Devisenmärkte im Überblick
Marktkommentar der quirin bank AG / 1. Quartal 2012
Eine seriöse Prognose über künftige Währungsentwicklungen abzugeben, gilt seit jeher immer als ein sehr schwieriges Unterfangen, da Währungskursverläufe neben einer ganzen Reihe von konjunkturellen Einflüssen auch von Zinsentwicklungen und politischen Entscheidungen geprägt werden.
Insbesondere die politische Abhängigkeit hat angesichts der Ausweitung der Staatsschuldenkrisen spürbar zugenommen und erschwert konkrete Währungseinschätzungen.
Zudem hat man es grundsätzlich mit einer Devisenrelation zu tun, was eine Beurteilung von gleich zwei Währungen in Abhängigkeit voneinander erfordert und relativ komplex ist. Angesichts der anhaltenden Turbulenzen im Euro-Raum und der damit einhergehenden Ängste vor Staatspleiten und Inflation sind heimische Investoren immer noch verstärkt auf der Suche nach Anlagealternativen außerhalb der Euro-Zone. Ein Grund für uns – trotz aller Marktunwägbarkeiten – ausgewählte Fremdwährungen noch einmal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Grundsätzlich gilt: Direkte Wetten auf bestimmte Währungsentwicklungen mit Hilfe von Investmentzertifikaten oder Hebelzertifikaten sind im nur schwer kalkulierbaren Marktumfeld aus unserer Sicht weiterhin nicht empfehlenswert. Auch ETF- bzw. Fondsinvestments, die darauf abzielen, von den Schwankungen an den Devisenmärkten zu profitieren, haben in den letzten beiden Jahren vielfach enttäuscht – auch hier sehen wir aktuell keine zwingenden Investmentgründe. Was es bei Aktien-, Anleihe- oder Rohstoffinvestments in fremden Währungsräumen zu beachten gilt, möchten wir in der Folge ausführen. Bitte beachten Sie, dass wir uns bei den jeweiligen 5-Jahres-Charts für eine Darstellung aus Sicht der jeweiligen Fremdwährung (z. B. 1 US-Dollar entspricht 0,754 Euro) entschieden haben. So wird im Chartbild deutlicher, ob die jeweilige Fremdwährung gegenüber dem Euro gestiegen oder gefallen ist. Bei der herkömmlichen Chartbetrachtung aus Euro-Sicht (z. B. 1 Euro entspricht 1,32 US-Dollar) muss man als Betrachter im Prinzip umgekehrt denken (fallender Euro entspricht steigender Fremdwährung), was wir an dieser Stelle vermeiden möchten.
US-Dollar (USD): Grundsätzlich haben wir es sowohl beim Euro als auch beim US-Dollar mit einer schuldenkrisengeplagten Währung zu tun. Wer ist hier nun der Einäugige unter den Blinden? – Diese Frage könnte man vor diesem Hintergrund zu Recht stellen. Die fundamentalen Aspekte sprechen aus unserer Sicht dafür, dass die grundsätzliche Euroschwäche der letzten Monate vorerst noch anhalten könnte. Solange sich die europäische Politik nicht an die grundlegenden Probleme in der Euro- Zone heranwagt (Ungleichgewichte in den Handelsbilanzen – Exportüberschüsse versus Importüberschüsse – erhöhte Rezessionsgefahren durch immer stärkere Sparzwänge) und weiter mit halbherzigen Übergangslösungen durch die Krise laviert (was wir auch zukünftig erwarten), dürfte der Euro keinen nachhaltigen Aufwärtstrend gegenüber dem US-Dollar ausbilden können (der Erholung seit Jahresbeginn zum Trotz). Zudem schließt sich seit einigen Monaten die Zinsschere zwischen den beiden Währungsräumen, seitdem sich auch die EZB auf dem Zinssenkungspfad in Richtung null befindet. Kurzfristige Anlagen im Euro-Raum werden für die internationalen Finanzmarktakteure somit zunehmend unattraktiver. Ein weiterer Aspekt pro US-Dollar: Bei der konjunkturellen Entwicklung haben die Amerikaner derzeit die Nase gegenüber der Euro- Zone vorn, Letztere weist bereits leicht rezessive Tendenzen auf. Bisweilen verstecken sich die Amerikaner gern hinter den anhaltenden und derzeit auch in den Medien im Vordergrund stehenden Querelen im Euro-Raum – dabei trägt der US-Staatshaushalt nicht minder große Schuldenlasten vor sich her (z. B. in diesem Jahr schätzungsweise rund 10 % Haushaltsdefizit im Gegensatz zu rund 6 % in der Euro-Zone). Im Laufe des Jahres dürfte aber auch die US-amerikanische Schuldensituation wieder stärker ins Rampenlicht rücken. Ob der Weg zum notwendigen Schuldenabbau eher mithilfe von Steueranpassungen oder durch staatliche Ausgabenkürzungen beschritten wird, könnte zu einem der zentralen Streitpunkte im Vorfeld der US-Wahl im November mutieren. Dabei dürfte deutlich werden, dass auch die Amerikaner zu empfindlichen Strukturanpassungen gezwungen sind, was zu konjunkturellen Belastungen führt.
An dieser Stelle könnte auch der US-Dollar wieder stärker unter Druck geraten. Ergo wird der US-Dollar aus eigener Kraft kaum substanziell ggü. dem Euro aufwerten können. Aus dem schwierigen Marktumfeld für den Euro eine US-Dollar-Spekulation abzuleiten, ist also alles andere als ein sicheres Geschäft. Wir gehen davon aus, dass die schwer kalkulierbaren Schwankungen im Euro-US-Dollar- Verhältnis auch in den nächsten Monaten anhalten. Kurzfristig liegen die Vorteile zwar beim US-Dollar, dennoch raten wir dazu, bei Aktienengagements im US-Raum ein wachsames Auge auf die Währungsentwicklung zu legen. Bei ETF- oder Fondsanlagen können ggf. auch währungsgesicherte Varianten in Betracht gezogen werden. Gleiches gilt für Rohstoffanlagen, die in aller Regel in US-Dollar notieren. Anleiheinvestments in US-Dollar halten wir im aktuellen Niedrigzinsumfeld für unattraktiv. Rein charttechnisch gesehen dürften beim US-Dollar dann Anschlussgewinne möglich sein, wenn die Marke von 0,80 € (entspricht einem Euro-US-Dollar-Verhältnis von 1,25 US-Dollar) nach oben durchbrochen werden kann. Fällt der US-Dollar hingegen unter die Marke von 0,72 € (entspricht einem Euro-USDollar- Verhältnis von 1,389 US-Dollar), droht der US-Währung weiteres technisches Abwärtspotenzial.
Britisches Pfund (GBP): Großbritannien zählt zwar nicht zur Euro-Zone, die Probleme der britischen Wirtschaft lesen sich aber ähnlich wie die der Euro-Peripheriezone: Eine Staatsschuldenquote von über 80 % drängt auch die Briten zu strikten Sparprogrammen. Erschwerend kommt hinzu, dass man erhebliche Summen zur Stützung des zum Teil maroden Bankensektors aufbringen musste. Die Konjunktur steuert darüber hinaus derzeit auf eine Rezession zu. Trotz einer vergleichsweise hohen Inflationsrate von rund 3,5 % hält die britische Notenbank ihre Niedrigzinspolitik aufrecht. Alles in allem ein Umfeld, in dem sich Pfund-Investments aus unserer Sicht nicht aufdrängen, es sei denn, im Aktienbereich bieten sich Chancen, die es wert sind, das Währungsrisiko einzugehen. Auch wenn das Pfund in Zeiten stärkerer Euro-Turbulenzen temporär als sichererer Hafen angesteuert wird, dürfte ein nachhaltiger Aufwärtstrend gegenüber dem Euro nur schwer zu etablieren sein, zumal nun mit Moody‘s die erste Ratingagentur die AAA-Bestnote Großbritanniens infrage stellt.
Angesichts der engen Verflechtungen des Landes mit der Euro-Zone über den Außenhandel und durch den Finanzsektor kann sich das Pfund ohnehin nicht von der Entwicklung im Euro-Raum freimachen. Die Charttechnik zeigt eine relativ massive Widerstandszone im Bereich von 1,20/1,23 €, die nicht ohne Weiteres überflügelt werden dürfte. Ein Rückgang unter die Marke von 1,17 € wäre dagegen als technisches Verkaufssignal zu werten.
Japanischer Yen (JPY): Dass ein Währungsraum, der mit einem Rekordschuldenstand kämpft (rund 220 % in Relation zum BIP) und rezessive Tendenzen vorweist, von Investoren als sicherer Hafen angesehen wird, wirkt auf den ersten Blick paradox. Der Yen wurde aber in den letzten Jahren von Japans Wettbewerbsfähigkeit begünstigt. Unter den sieben großen Industriestaaten (G7) ist Japan neben Deutschland seit Jahren das einzige Land mit einem Leistungsbilanzüberschuss.
Zudem profitiert der Yen davon, dass Japan bei der Refinanzierung seiner hohen Staatsschulden vergleichsweise wenig von der Gunst der Auslandsinvestoren abhängt – Japan refinanziert sich sehr stark im Inland und kann auf die heimischen Gläubiger zählen. Der Anleihemarkt erscheint somit deutlich weniger verletzlich als beispielsweise der Euro-Bondmarkt. Im laufenden Jahr griffen risikobereite Investoren zudem bei sog. Carry- Trades (Verschuldung in Ländern mit Niedrigzinsen und Investition in Hochzinsländern, wie z. B. Australien) verstärkt auf Währungen wie den Euro oder den US-Dollar zurück – eine Entlastung für den Yen. Auch die Tatsache, dass sich sowohl in der Euro-Zone als auch in den USA die Leitzinsen der Nulllinie angenähert haben, begünstigte den Yen. Nationen mit hohen Devisenreserven landeten bei der Suche nach einer hochliquiden Währungsalternative nicht selten beim Yen. Die japanische Wirtschaft leidet allerdings unter dem hohen Yen (Stichwort: verteuerte Exporte), sodass sich die japanische Notenbank immer wieder genötigt sieht, zulasten des Yen an den Devisenmärkten zu intervenieren. Auch wenn dies bis dato noch keine nachhaltige Abhilfe geschaffen hat (siehe Chart ggü. Euro), so stellen derartige Interventionen (bis hin zu einer möglichen Währungsfixierung à la Schweizer Notenbank) dennoch eine latente Gefahr für die Stärke einer Währung dar. Jüngst verstärkte die Bank of Japan (BoJ) ihre Interventionsgebärden wieder. Dies, gepaart mit einer anhaltend expansiven Geldpolitik (jüngst erneut massive Anleiheaufkäufe der BoJ und die Betonung, die Leitzinsen auf der Nulllinie zu halten), dürfte auch die jüngsten Gewinnmitnahmen beim Yen ausgelöst haben. Unterm Strich erachten wir den japanischen Währungsraum derzeit für Investments als uninteressant. Charttechnisch gesehen könnte sich die Abwärtsbewegung des Yen beschleunigen, wenn die Unterstützung bei rund 0,0093 Yen (entspricht einem Euro-Yen-Verhältnis von 107,50 Yen) nicht zügig zurückerobert werden kann.
Schweizer Franken (CHF): Der Franken hat seinen Nimbus als klassische Fluchtwährung vorerst verloren, nachdem die Schweizerische Nationalbank (SNB) Anfang September 2011 die Währung an den Euro-Kurs gebunden hat. Die Notenbank will den Mindestkurs von 0,83 € (bzw. 1,20 CHF) mit aller Konsequenz durchsetzen und ist notfalls bereit, unbeschränkt Devisen zu kaufen (und dafür ggf. Schulauch Schweizer Franken zu drucken).
Die massive Aufwertung des Frankens hat für die Schweizer Wirtschaft einschneidende Negativfolgen, weil viele eidgenössische Unternehmen auf dem Weltmarkt nicht mehr konkurrenzfähig sind (verteuerte Exporte) und der für das Land wichtige Tourismus erheblich leidet. Zudem schlichen sich zuletzt vor dem Hintergrund der stark fallenden Importpreise immer stärker deflationäre Tendenzen in die Alpenrepublik ein, was den rezessiven Druck in der Schweiz verstärkt. Im Januar sind die Verbraucherpreise um 0,8 % ggü. dem Vorjahr gefallen. Wir gehen davon aus, dass sich die SNB weiter mit aller Macht gegen eine erneute Frankenaufwertung stemmen wird. Inflationäre Tendenzen hat sie akut nicht zu befürchten (eher das Gegenteil). Vor diesem Hintergrund zählen Schweizer- Franken-Anleihen aktuell nicht zu unseren Favoriten, zumal die Renditen bonitätsstarker Schuldneradressen um die Nulllinie oszillieren und die Aufwertungsfantasie des Frankens (vorerst) dahin ist. Bei interessanten Schweizer Aktien ist der Währungsaspekt derzeit zweitrangig, sofern die Investmentstory ausreichend Aufwärtspotenzial birgt. Das Chartbild besitzt angesichts der aktuellen Kursfixierung nur eine bedingte Aussagekraft. Dennoch der Hinweis: Fällt der Schweizer Franken unter die Interventionsmarke von 0,83 €, käme dies einem technischen Verkaufssignal gleich. Ggf. würden sich in diesem Fall ein paar zittrige Hände (die darauf gesetzt haben, dass die SNB nicht standhaft bleibt) aus dem Frankenmarkt verabschieden, um Verluste zu begrenzen, was wiederum die Abwärtsbewegung des Frankens verstärken würde.
Nordische Währungen: Norweger-Krone (NOK)/Schweden-Krone (SEK): Wenn es darum geht, einem Portfolio eine aussichtsreiche Währungskomponente beizumischen, favorisieren wir bekanntermaßen seit einigen Monaten die nordischen Währungen. Auf der Anleiheseite haben wir dabei Unternehmensanleihen solider Schuldneradressen im Fokus und auf der Aktienseite sollten breit gestreute Skandinavien-ETFs bzw. -Fonds bevorzugt werden. Die Versicherungsprämien gegen einen Kreditausfall (sog. CDS-Prämien) signalisieren, dass die Anleger die Wahrscheinlichkeit der Zahlungsausfälle Norwegens und Schwedens derzeit geringer einschätzen als die von Deutschland oder Frankreich. An den beiden Schwergewichten Eurolands haften hierbei offensichtlich die Eventualverbindlichkeiten aus den Euro-Rettungsschirmen. Dagegen platziert sich Norwegen als Nicht-EU-Land mit einer CDS- Prämie von 34 Basispunkten (0,34 %) als sicherster Emittent der Welt (0,86 % für Deutschland-CDS). Der aus Ölexporten gespeiste Reichtum Norwegens schottet das Land relativ gut gegen die Folgen der Euro-Staatsschuldenkrise ab.
So summiert sich der Haushaltsüberschuss (wohlgemerkt Überschuss) in 2011 auf stattliche 9,3 %. Dazu kommt der relativ überschaubare Schuldenstand von rund 41 % im Verhältnis zum BIP. Die Arbeitslosenquote bewegt sich lediglich bei rund 3,5 %. Die sprudelnden Einnahmen aus dem Ölgeschäft (Norwegen ist die siebtgrößte Ölexporteur der Welt) helfen nicht nur beim Schulauch denabbau, sondern speisen auch den seit 1990 bestehenden norwegischen Staatsfonds. Dieser zählt mit rund 570 Mrd. US-Dollar (Ende 2011) zu den größten der Welt. Damit besitzt die norwegische Regierung einen enormen fiskalpolitischen Spielraum, um z. B. bei sinkenden Ölpreisen rückläufige Erträge aus dem Ölgeschäft zu kompensieren oder die heimische Wirtschaft in konjunkturellen Abschwungphasen zu stützen. Im laufenden Jahr sollte die norwegische Wirtschaft weiter wachsen (nach 1,6 % in 2011). Die Expertenschätzungen sind hier allerdings recht breit gefächert und bewegen sich zwischen 1 und 3 %. In Anbetracht der anhaltenden Euro-Krise (Stichwort: norwegischer Export in die Euro-Zone) und um die politisch nicht gerade erwünschte Aufwertung der Norweger-Krone zu bremsen, entschied sich die Notenbank Ende letzten Jahres für eine recht üppige Leitzinssenkung um 0,5 auf 1,75 %. Dennoch behält die Krone gegenüber dem Euro einen Zinsvorteil. Ein gewisses Risikopotenzial birgt die Entwicklung des norwegischen Immobilienmarktes. Der IWF machte hier zuletzt Überhitzungsgefahren aus. Dazu kommt eine vergleichsweise hohe Privatverschuldung (die in diesem Jahr auf das Doppelte der verfügbaren Einkommen klettern könnte). Unterm Strich zählen wir die Norweger- Krone aber längerfristig weiterhin zu den wenigen interessanten Währungen. Nach der zuletzt recht zügigen Aufwärtsbewegung, in deren Folge die Krone gegen den Euro ein Neunjahreshoch erreichte, hat sich aber die Wahrscheinlichkeit von kurzfristigen Gewinnmitnahmen erhöht. Wer bereits zeitig zu günstigen Kursen eingestiegen ist, sollte abwägen, ob er nicht zwischenzeitlich einmal Kasse machen möchte. Unter charttechnischen Aspekten hat die Norweger-Krone zwar mit der Überwindung des eingezeichneten horizontalen Widerstandes ein neues Kaufsignal generiert, ist aber andererseits relativ stark überkauft. Von dieser Warte aus wäre ein Rücksetzer sogar gesund. Die schwedischen Nachbarn haben zwar kein Öl, aber eine ebenso leistungsfähige Wirtschaft. Auch die Schweden locken mit einem soliden Staatshaushalt, in dem es (leichte) Überschüsse gibt. Der Schuldenstand beträgt weniger als 40 % des BIPs. Am Anleihemarkt werden die gesunden Finanzen belohnt, das Dreifach-A-Rating des schwedischen Staates ist nicht in Gefahr. Strukturelle Stärken der schwedischen Volkswirtschaft sind zudem eine gute Ausbildung der leistungsbereiten Bevölkerung und eine hohe Investitionsbereitschaft in Humankapital, Forschung und Entwicklung sowie die moderate Besteuerung von Unternehmen.
Wirtschaftlich müssen die Schweden allerdings mit einer stärkeren Abkühlung als die Norweger kämpfen (wobei sie allerdings auch von einem deutlich höheren Wachstumsniveau kommen). Denn: Schweden kann sich trotz aller Stärken der Euro-Krise nicht gänzlich entziehen. Der Abschwung der Weltkonjunktur trifft die in den letzten Jahren erfolgsverwöhnte Wirtschaft hart, zumal die Exporte etwa 45 % des BIPs ausmachen. Glaubt man den Prognosen, dann wird sich das BIP-Wachstum 2012 von 4,1 % auf unter 1 % abschwächen – bleibt eine Eskalation der Euro-Krise aus, sind hier aber durchaus positive Überraschungen denkbar. Die schwedische Notenbank hat seit letzten Dezember den Leitzins in zwei Trippelschritten um jeweils 0,25 % auf 1,50 % gesenkt, auch weil ein zu großes Zinsgefälle und damit zu starker Aufwertungsdruck auf die Krone auf jeden Fall vermieden werden soll und weil man die Wirtschaft stimulieren möchte. Auch wenn die Renditedifferenz zur Euro-Zone geschrumpft ist, halten wir Schweden-Kronen-Anleihen weiterhin für interessant. Solange die Euro-Politiker in der Staatsschuldenkrise nur Übergangslösungen schaffen, sollten Fluchtwährungen wie die Schweden-Krone weiter gesucht sein. Der Chart zeigt, dass auch die Schweden-Krone seit Ende letzten Jahres einen vergleichsweise zügigen Anstieg hinter sich hat und eine Konsolidierungsbewegung bevorstehen dürfte. Die Aussagen zur Norweger-Krone gelten hier analog.
Austral-Dollar (AUD): Der australische Dollar ist die weltweit am fünftmeisten gehandelte Währung und dient vielen Investoren als Anlagevehikel, um auf die Wirtschaftsentwicklung Chinas zu wetten. Der Grund dafür ist die große Bedeutung des Rohstoffsektors für die Volkswirtschaft des fünften Kontinents und die räumliche Nähe zur prosperierenden Region Südostasien. Das Kalkül ist, dass Australien umso mehr Kupfer, Kohle oder Eisenerz exportiert, je stärker China wächst. Der Rohstoffboom des vergangenen Jahrzehnts hat den australischen Dollar zu einer begehrten Währung gemacht.
Er gilt daher neben dem kanadischen Dollar als die Rohstoffwährung. Schwächelt jedoch die globale (bzw. insbesondere die chinesische) Konjunktur (wovon wir nach wie vor ausgehen), bremst das automatisch das Wachstum in dem rohstoffreichen Land. Daher war von vielen Marktbeobachtern erwartet worden, dass die australische Notenbank angesichts der Risiken für das weltweite Wirtschaftswachstum und eines moderaten Inflationsausblicks ihren Leitzins erneut senken wird. Sie beließ ihn allerdings überraschend bei 4,25 %, was der Währung jüngst nochmals spürbaren Auftrieb verlieh. Der Austral-Dollar steht schließlich im Mittelpunkt der bereits in der Yen-Besprechung erwähnten Carry-Trades. Diese hochriskanten Geschäfte werden jedoch wieder aufgelöst, sobald die Risikobereitschaft an den Finanzmärkten sinkt. In Australien selbst wird die Stärke der einheimischen Währung durchaus kritisch gesehen. Denn je stärker die Landeswährung wird, desto mehr verliert die Wirtschaft an Konkurrenzfähigkeit, weil Exporte teurer werden. Wer Austral-Dollar-Anleihen hält, sollte aus unserer Sicht an (währungsseitige) Gewinnmitnahmen denken (vor allem bei höheren Depotgewichtungen), zumal wir die globale Konjunkturentwicklung weiterhin skeptisch sehen. Die Leitzinssenkung dürfte zudem nicht aufgehoben, sondern nur aufgeschoben sein. Auch die höheren Rohstoffpreise rechtfertigen unseres Erachtens die steile Aufwertung nicht. Selbst wenn sich das globale Konjunkturumfeld in 2012 weiter aufhellen sollte, sollten dem Austral-Dollar-Höhenflug Grenzen gesetzt sein – der Aussie dürfte einen günstigeren Konjunkturverlauf zu einem guten Teil bereits eingepreist haben. Der Ausbruch über den Widerstand bei rund 0,77 € hat dem Austral-Dollar noch einmal Rückenwind verliehen und auf ein Allzeithoch ggü. dem Euro befördert. Nach der seit Ende 2008 (mit kurzen Unterbrechungen) anhaltenden intensiven Rallye (Kursplus seitdem knapp 70 %) ist auch unter technischen Gesichtspunkten eine Korrekturbewegung wahrscheinlicher geworden (und auch notwendig, um eine Überhitzung zu vermeiden).
Kanada-Dollar (CAD): Die zweite große Rohstoffwährung sieht sich ähnlichen Risiken wie der Austral-Dollar ausgesetzt. Dass Kanada nach Saudi-Arabien die weltweit größten Erdölreserven besitzt, könnte ein Vorteil sein, sofern die geopolitischen Spannungen (Stichwort Iran) anhalten und die Ölnotierungen dadurch weiterhin gestützt werden. Kritisch sehen wir allerdings die sehr enge Verknüpfung Kanadas mit der US-Wirtschaft, die auf absehbare Zeit kaum auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zurückkehren dürfte.
Nachfragerückgänge der US-Verbraucher nach Importgütern treffen also Nationen wie Kanada überproportional. Investments im Kanada-Dollar zählen – analog zum Austral-Dollar – nach wie vor nicht zu unseren favorisierten Währungsbeimischungen. Der technische Ausbruch aus der im Chart eingezeichneten Dreiecksformation ist grundsätzlich positiv für den Kanada-Dollar zu werten. Wir gehen allerdings davon aus, dass die Spitzen der letzten Monate (Mitte 2010 und Anfang 2011) im Bereich von 0,78/0,80 € kurzfristig nur überwunden werden können, wenn sich die Euro-Krise wieder spürbar verschlimmert. Stärkere Verluste drohen dann, wenn der Kanada- Dollar unter seinen kurzfristigen Aufwärtstrend rutscht, der im Bereich von 0,72 € verläuft.
Schwellenländerwährungen: Schwellenländerinvestments in den betreffenden Lokalwährungen sind für den risikobereiten Anleger durchaus als Beimischung geeignet (sowohl auf der Aktien- als auch auf der Anleiheseite), wobei hier grundsätzlich breit gestreute Anlagevehikel (ETFs/Fonds) bevorzugt werden sollten.
Die Informationen des Marktkommentars stammen aus öffentlich zugänglichen Quellen, die wir für zuverlässig halten. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben wird keine Gewähr übernommen. Die zum Ausdruck gebrachten Meinungen beruhen auf der aktuellen Einschätzung des Verfassers und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der quirin bank dar. Sie können sich ohne vorhergehende Ankündigung ändern. Der ausgearbeitete Marktkommentar dient nur zu Informationszwecken und gilt nicht als Angebot oder Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren.