Bauträger kein Steuerschuldner nach § 13b UStG
Nach § 13b UStG schuldet der Leistungsempfänger (ausnahmsweise) die Umsatzsteuer bei bestimmten Bauleistungen, wenn er selbst Bauleistungen erbringt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seinem äußerst wichtigen Urteil vom 22.08.2013 (Az. V R 37/10) den Anwendungsbereich der Vorschrift erheblich eingeschränkt.
Sachverhalt des Urteils In dem konkreten Fall wurde entschieden, dass Bauträger nicht mehr als Steuerschuldner nach § 13b UStG in Betracht kommen, denn Bauträger erbringen keine Bauleistungen, sondern sie liefern bebaute („schlüsselfertige“) Grundstücke. Ein Bauträger erbringt also keine Bauleistung. Er betreibt den Erwerb, die Erschließung und die Bebauung von Grundstücken. Danach veräußert er sie, was keine Bauleistung, sondern eine Lieferung bebauter Grundstücke darstellt. Insofern kann der Bauträger kein Steuerschuldner im Sinne des § 13b UStG sein.
Das unterscheidet sie vom sog. Generalunternehmer, der an seinen Auftraggeber Bauleistungen erbringt und deshalb die Steuer für die von ihm in einer Leistungskette bezogenen Bauleistungen nach § 13b UStG schuldet. Ein Bauleister unterscheidet sich also vom Bauträger dadurch, dass der Bauleister Bauleistungen auf Grundstücken der Auftraggeber erbringt. Ein Bauträger liefert (seine) bebaute(n) Grundstücke.
Ist ein Unternehmen sowohl als Bauträger als auch als Generalunternehmer tätig, kommt es auf die Verwendung der einzelnen von ihm bezogenen Bauleistung an. Maßgeblich ist dann, ob der Unternehmer die Bauleistung für eine steuerfreie Grundstücksübertragung als Bauträger oder für eine eigene steuerpflichtige Bauleistung als Generalunternehmer verwendet.
Stellungnahme des Bundesministeriums der Finanzen Nunmehr hat sich das Bundesfinanzministerium mit einem Schreiben vom 05.02.2014 positioniert. Das o. a. Urteil wird grundsätzlich angewendet. Es ist nunmehr allein entscheidend, ob die eingekaufte Bauleistung unmittelbar für eine ausgangsseitige Bauleistung verwendet wird. Nur in diesem Fall geht die Steuerschuldnerschaft auf den Kunden über.
Lässt z. B. ein Bauunternehmer das Dach seiner Maschinenhalle erneuern, liegt aus Sicht der Finanzverwaltung keine Unmittelbarkeit vor. Die Halle dient nur mittelbar der Erbringung von Bauleistungen. Damit geht die Steuerschuld in diesem Fall nicht auf den Bauunternehmer über; der Dachdecker hat eine Rechnung mit ausgewiesener Umsatzsteuer zu erstellen.
Nachweis der Bauleistungen Die Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG soll nur noch als Indiz für Bauleister dienen. Sie ist u. E. keinesfalls ausreichend, da der unmittelbare Zusammenhang zu einer bestimmten Bauleistung nicht nachgewiesen ist.
Das BMF-Schreiben äußert sich zum Nachweis wie folgt: „Dem leistenden Unternehmer steht es frei, den Nachweis mit allen geeigneten Belegen und Beweismitteln zu führen, aus denen sich ergibt, dass der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, der die an ihn erbrachte Bauleistung seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet …“.
Wegfall der Vereinfachungsregel Waren die Voraussetzungen des Steuerschuldübergangs fraglich, so konnten sich die Vertragsparteien bisher auf die Anwendung des § 13b UStG berufen, wenn Einigkeit über die Anwendung bestand und der Kunde in zutreffender Höhe besteuert hat. Nun entfällt diese Vereinfachung im Bereich der Bauleistungen.
Auswirkungen für Bauträger Das Urteil des BFH wird in allen offenen Fällen angewendet. Da die Umsatzsteuer-Festsetzungen in den meisten Fällen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehen, kann für alle noch offenen Jahre (Festsetzungsfrist 4 Jahre) die Steuer korrigiert werden. Bauträger sind also auch in der Vergangenheit nicht Steuerschuldner. Sie haben aber bisher die Steuer nach § 13b UStG abgeführt bei gleichzeitigem Vorsteuer-Abzugsverbot, da ihre Umsätze in der Regel steuerfrei nach § 4 Nr. 9 UStG sind. Diese Umsatzsteuer können die Bauträger nun zurückfordern.
Allerdings wird die Finanzverwaltung die Steuer vom leistenden Unternehmer zurückfordern. Dieser wiederum hat dann zivilrechtlich den Anspruch beim Leistungsempfänger geltend zu machen. Es wird daher nicht beanstandet, wenn die Vertragsparteien einvernehmlich bis zum 14.02.2014 an der bisherigen Handhabung festhalten.
Auswirkungen für Subunternehmer Keine endgültige Aussage wird allerdings getroffen, wie die Verfahrensweise hierzu ist. Fordert der Bauträger wie oben beschrieben die Umsatzsteuer vom Finanzamt zurück, weil er zu Recht kein Steuerschuldner war, steht die Frage im Raum, wer dann der Steuerschuldner wird. Kann das Finanzamt dann die Steuer vom leistenden Unternehmer zurückfordern?
Nach dem BMF-Schreiben würde der Leistende keinen Vertrauensschutz genießen, hat also im Zweifel die Umsatzsteuer aus seinem Netto-Betrag abzuführen. Diese Regelungen halten wir für nicht haltbar, können allerdings zu diesem Zeitpunkt keine endgültigen Aussagen treffen, ob Vertrauensschutz besteht.
Aus Kreisen verschiedener Steuerrechtsexperten ist mit einer Flut an Rechtsstreitigkeiten sowohl im Steuer- als auch im Zivilrecht zu rechnen; denn jeder einzelne Auftrag der letzten Jahre ist im Zweifel zu prüfen. Laut Bundesministerium der Finanzen sollen zur weiteren Anwendung weitere Schreiben ergehen. Bauleister sollten sich aber immer auf die Anwendung des Vertrauensschutzes berufen. Die Rechnungen für Altfälle sollten nicht korrigiert werden.
Es ist allen Subunternehmern zu empfehlen, sich für alle bisherigen Aufträge an Bauträger eine Bestätigung einzuholen, dass sich die Vertragsparteien einig über die Anwendung der bisherigen Regelung des § 13b UStG waren und die Anwendung des Urteils vom 22.08.2013 vom Bauträger nicht beantragt wird, anderenfalls die Umsatzsteuer an den Subunternehmer nachzuzahlen ist.
Weitere Auswirkungen des BMF-Schreibens Aufgrund der nun neu geregelten direkten Zuordnung der Eingangsleistungen für gleichartige Ausgangsleistungen ergeben sich auch außerhalb der Baubranche Änderungen. Auch bei Gebäudereinigern geht die Steuerschuld nur auf den Kunden über, wenn die Reinigungsleistung wiederum für eine Reinigungsleistung erbracht wird. Auch Unternehmer, die bisher weniger als 10 % Bauleistungen erbracht haben, sind nun Steuerschuldner, wenn sie eine Bauleistung unmittelbar für eine Bauleistung verwenden.
Anwendung Diese neuen Grundsätze sind ab sofort auf alle Umsätze anzuwenden. Alle laufenden und zukünftigen Aufträge sind zu prüfen und die erforderliche Bescheinigung einzuholen.
Da es in der Baubranche üblich ist, nach Baufortschritt Abschläge abzurechnen, obwohl der eigentlich „fertige“ Umsatz noch nicht vollständig erbracht ist, sollten alle bisherigen Abschlagsrechnungen unter diesen Gesichtspunkten geprüft und ggf. korrigiert werden.