Kleinunternehmerregelung ist nicht immer von Vorteil
Kleinunternehmerregelung heißt: Keine Umsatzsteuer auf der Ausgangsrechnung. Das ist nicht für jeden Betrieb unter der Umsatzgrenze die beste Entscheidung. Vor- und Nachteile sollten in jedem Fall individuell mit dem Steuerberater abgewogen werden.
Text: Midia Nuri
ugegeben: Rund um die Umsatzsteuer drohen diverse Risiken. Trotzdem ist die Sache an sich keine Hexerei, sondern bloß Handwerk. Und für Firmenchefs darum auch kein Grund für unternehmerische Weichenstellungen aus Angst vor Umsatzsteuererklärung oder -voranmeldung. Beispielsweise die Entscheidung zur Anwendung der Kleinunternehmerregelung. Wer im vorangegangenen Kalenderjahr maximal 17.500 Euro Umsatz gemacht hat oder für das laufenden Kalenderjahr nicht über 50.000 Euro erwartet, kann sich zwar dafür entscheiden, Rechnungen ohne Ausweis der Umsatzsteuer zu stellen. Den wenigen Erleichterungen durch diese Art von Welpenschutz für Kleinunternehmer stehen jedoch wichtige Einschränkungen gegenüber. Und Unternehmer sind an ihre Entscheidung über Jahre gebunden. Sie sollten daher sehr gründlich mit ihrem Steuerberater darüber sprechen, ob die Kleinunternehmerregelung für sie eine gute Sache ist.
Kleinunternehmerregelung greift nicht automatisch
Zuerst sollten sich Firmenchefs genau damit beschäftigen, was die Kleinunternehmerregelung eigentlich ist. Entgegen einem häufigen Missverständnis greift die Kleinunternehmerregelung nicht automatisch, sofern der Umsatz die maßgeblichen Grenzwerte hierfür unterschreitet. Automatisch umsatzsteuerfrei sind nur an sich umsatzsteuerfreie Einkünfte, wie beispielsweise Leistungen aus dem therapeutischen Bereich. Ansonsten fällt auf alle erzielten Umsätze grundsätzlich die gesetzliche Umsatzsteuer an – in Höhe des jeweils geltenden Mehrwertsteuersatzes. Auch Angehörige beispielsweise der medizinischen Berufe können also durch zusätzliche umsatzsteuerpflichtige Umsätze – etwa aus Vorträgen oder Fachartikeln – mit der Überlegung konfrontiert sein, ob sie sich für oder gegen die Kleinunternehmerregelung entscheiden. Die Umsatzsteuer gehört also für jeden Freiberufler oder Gründer mit noch geringen Einkünften sofort ins Gespräch mit dem Steuerberater.
Kleinunternehmerregelung muss beantragt werden
Umsatzsteuerlich ist Kleinunternehmer, wer im vorangegangenen Kalenderjahr maximal 17.500 Euro Umsatz gemacht hat oder im laufenden unter 50.000 Euro erwartet. Wer diese Kriterien erfüllt, kann sich von der Umsatzsteuerpflicht befreien lassen, indem er die Kleinunternehmerregelung beantragt. Gründer fordert der Fiskus per Fragebogen auf, die Kleinunternehmerregelung zu beantragen oder darauf zu verzichten. An einen Verzicht sind Firmenchefs für fünf Jahre gebunden. Wer die Kleinunternehmerregelung nutzt, muss keine Umsatzsteuer ans Finanzamt abführen, darf sie logischerweise aber auch nicht dem Kunden berechnen. Er stellt also Netto-Rechnungen. Wer trotz niedriger Einkünfte auf die Kleinunternehmerregelung verzichtet, vereinnahmt die Umsatzsteuer und muss neben der Einkommensteuererklärung eine Umsatzsteuererklärung abgeben. Außerdem müssen umsatzsteuerpflichtige Unternehmen dem Fiskus monatlich oder quartalsweise eine Umsatzsteuervoranmeldung schicken.
Mehrere Faktoren beeinflussen die Entscheidung
Kleinunternehmer mit vielen Privatkunden können vom Stellen einer Rechnung ohne Umsatzsteuer profitieren. Das macht ihre Leistung preiswerter. Der Kunde zahlt den Endbetrag – ob Umsatzsteuer ausgewiesen ist oder nicht, macht für ihn keinen Unterschied. Damit verzichtet der Unternehmer jedoch auf die Möglichkeit, seinerseits Vorsteuer aus Lieferantenrechnungen geltend zu machen. Er verschenkt seinen Vorsteuerabzug, was bei hohem Wareneinsatz nachteilig wäre. Hier ist eine Abwägung wichtig: Einerseits ist eine Rechnung ohne Umsatzsteuer für den Kunden niedriger. Andererseits kann ohne Kleinunternehmerregelung die Umsatzsteuer bei den eigenen Ausgaben als durchlaufender Posten betrachtet werden statt als direkte Belastung für das Ergebnis. Wenig sinnvoll ist die Kleinunternehmerregelung, wenn der Kunde selbst unternehmerisch tätig ist – und so meistens selbst umsatzsteuerpflichtig. Diesen Kunden ist egal, ob sie Umsatzsteuer zahlen – sie können sie als Vorsteuer geltend machen. Auch Unternehmer mit höheren Investitionen in der Gründungsphase sollten auf den Vorsteuerabzug nicht verzichten. All diese Faktoren müssen Kleinunternehmer abwägen.
Verspätung auch mit Kleinunternehmerregelung teuer
Wichtig ist, an die Fristen zu denken. Wer seine Steuererklärung selbst erledigt, hat 2019 erstmals Zeit bis Ende Juli. Danach müssen säumige Unternehmer auch mit Verzögerungszuschlägen rechnen, wenn keine Steuer anfällt oder erstattet wird. Bei Verspätungen gilt seit Anfang 2018 pro angefangenem Monat: 0,25 Prozent der Steuernachzahlung, mindestens 25 Euro. Seit Jahresbeginn 2019 ist dieser Verspätungszuschlag automatisch fällig. Das Finanzamt hat keinen Ermessensspielraum. Unternehmern, die angeforderte Unterlagen nicht in der eingeräumten Frist vorlegen, kann der Fiskus zudem das höhere Verzögerungsgeld aufbrummen. Steht der Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung fest, sollten Unternehmer die pünktliche Abgabe gerade der Umsatzsteuervoranmeldung ernst nehmen. Geht sie verspätet beim Finanzamt ein, gibt es womöglich gleich Ärger mit der Bußgeld- und Strafsachenstelle. Die bekommt Informationen zu Anhaltspunkten für vorsätzliche oder leichtfertige Steuerverkürzung durch unrichtige, unvollständige oder unterlassene Angaben gegenüber der Finanzbehörde. Eine verspätete Umsatzsteuervoranmeldung ist in diesem Sinne eine Steuerhinterziehung auf Zeit – ausgenommen reguläre Verspätungen im Rahmen einer Dauerfristverlängerung.
EÜR wird trotz Kleinunternehmerregelung fällig
Unternehmer, die sich nach Absprache mit dem Steuerberater für die Kleinunternehmerregelung entscheiden, sollten auch beachten: Sie bringt seit vergangenem Jahr keine Erleichterung mehr bei der Einkommensteuererklärung. Wer Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit oder aus Gewerbebetrieb erzielt, ist jetzt verpflichtet, seinen Gewinn unabhängig von der Höhe der Betriebseinnahmen anhand der Anlage EÜR dem Finanzamt gegenüber zu erklären. Auch Kleinunternehmer müssen also die Anlage EÜR abgeben. Eine Umsatzsteuer-ID brauchen Kleinunternehmer zwar nicht. Doch die sollten sie beantragen – aus Sicherheitsgründen. Es gibt also eine Menge Faktoren, die Unternehmer für oder gegen die Kleinunternehmerregelung abwägen sollten. Deutliche Erleichterungen sprechen jedenfalls nicht mehr dafür.
Bei Fragen sprechen Sie uns gerne an.
Quelle: www.trialog-unternehmerblog.de, Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg