlichkeit zu verringern und bzw. oder seine Folgen abzumildern. Im Falle eines möglichen Lieferantenausfalls kann das zum Beispiel der enge Kontakt zum und die häufige Überprüfung des Zulieferers in Kombination mit der Identifikation eines alternativen Lieferanten sein.
Überwachung und Steuerung von Risiken. Der Status des jeweiligen Risikos wird regelmäßig überprüft und festgehalten. Hat sich die Eintrittswahrscheinlichkeit geändert? Gibt es neue Lösungen für seine Bewältigung? Ist ein neues Risiko hinzugekommen oder existiert es gar nicht mehr?
Vorgehen beim Eintritt von Risiken. Der Plan für den tatsächlichen Eintritt eines Risikos, das nicht verhindert werden konnte, ermöglicht schnelles Handeln und gute Entscheidungen. Hier wird im Vorhinein auf systematische Art und Weise untersucht und festgelegt, was zu tun ist, falls der Ernstfall eintritt. Der Handlungsplan für eine Krise liegt also bereits in der Schublade.
Einfacher Aufbau für guten Überblick: Wie sieht ein Risikoregister aus?
Die Funktionsweise eines Risikoregisters ist relativ einfach zu erlernen und der Umgang damit in den meisten Zusammenhängen eindeutig. Außerdem eignet es sich zur Diskussion von Risiken und Lösungen in Gruppen. Im Idealfall kommt das Risikoregister immer mit einer detaillierten Prozessbeschreibung daher. Vor dem Hintergrund eines entsprechenden Diagramms oder einer anderen Darstellung lassen sich Risiken einfacher und auf systematische Weise identifizieren. Typischerweise ist ein Risikoregister in Tabellenform mit folgenden Überschriften aufgebaut:
- Eindeutiger Name des Risikos (evtl. mit Identifikationsnummer)
- Risikobeschreibung
- Name der Person, die das Risiko erkannt hat
- Datum der ersten Erkennung des Risikos
- Bewertung der Eintrittswahrscheinlichkeit auf einer Skala (typisch von 1 bis 3 oder 1 bis 5)
- Bewertung der Auswirkungen, falls das Risiko eintritt (gleiche Skala wie oben)
- Verantwortlicher für das Risiko, beispielsweise Abteilungsleiter, in dessen Bereich das Risiko vorliegt
- Bearbeiter des Risikos, also die Person, die sich mit möglichen Lösungen und Handlungsplänen befasst
- Maßnahmen in Bezug auf die Vermeidung des Eintretens oder die Abmilderung der Konsequenzen des Risikos
- Budget für die Bearbeitung des Risikos
- Aktueller Status
- Personen, die zu informieren sind
Ein Risikoregister eignet sich gleichzeitig als Status- und Arbeitsdokument. Hier kann nachgeschlagen, geändert und diskutiert werden. Es kann für ganz verschiedene Risiken immer gleich aussehen und ist damit für unterschiedliche Mitarbeitergruppen wiedererkennbar. Das erleichtert die Einführung und das Training des Werkzeugs erheblich. Begleitend braucht ein Risikoregister organisatorische Maßnahmen, die Verantwortungen für Risiken und deren Bearbeitung etwa in Stellenbeschreibungen festlegen. Darüber hinaus definiert das Unternehmen Abläufe zur regelmäßigen Überprüfung der Risiken, etwa quartalsmäßig und im besten Fall unter Teilnahme oder Leitung des Managements.
Geschäftiger Alltag im Unternehmen: Risikomanagement in der Praxis
Risikomanagement als Steuerungswerkzeug zur Abwendung von Krisen und strukturierten Lösung von Problemen klingt gut? Dann fehlt nicht mehr viel zum Start! KMU sollten jedoch einige Hürden beachten, die es im hektischen Geschäftsalltag bei der Einführung von Risikomanagement zu überwinden gilt: Besonders wenn Risikobearbeitung für Fach- und Führungskräfte eine Nebenaufgabe ist, kann es auf individuellen Prioritätslisten leicht nach unten rutschen. Das hindert die Wirksamkeit von Risikomanagement. Deshalb ist es vor allem in KMU wichtig, festgelegten Prozessen in Bezug auf Risikomanagement zu folgen. Das heißt: regelmäßige Nachverfolgung, Berichterstattung an das Management und zugestandene Zeitintervalle, in denen sich Mitarbeiter mit Risikomanagement beschäftigen können.
Gleichzeitig bietet diese Herausforderung bei der Arbeit mit Risikomanagement auch eine riesige Chance: Es lädt zur sinnvollen Einbeziehung von Mitarbeitern ein. Das Unternehmen hat die Chance, alle nach ihrer Meinung zu fragen. Dabei werden eventuell bisher verkannte Risiken deutlich, aber auch einfache und günstige Lösungen, die am Schreibtisch nicht zu finden sind. Oft haben die Menschen, die täglich und direkt mit einer Aufgabe zu tun haben, den besten Einblick und die einfachsten Lösungsvorschläge. Das trägt einerseits zur Mitarbeitermotivation bei und andererseits erspart es Projektgruppen und das eine oder andere Meeting. Gleichzeitig macht die teilweise gemeinsame Bearbeitung von Risiken Mitarbeitern auf allen Ebenen der Firma deutlich, womit sich die Geschäftsleitung auseinandersetzt und in welcher Situation sich der Arbeitgeber befindet.
In der Praxis ist es auch unter Einbeziehung vieler verschiedener Mitarbeiter sinnvoll, die Verantwortung für das übergeordnete Thema „Risikomanagement“ einer bestimmten Person zu übergeben. Diese Person in der Rolle des „Risikomanagers“ hält die Fäden in der Hand, unterweist relevante Mitarbeiter in dem Gebrauch des Risikoregisters, lädt zu regelmäßigen Statusbesprechungen ein und koordiniert die Berichterstattung. Das minimiert den administrativen Aufwand in den jeweiligen Bereichen. Gerade in KMU muss dieses Profil aber keineswegs eine Vollzeitstelle sein. Klare Verantwortung und Stellenbeschreibungen sind auch hier von Vorteil.
Fazit
Risikomanagement hilft KMU, Schwierigkeiten wie Lieferengpässe, Mangel an Fachkräften oder plötzlichen Kundenschwund zu vermeiden beziehungsweise zu hantieren. Die Unternehmensleitung sollte dabei mit gutem Beispiel vorangehen und die Bedeutung von Risikomanagement für das erfolgreiche Wirtschaften unterstreichen.
Risikomanagement kann eine sinnvolle Vertiefung der Verantwortung für bestimmte Prozesse sein statt eine ressourcenintensive Extraaufgabe. Das ermöglicht auch KMU die kluge Integration in existierende Abläufe und Stellen, um schwierige Probleme von Vornherein zu vermeiden und in herausfordernden Situationen eine sichere Lenkung des Unternehmens zu gewährleisten.
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