
Die größten Stolpersteine bei der Unternehmensnachfolge – und wie Sie sie vermeiden
Die Unternehmensnachfolge entscheidet oft über die Zukunft eines Betriebs. Wir zeigen Stolpersteine auf und beleuchten verschiedene praxisnahe Lösungen.
Die Unternehmensnachfolge ist eine der größten und gerne unterschätzten Herausforderungen für Unternehmer. Wer mitten in den täglichen Abläufen steckt und sich mit seiner ganzen Energie dafür einsetzt, seine Firma nach vorne zu bringen, befasst sich häufig nur ungern mit Dingen wie Nachfolgeregelungen. Das ist jedoch ein Fehler. Denn die steuerlichen, rechtlichen sowie finanziellen Risiken im Zusammenhang mit der Nachfolge sind erheblich.
Für die Zeit des Übergangs benötigt jedes Unternehmen eine klar definierte Strategie. Und das ist unabhängig von der Größe und davon, ob es sich um einen kleinen Familienbetrieb oder einen Mittelständler handelt. Es lohnt sich, dieses Thema so früh wie möglich zu bearbeiten und Pläne für die Nachfolge vorzubereiten. Auf keinen Fall sollte ein solcher Prozess das Unternehmen vor eine Zerreißprobe stellen oder gar dessen Überleben gefährden. Was sind hier die gefährlichsten Fallstricke und wie lassen sie sich vermeiden? Wir geben einen Überblick über die wichtigsten Fragestellungen, die in diesem Zusammenhang auftauchen.
Häufige Fehler in der Planung
Aufgrund der hohen Komplexität ist die Unternehmensnachfolge ohne eine detaillierte Planung nicht zu bewältigen. Ein strategisches Vorgehen sichert den Erfolg. Eine Unternehmensübergabe findet jedoch nicht jeden Tag statt und häufig fehlen die Erfahrungswerte, wie sich ein solcher Prozess gestalten lässt. Dadurch ergibt sich ein großer Spielraum für Planungsfehler, die den Übergang erschweren oder sogar scheitern lassen können. Es ist also nützlich, sich die am häufigsten auftretenden Stolpersteine zu vergegenwärtigen, wenn Sie selbst vor einer solchen Aufgabe stehen
oder bald mit einer solchen konfrontiert sein könnten:
Planung zu spät vorgenommen
Jede Planung ist vermutlich besser als gar keine Planung. Es ist jedoch problematisch, wenn diese nicht frühzeitig erfolgt. Der klassische Fehler besteht darin, sich mit der Nachfolge zu beschäftigen, weil Sie es müssen. Das kann zum Beispiel ein Ruhestand sein, zu dem Sie plötzlich aus gesundheitlichen Gründen gezwungen sind. Sich erst jetzt mit dem Übergabeprozess zu befassen, ist in vielen Fällen bereits zu spät. Begreifen Sie die Unternehmensnachfolge besser als einen langfristigen Prozess. Sie sollten nicht in eine Situation geraten, in der Ihnen die Zeit davonläuft auf der Suche nach einem geeigneten Nachfolger. Die Einarbeitung in zahlreiche Themen wie etwa rechtliche und steuerliche Aspekte ist erforderlich und das kostet Zeit. Im Idealfall sollten Sie bereits Jahre vor dem eigentlichen Übergang mit der Planung begonnen haben. Leider ist das in der Praxis viel zu selten der Fall und die Unternehmer geraten in Zeitnot.
Unqualifizierter Nachfolger
Ein weiterer Fehler in der Planung besteht darin, mit den falschen Personen zu planen. Darunter ist zu verstehen, dass der vorgesehene Nachfolger eigentlich nicht über die notwendigen Qualifikationen verfügt, der Unternehmer sich darüber anfänglich aber nicht wirklich im Klaren ist. Problematisch können zum Beispiel Nachfolgeregelungen innerhalb der Familie sein, wenn keine anderen Gründe als die Familienzugehörigkeit für die Übernahme der Firma sprechen. Eventuell werden daher externe Lösungen nicht in Betracht gezogen, die besser geeignet wären.
Fehlende Strategie
Eine erfolgreiche Übergabe erfordert ein strukturiertes Konzept. Wenn dieses nicht vorliegt, ist das Scheitern des Prozesses schon beinahe sicher. Es fehlen häufig zum Beispiel klare Regelungen, wie in der Zeit des Übergangs die Verantwortlichkeiten im Betrieb aussehen sollen. Das führt zu Verunsicherung bei allen Beteiligten und kann den Prozess erheblich beeinträchtigen. Bei auftretenden Problemen fehlen dann häufig die Ansprechpartner.
Problematisch ist es auch, wenn Meilensteine fehlen und keine Übergangsfristen geregelt sind. Die Verunsicherung bei den Mitarbeitern, aber auch bei Kunden und Geschäftspartnern ist dann vorprogrammiert.
Keine oder fehlerhafte Unternehmensbewertung
Unternehmer haben häufig gerade bei KMU keine klare Vorstellung davon, was ihre Firma eigentlich wert ist. Sie können den Unternehmenswert nicht realistisch einschätzen und gehen eventuell von einem zu hohen Verkaufspreis aus. Möglich ist auch, dass die Marke oder der Kundenstamm sowie bestimmtes Know-how als immaterielle Werte nicht ausreichend Berücksichtigung finden. Eine Nachfolgeplanung kann aber nur sinnvoll erfolgen, wenn eine professionelle Unternehmensbewertung vorliegt. Hier kann die Zusammenarbeit mit externen Beratern hilfreich sein, um Klarheit zu erlangen. Wichtig ist die Bewertung als objektive Entscheidungsgrundlage zum Beispiel auch für Kaufpreisverhandlungen.
Unterschätzung der Komplexität der Aufgabe
Die Unternehmensnachfolge ist ein überaus komplexer Vorgang. Es sind viele rechtliche und steuerliche Fragestellungen damit verknüpft, die sich häufig nur mit erheblichem Aufwand klären lassen. Zu berücksichtigen ist zum Beispiel die Übertragung von Anteilen, damit es nicht zu unnötig hohen Steuerlasten kommt. Auch Erbstreitigkeiten sind möglich, die den Prozess der Übergabe beeinträchtigen könnten. Rechtliche Probleme und finanzielle Belastungen lassen sich nicht ausschließen, wenn eine entsprechende Planung fehlt. In vielen Fällen dürfte es daher erforderlich sein, externen Rat in Form von Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern sowie Rechtsanwälten hinzuzuziehen. Auch diese Berater müssen Sie so früh wie möglich in den Nachfolgeprozess integrieren.
Schlüsselpersonen nicht eingebunden
Es ist nicht ungewöhnlich, dass die Regelung der Unternehmensnachfolge im kleinen Kreis stattfindet. Das ist aber ein Fehler, weil Unternehmen eine Vielzahl an Stakeholdern haben, die alle auf die eine oder andere Weise einzubinden sind. Wer einsame Nachfolgeentscheidungen trifft, läuft Gefahr, dass Schlüsselpersonen für einen gelingenden Prozess ihre Aufgaben nicht zufriedenstellend erfüllen können. Hier richtet sich der Blick gerade auf die wichtigen Führungskräfte. Deren Erfahrung und Fähigkeiten sind häufig unerlässlich, um den Übergang reibungslos zu gestalten. Neben erfahrenen Mitarbeitern gilt das auch für langjährige Geschäftspartner und Kunden.
Fehlende Abgrenzung
Einer objektiven Planung der Nachfolge können gerade diejenigen im Weg stehen, die das Unternehmen über viele Jahre hinweg aufgebaut und von Anfang an begleitet haben. Die Gründer betrachten ihre Firma häufig als Lebenswerk, was es erschweren kann, objektive Entscheidungen zu treffen. Ein neutraler Blick von außen kann hier Wunder wirken und eine effektive Planung erst ermöglichen. Externe Berater können vor emotionalen Fehlentscheidungen bewahren und unterliegen bei ihren Empfehlungen keiner subjektiv verzerrten Wahrnehmung der Sachverhalte.
Rechtliche Fallstricke
Bei der Unternehmensnachfolge lauern gleich eine ganze Reihe von rechtlichen Fallstricken. Diese bedürfen einer näheren Betrachtung, weil die negativen Konsequenzen einer unzureichenden Planung erheblich sein können. Diese fangen bei steuerlichen Nachteilen an und reichen bis zu Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern und den Erben:
Fehlende Regelungen im Gesellschaftsvertrag
Sind an einem Unternehmen mehrere Gesellschafter und Investoren beteiligt, ergeben sich bei der Nachfolge schnell komplizierte juristische Sachverhalte. So ist es besonders wichtig, im Gesellschaftsvertrag klare Regelungen zur Nachfolge festzulegen. Hier sollte zum Beispiel zu finden sein, ob Anteile übertragbar sind und unter welchen Bedingungen.
Fehlende vertragliche Regelungen zur Nachfolge
Streitigkeiten über die Besitzverhältnisse, die zukünftige Unternehmensführung oder Zuständigkeiten treten gerade bei Personengesellschaften oder Familienunternehmen auf. Hier fehlt es schlicht an verbindlichen vertraglichen Regelungen. Gerade bei mehreren Erben oder Gesellschaftern kann das zu Konflikten führen. Im Idealfall sollten Unternehmen daher einen schriftlichen Nachfolgevertrag aufsetzen, der alle relevanten Punkte klärt.
Finanzierungsfragen sollten hier ebenso eine Beantwortung finden wie Fragen der Haftung oder des Eigentumsübergangs. Ideal ist auch eine Gesellschaftervereinbarung, die klare Aussagen dazu trifft, wer das Unternehmen weiterführen soll. Eine Überprüfung durch einen Notar ist hier in der Regel unverzichtbar.
Keine oder fehlerhafte Erbschaftsregelungen
Ein standardisiertes Testament dürfte in den allermeisten Fällen nicht ausreichen, um eine reibungslose Nachfolge zu gewährleisten. Zu den Fallstricken gehören hier vor allem die Erbschaftssteuer oder ungeklärte Eigentumsverhältnisse. Im Extremfall ist sogar eine Zerschlagung des Unternehmens möglich. Alles das kann passieren, wenn der Nachlass nicht geregelt ist. Die Lösung besteht im Aufsetzen eines Unternehmenstestaments. Dieses können Sie handschriftlich aufsetzen oder beim Notar beurkunden lassen. Steuerliche und erbrechtliche Aspekte sollten hier berücksichtigt sein, um eine geordnete Übergabe zu ermöglichen.
Hohe steuerliche Belastungen
Gerade die Unternehmensnachfolge kann erhebliche steuerliche Herausforderungen mit sich bringen. Dadurch können hohe finanzielle Belastungen entstehen, die eine weitere Entwicklung des Unternehmens erschweren und für die Nachfolger eine Hypothek darstellen. Hier ist zum Beispiel auch die Schenkungssteuer zu beachten. Eventuell kann sich eine Schenkung mit Nießbrauchsvorbehalt lohnen, bei der die Alteigentümer weiterhin Erträge aus dem Unternehmen beziehen. Dadurch lässt sich die Steuerlast häufig reduzieren. Für die optimale Nutzung von Steuerfreibeträgen wiederum lohnt sich eine schrittweise Übertragung der Geschäftsanteile. Diese kann beispielsweise über mehrere Jahre hinweg erfolgen. Dafür ist es notwendig, möglichst frühzeitig eine detaillierte steuerliche Planung vorzunehmen. Vielleicht sind auch Steuererleichterungen möglich wie etwa Steuerbefreiungen für Unternehmer bezüglich der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Das gilt es vorher von einem Steuerberater abklären zu lassen.
Nichtbeachtung arbeitsrechtlicher Konsequenzen
Bei einem Unternehmensübergang können schnell Probleme mit einzelnen Mitarbeitern oder auch dem Betriebsrat auftreten. Arbeitnehmer genießen in Deutschland umfangreiche Rechte und bei strukturellen Änderungen haben Betriebsräte häufig ein Mitspracherecht. Es ist daher essenziell, die Belegschaft frühzeitig einzubinden, um Konflikten und arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen vorzubeugen. Selbst wenn Sie einen rechtlich einwandfreien Übergang der Arbeitsverträge garantieren können, müssen Sie das auch in entsprechender Weise kommunizieren. Sonst entstehen Unsicherheiten und Widerstände gegen die Nachfolge, die eigentlich nicht notwendig wären.
Ungeklärte Haftungsfragen
Neben den Vermögenswerten übernimmt der Nachfolger natürlich auch Verbindlichkeiten sowie finanzielle Risiken. Diese gilt es im
Rahmen der Nachfolgeplanung genau zu ermitteln und transparent darzustellen. Sonst könnte es nach der Übernahme zu finanziellen Belastungen kommen, die nicht vorhergesehen waren und die eine weitere Entwicklung des Geschäfts beeinträchtigen. Ihr Nachfolger sollte aber im Idealfall nicht mit solchen unerwarteten Forderungen konfrontiert sein, wie sie zum Beispiel durch Kunden, Banken oder Lieferanten entstehen können. Vielleicht sollte auch eine Haftungsbegrenzung im Übernahmevertrag vorkommen, falls Altlasten übergeben werden. Um alle Risiken und Verpflichtungen rechtzeitig identifizieren zu können, ist eine Due Diligence unerlässlich.
Herausforderungen bei der Finanzierung der Nachfolge
Die rechtlichen und strategischen Herausforderungen sind bei der Unternehmensnachfolge bereits groß genug. Es kommen aber noch Herausforderungen finanzieller Natur hinzu, die durchaus das Potenzial haben, das Projekt zum Scheitern zu bringen. Ohne eine ausführliche finanzielle Planung gehen Sie große Risiken ein und gefährden Ihr Lebenswerk. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Frage, wie die Nachfolge zu finanzieren ist. Hier richtet sich der Blick vor allem auf den Kaufpreis und die Kapitalbeschaffung. Denn es ist eher unwahrscheinlich, dass der Nachfolger alles aus eigenen Mitteln finanzieren möchte. Sie sollten diese Frage so frühzeitig wie möglich klären, um den Übergang zu erleichtern.
Probleme entstehen bei der Finanzierung der Nachfolge zum Beispiel durch eine zu hohe oder unrealistische Kaufpreisforderung. Es können Schwierigkeiten bei der Kreditaufnahme auftreten und dem Nachfolger fehlt vielleicht schlicht das notwendige Eigenkapital. Zudem kann direkt nach der Übernahme gerade im ersten Jahr die Liquiditätslage eingeschränkt sein.
Erst einmal sollten Sie daher eine unabhängige Unternehmensbewertung durchführen lassen. Diese sollte idealerweise durch einen speziellen M&A-Berater erfolgen. Danach muss die Finanzierung der Unternehmensnachfolge sichergestellt werden. Hier kommen zum Beispiel Bankkredite oder Fördermittel infrage. Klassische Bankkredite sind aber nur verfügbar, wenn eine überzeugende Bewertung des Unternehmens vorliegt, ebenso wie Sicherheiten. Daher ist es so wichtig, dass Sie durch eine professionelle Bewertung eventuell auch durch einen Wirtschaftsprüfer zu einer objektiven Entscheidungsgrundlage gelangen. Die gewählte Bewertungsmethode muss passen und es sind zusätzlich immaterielle Faktoren wie die Marke oder die Kundenbeziehungen zu berücksichtigen.
Häufig sind bei der Unternehmensnachfolge auch Förderungen möglich. Diese bietet in Deutschland zum Beispiel die KfW an. Ebenfalls möglich ist eine gestaffelte Zahlung des Kaufpreises oder das sogenannte Earn-out-Modell. Bei Letzterem erfolgen die Zahlungen auf Basis des zukünftigen Unternehmenserfolgs. Damit lassen sich die finanziellen Risiken für den Nachfolger begrenzen. Überlegenswert sind auch Beteiligungsmodelle. So können Sie als Verkäufer weiterhin eine Teilbeteiligung am Unternehmen behalten. Damit lässt sich der Verkauf finanziell flexibler gestalten und der Kaufpreis senken. Möglich ist auch, dass sich Private-Equity-Firmen an der Kapitalbereitstellung beteiligen. Eine weitere Option besteht in einem Mitarbeiter- oder Management-Buy-out (MBO). Dieses Modell ist ideal, wenn sich unter den Führungskräften ein geeigneter Nachfolger finden lässt.
Fazit
Wenn es zur Unternehmensnachfolge kommt, entscheidet sich häufig die Zukunft des Unternehmens. Versäumnisse in der Planung ziehen nicht selten schmerzhafte Konsequenzen nach sich. Es lässt sich nicht ausschließen, dass die Firma insgesamt in Gefahr gerät und die Phase des Übergangs nicht übersteht. Es ist daher wichtig, sich mit dieser Frage frühzeitig zu beschäftigen. Denn plötzlich auftretende schwierige Lebensumstände wie etwa eine Krankheit können dazu führen, dass sofort eine Nachfolgeregelung gefunden werden muss. Es ist daher empfehlenswert, sich bereits ungefähr fünf bis zehn Jahre vor dem eigentlichen Übergang mit der Planung zu beschäftigen. Fertige Pläne mit Klärung der rechtlichen, steuerlichen und finanziellen Fragen sollten bereits heute ausgearbeitet in der Schublade liegen, damit Sie auf alle Eventualitäten vorbereitet sind.
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