Immobilienverkauf: Gewinn mit Betongold
Hohe Nachfrage, geringes Angebot – in vielen Regionen können Unternehmer bei der Veräußerung eines Gebäudes gutes Geld verdienen. Allerdings lässt sich nur mit der richtigen steuerlichen Gestaltung der Zugriff des Fiskus begrenzen.
Autor: Eva-Maria Neuthinger
Renate Rappold expandiert und investiert. Mit ihrem Mann führt sie die Autohaus Rappold GmbH in Blaufelden, einem Städtchen zwischen Bad Mergentheim und Crailsheim. „Aktuell erweitern wir unser Geschäft mit einer sechsstelligen Summe“, berichtet die Firmenchefin stolz. Die Finanzierung stemmt sie komplett aus eigenen Mitteln: „Um das Geld dafür zu bekommen, haben wir im vergangenen Jahr unsere Tankstelle mit Gewinn veräußert.“ Weil es damals mehrere Interessenten gab, entstanden Rappold keine Kosten für Makler oder Renovierung.
Immobilien bringen viel Geld Wunschgemäß lief auch die finanzielle Gestaltung des Verkaufs. Da die Tankstelle zum Betriebsvermögen gehörte, unterlag der Veräußerungsgewinn der Steuer. Gemeinsam mit ihrem Steuerberater fand Renate Rappold aber eine gute Lösung, um die sofortige volle Versteuerung zu vermeiden. Parallel zum Verkauf der Immobilie bildete sie für das geplante Autohaus-Bauvorhaben eine sogenannte Reinvestitionsrücklage. So kann sie den Gewinn aus dem Verkauf der Tankstelle im Endeffekt steuerneutral realisieren.
Wie die Kfz-Händlerin aus dem Fränkischen stehen derzeit viele Unternehmer vor der Überlegung, Betongold abzustoßen und das Kapital für künftige private oder betriebliche Vorhaben einzusetzen. Da die Immobiliennachfrage in vielen Regionen klar das Angebot übersteigt, lässt sich in guten Lagen ein hoher Preis und damit oft ein lukrativer Gewinn erzielen. Anleger suchen wegen der Euro- und Finanzkrise weiter einen sicheren Hafen für ihr Geld. Zudem bewegen sich die Finanzierungszinsen nach wie vor auf einem historisch niedrigen Niveau. Auch dies wirkt sich positiv auf die Nachfrage aus. Angesichts dieser Entwicklung ist es für Immobilienverkäufer wichtig, an das Thema Finanzamt zu denken. Weil der Fiskus gerne die Hand aufhält, entwickeln clevere Firmenchefs frühzeitig die passende Strategie, um bei einem geplanten Verkauf einer Immobilie möglichst Steuern zu sparen. Dabei gilt es grundsätzlich zu unterscheiden, ob das Objekt im Privat- oder im Betriebsvermögen gehalten wird. Wichtig ist auch, wie es bisher genutzt wurde. Eine private Immobilie kann grundsätzlich steuerfrei verkauft werden, wenn der Eigentümer sie ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat. Der auf ein Arbeitszimmer entfallende Anteil am Veräußerungsgewinn ist allerdings zu versteuern, wenn die Herstellungskosten für diesen Raum zuvor als Betriebsausgabe abgesetzt wurden. Erzielte der Eigentümer mit der privaten Immobilie Erträge aus Vermietung und Verpachtung, ist der Verkaufsgewinn einkommensteuerpflichtig. Das gilt, falls die Anschaffung oder Herstellung weniger als zehn Jahre zurückliegt. Maßgebend ist das Datum der Beurkundung des Kaufvertrags. Die Höhe der Steuern hängt vom persönlichen Einkommensteuersatz und vom Wertzuwachs ab.
Vorsicht ist prinzipiell geboten, wenn jemand in relativ kurzer Zeit mehrere Immobilien veräußert, die er zuvor in Privatbesitz gehalten hat. In diesem Fall unterstellt das Finanzamt nämlich schnell einen sogenannten gewerblichen Grundstückshandel. Damit werden die Gewinne aus den Verkäufen steuerpflichtig. Diese Steuerfalle droht bereits, wenn innerhalb von fünf Jahren mehr als drei Objekte angeschafft und veräußert werden.
Der Fiskus hält die Hand auf Wieder anders sieht es bei gemischt genutzten Immobilien aus. Besitzt ein Einzelunternehmer etwa ein Gebäude, bei dem im Untergeschoss sein Ladengeschäft und darüber eine Wohnung liegt, entscheidet die Nutzung über die Steuerfrage. Das Ladenlokal zählt automatisch zum notwendigen Betriebs-, die Wohnung zum Privatvermögen, wenn sie der Unternehmer ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat. Bei einem Verkauf unterliegt der Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf des Ladens der Steuer, nicht aber der Veräußerungsgewinn für die Wohnung. Ihr Anteil am Gewinn berechnet sich nach dem Verhältnis der Wohnfläche zur Gesamtfläche. Voraussetzung dafür ist, dass der Unternehmer die Räume zumindest in den letzten zwei Jahren zusammenhängend selbst genutzt hat. „Ein Leerstand in dieser Zeit reicht nicht aus“, erklärt dazu Richard Schmidt, Professor für Steuerrecht der Hochschule für Ökonomie & Management (FOM) in Essen.
Steuerberater muss prüfen Mit diesen steuerrechtlichen Details hat sich der Unternehmer Lothar Möschle beschäftigt, als er vergangenes Jahr die Firma Söhnel Maschinenbau in Baltsmannsweiler bei Esslingen übernahm und gleich eine Immobilie an einem neuen Standort kaufte. Das Erdgeschoss nutzt er betrieblich. In der oberen Etage liegt eine Wohnung, die er bewohnt. Möschle weiß: „Auf einen Teil des Gewinns werden bei einem späteren Verkauf also vermutlich Steuern anfallen.“ Die Details hat er schon frühzeitig mit seinem Steuerberater geklärt.
Ein hohes Risiko trägt, wer sich für eine Betriebsaufspaltung entscheidet. Dabei wird beispielsweise eine betrieblich genutzte Immobilie im privaten Portfolio gehalten und an die eigene Firma vermietet, etwa eine GmbH. „Geschäftsführende Gesellschafter sollten vorsichtig sein“, so Robert Lehleiter, Professor für Steuerrecht an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden. Auch bei Patrick Spohn überwiegt Skepsis: „Zumeist ist Unternehmern davon abzuraten“, sagt der Professor für internationales und nationales Steuerrecht an der Hochschule Pforzheim. Wird die Konstruktion beim Verkauf aufgelöst, werden aufgedeckte stille Reserven schlagartig steuerpflichtig. „Fehlt dann das Kapital, um die Forderung des Finanzamts zu bezahlen, steht im Extremfall die Existenz der Firma auf dem Spiel“, so Spohn.
Gewinne reinvestieren … Zum Glück gewährt das Finanzamt den Unternehmern beim Verkauf einer betrieblichen Immobilie in bestimmten Fällen auch Steuervorteile. Renate Rappold etwa nutzte die Reinvestitionsrücklage nach Paragraf 6b Einkommensteuergesetz. Bei der Veräußerung aufgedeckte stille Reserven lassen sich neutralisieren, indem ein erzielter Gewinn auf andere neue Wirtschaftsgüter – zum Beispiel den Bau einer weiteren Immobilie – übertragen wird. Entweder zieht das Unternehmen ihn sofort direkt von den Anschaffungskosten ab oder es bildet alternativ eine Rücklage für Investitionen innerhalb der nächsten vier Jahre. Bei neu hergestellten Gebäuden beträgt die Frist sechs Jahre, wenn bereits nach vier Jahren mit dem Bau des neuen Gebäudes begonnen wird.
Besonders günstige Regeln gelten, falls der Betrieb nach dem Immobilienverkauf aufgegeben wird. Unternehmer profitieren laut Paragraf 34 Abs. 3 Einkommensteuergesetz einmal im Leben von einem ermäßigten Steuersatz auf außergewöhnliche Einkünfte, die nicht mehr als insgesamt fünf Millionen Euro betragen. „Die Vorteile sind jedoch an bestimmte Vorgaben gebunden“, erläutert Professor Schmidt. Zum Beispiel muss der Firmenchef das 55. Lebensjahr vollendet haben und einen gesonderten Antrag beim Finanzamt stellen. Der reduzierte Steuersatz beträgt 56 Prozent des durchschnittlichen Steuersatzes auf das gesamte zu versteuernde Einkommen, mindestens 14 Prozent. Unterliegt ein Unternehmer also im Schnitt einem Steuersatz von 40 Prozent, wird der Gewinn aus dem Immobilienverkauf mit etwa 22,4 Prozent besteuert. Zusätzlich gilt ein Freibetrag von 45.000 Euro, sofern der Gewinn den Betrag von 136.000 Euro nicht überschreitet. Liegt er höher, wird er abgeschmolzen.
…. oder Betrieb aufgeben? Für Renate Rappold war diese Sonderregelung beim Verkauf ihrer Tankstelle
allerdings kein Thema. Von einer Geschäftsaufgabe ist sie noch weit entfernt. Im Gegenteil: „Mit der Modernisierung und Expansion, die sich aus dem Immobilienverkauf finanzieren lässt, wollen wir das Unternehmen weiter auf Erfolgskurs steuern“, betont die Firmenchefin.
Musterrechnung
So berechnet sich die Einkommensteuer auf den Veräußerungsgewinn
Ein Einzelunternehmer nutzt seit fünf Jahren eine Immobilie privat und betrieblich. Im Erdgeschoss führt er ein Ladenlokal, erste Etage und Dachgeschoss hat er vermietet. Das Ladenlokal hält er im Betriebsvermögen, die vermieteten Wohnungen im Privatvermögen. Er nutzt die aktuell gute Marktlage und verkauft die oberen Etagen anteilig für 310.000 Euro, wofür er 10.000 Euro in Malerarbeiten investierte. Die Anschaffungskosten der Wohnungen abzüglich der geltend gemachten Abschreibungen betragen 200.000 Euro. Das Finanzamt rechnet so:
Verkaufserlös Wohnungen 310.000 Euro
abzüglich Veräußerungskosten (hier Malerarbeiten) 10.000 Euro
abzüglich Anschaffungskosten (abzüglich Abschreibungen) 200.000 Euro
steuerpflichtiger Gewinn 100.000 Euro
persönlicher Steuersatz 30 Prozent
Zu zahlende Einkommensteuer 30.000 Euro
Quelle: TRIALOG, Das Unternehmermagazin Ihrer Berater und der DATEV, Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg, Ausgabe 01/2014