19. Januar 2012

Nur noch eine regel­mä­ßige Arbeits­stätte - BMF über­nimmt Recht­spre­chung des BFH

Der Begriff der regel­mä­ßigen Arbeits­stätte ist für die Besteue­rung von Arbeit­neh­mern ein zentraler Begriff. So richtet sich u.a. die Höhe der abzugs­fä­higen Werbungs­kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeits­stätte aber auch der zu versteu­ernde geld­werte Vorteil eines Firmen­wa­gens nach der regel­mä­ßigen Arbeits­stätte. Die jüngste Recht­spre­chung des Bundes­fi­nanz­hofs (BFH) ändert nun diesen Begriff mit weit­rei­chenden Folgen.

Nur noch eine regel­mä­ßige Arbeits­stätte. Der BFH hatte in seinen Urteilen zur regel­mä­ßigen Arbeits­stätte bei mehreren Tätig­keits­stätten vom 9. Juni 2011  (VI R 55/10, VI R 36/10 und VI R 58/09) entschieden, dass ein Arbeit­nehmer statt wie bisher mehrere, nun nicht mehr als eine regel­mä­ßige Arbeits­stätte je Arbeits­ver­hältnis inne­haben kann (Recht­spre­chungs­än­de­rung des BFH). Das Bundes­fi­nanz­mi­nis­te­rium (BMF) hat diese Sicht­weise nun über­nommen und in einem entspre­chenden Schreiben veröf­fent­licht (BMF – Schreiben vom 15. Dezember 2011, IV C 5 – S 2353/11/10010). Hier­nach ist in der Regel von einer regel­mä­ßigen Arbeits­stätte auszu­gehen, wenn der Arbeit­nehmer auf Grund der dienst­recht­li­chen bzw. arbeits­ver­trag­li­chen Fest­le­gungen einer betrieb­li­chen Einrich­tung des Arbeit­ge­bers dauer­haft zuge­ordnet ist oder in einer betrieb­li­chen Einrich­tung des Arbeit­ge­bers arbeits­täg­lich, je Arbeits­woche einen vollen Arbeitstag oder mindes­tens 20 % seiner verein­barten regel­mä­ßigen Arbeits­zeit tätig werden soll (Progno­se­ent­schei­dung). Wird im Einzel­fall hiervon abwei­chend geltend gemacht, dass entspre­chend den Grund­sätzen der oben genannten Entschei­dungen des BFH eine andere betrieb­liche Einrich­tung des Arbeit­ge­bers eine regel­mä­ßige Arbeits­stätte ist oder keine regel­mä­ßige Arbeits­stätte vorliegt, ist dies anhand des inhalt­li­chen (quali­ta­tiven) Schwer­punktes der beruf­li­chen Tätig­keit nach­zu­weisen oder glaub­haft zu machen. Die Grund­sätze der Urteile sind in allen offenen Fällen allge­mein anzu­wenden.

Folgen. In Fällen, in denen bisher mehrere regel­mä­ßige Arbeits­stätten ange­nommen wurden, ist z.B. die Entfer­nungs­pau­schale nunmehr nur für Fahrten zwischen Wohnung und einer regel­mä­ßigen Arbeits­stätte anzu­setzen. Für die übrigen Fahrten können Werbungs­kosten nach den Grund­sätzen einer Auswärts­tä­tig­keit geltend gemacht werden. Bei der Besteue­rung eines Firmen­wa­gens kann dies durchaus vorteil­haft gegen­über der alten Recht­spre­chung mit mehreren Arbeits­stätten sein. So muss der Fahrt­an­teil mit dem Firmen­wagen für die Wege zwischen Wohnung und Arbeits­stätte grund­sätz­lich entweder pauschal oder per Fahr­ten­buch­me­thode versteuert werden. Falls der Arbeit­nehmer regel­mäßig unter­schied­liche Tätig­keitsorte ansteuert, so waren bisher diese Fahrten bei Annahme von mehreren regel­mä­ßigen Arbeits­stätten als geld­werter Vorteil aus der Firmen­wa­gen­nut­zung zu versteuern. Hat er nach neuer Recht­spre­chung nur noch eine regel­mä­ßige Arbeits­stätte, so sind die anderen Fahrten Stre­cken im Sinne einer Auswärts­tä­tig­keit, die bei Firmen­wa­gen­nut­zung nicht versteuert werden müssen.

Des Weiteren können grund­sätz­lich nun auch Reise­kosten einfa­cher steu­er­frei ersetzt werden. So können für Dienst­fahrten 0,30 Euro pro km steu­er­frei an den Arbeit­nehmer gezahlt werden. Dies gilt aber nicht für Fahrten zwischen Wohnung und regel­mä­ßiger Arbeits­stätte. Fährt folg­lich der Arbeit­nehmer morgens zu unter­schied­li­chen Tätig­keitsorten, so exis­tiert jetzt nur noch maximal eine regel­mä­ßige Arbeits­stätte. Die rest­li­chen Fahrten sind dann Dienst­fahrten im Rahmen einer Auswärts­tä­tig­keit, die dann (wenn auch teil­weise in Grenzen) steu­er­frei ersetzt werden können. Vor der Recht­spre­chungs­än­de­rung waren dies u.U. Fahrten zwischen Wohn- und Arbeits­stätte, die grund­sätz­lich nicht steu­er­frei vergütet werden konnten.

Fazit. Es zeigt sich, dass die neue Recht­spre­chung und die entspre­chende Anwen­dung durch das BMF steu­er­lich durchaus vorteil­haft für die Arbeit­nehmer sein kann. Man darf gespannt sein, wie sich die Anwen­dung in der Praxis entwi­ckelt und durch die Finanz­ver­wal­tung konkre­ti­siert wird.

Quelle: BMF – Schreiben vom 15. Dezember 2011, IV C 5 – S 2353/11/10010