Nur noch eine regelmäßige Arbeitsstätte - BMF übernimmt Rechtsprechung des BFH
Der Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte ist für die Besteuerung von Arbeitnehmern ein zentraler Begriff. So richtet sich u.a. die Höhe der abzugsfähigen Werbungskosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte aber auch der zu versteuernde geldwerte Vorteil eines Firmenwagens nach der regelmäßigen Arbeitsstätte. Die jüngste Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ändert nun diesen Begriff mit weitreichenden Folgen.
Nur noch eine regelmäßige Arbeitsstätte. Der BFH hatte in seinen Urteilen zur regelmäßigen Arbeitsstätte bei mehreren Tätigkeitsstätten vom 9. Juni 2011 (VI R 55/10, VI R 36/10 und VI R 58/09) entschieden, dass ein Arbeitnehmer statt wie bisher mehrere, nun nicht mehr als eine regelmäßige Arbeitsstätte je Arbeitsverhältnis innehaben kann (Rechtsprechungsänderung des BFH). Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat diese Sichtweise nun übernommen und in einem entsprechenden Schreiben veröffentlicht (BMF – Schreiben vom 15. Dezember 2011, IV C 5 – S 2353/11/10010). Hiernach ist in der Regel von einer regelmäßigen Arbeitsstätte auszugehen, wenn der Arbeitnehmer auf Grund der dienstrechtlichen bzw. arbeitsvertraglichen Festlegungen einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers dauerhaft zugeordnet ist oder in einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers arbeitstäglich, je Arbeitswoche einen vollen Arbeitstag oder mindestens 20 % seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll (Prognoseentscheidung). Wird im Einzelfall hiervon abweichend geltend gemacht, dass entsprechend den Grundsätzen der oben genannten Entscheidungen des BFH eine andere betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers eine regelmäßige Arbeitsstätte ist oder keine regelmäßige Arbeitsstätte vorliegt, ist dies anhand des inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunktes der beruflichen Tätigkeit nachzuweisen oder glaubhaft zu machen. Die Grundsätze der Urteile sind in allen offenen Fällen allgemein anzuwenden.
Folgen. In Fällen, in denen bisher mehrere regelmäßige Arbeitsstätten angenommen wurden, ist z.B. die Entfernungspauschale nunmehr nur für Fahrten zwischen Wohnung und einer regelmäßigen Arbeitsstätte anzusetzen. Für die übrigen Fahrten können Werbungskosten nach den Grundsätzen einer Auswärtstätigkeit geltend gemacht werden. Bei der Besteuerung eines Firmenwagens kann dies durchaus vorteilhaft gegenüber der alten Rechtsprechung mit mehreren Arbeitsstätten sein. So muss der Fahrtanteil mit dem Firmenwagen für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte grundsätzlich entweder pauschal oder per Fahrtenbuchmethode versteuert werden. Falls der Arbeitnehmer regelmäßig unterschiedliche Tätigkeitsorte ansteuert, so waren bisher diese Fahrten bei Annahme von mehreren regelmäßigen Arbeitsstätten als geldwerter Vorteil aus der Firmenwagennutzung zu versteuern. Hat er nach neuer Rechtsprechung nur noch eine regelmäßige Arbeitsstätte, so sind die anderen Fahrten Strecken im Sinne einer Auswärtstätigkeit, die bei Firmenwagennutzung nicht versteuert werden müssen.
Des Weiteren können grundsätzlich nun auch Reisekosten einfacher steuerfrei ersetzt werden. So können für Dienstfahrten 0,30 Euro pro km steuerfrei an den Arbeitnehmer gezahlt werden. Dies gilt aber nicht für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte. Fährt folglich der Arbeitnehmer morgens zu unterschiedlichen Tätigkeitsorten, so existiert jetzt nur noch maximal eine regelmäßige Arbeitsstätte. Die restlichen Fahrten sind dann Dienstfahrten im Rahmen einer Auswärtstätigkeit, die dann (wenn auch teilweise in Grenzen) steuerfrei ersetzt werden können. Vor der Rechtsprechungsänderung waren dies u.U. Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsstätte, die grundsätzlich nicht steuerfrei vergütet werden konnten.
Fazit. Es zeigt sich, dass die neue Rechtsprechung und die entsprechende Anwendung durch das BMF steuerlich durchaus vorteilhaft für die Arbeitnehmer sein kann. Man darf gespannt sein, wie sich die Anwendung in der Praxis entwickelt und durch die Finanzverwaltung konkretisiert wird.
Quelle: BMF – Schreiben vom 15. Dezember 2011, IV C 5 – S 2353/11/10010