So halten Unternehmer nicht nur die Buchführung in Schuss
Nach dem Sortieren der Steuerunterlagen liegt es nah: mal wieder Belege ausmisten. Dabei gelten klare Aufbewahrungsfristen – und feine Unterschiede zwischen privaten oder geschäftlichen Unterlagen.
Text: Midia Nuri
er gerade die Unterlagen für den Steuerberater zusammenstellt oder zusammengestellt hat und nicht mitten im Saisongeschäft steckt, sondern eher in einem Sommerloch: Jetzt wäre eine gute Gelegenheit, die Buchführung zu polieren. Belege auszumisten. Ordner zu sortieren. Das Ablagesystem zu überdenken. Und damit Platz im Regal zu schaffen sowie Zeit für die wirklich wichtigen Dinge zu gewinnen – zugleich aber auch mal wieder zu prüfen, ob in Sachen Buchhaltung und Aufbewahrung wirklich alles rechtlich sicher abläuft. Denn da kreuzen sich diese Themen schon, das Aufräumen und das Aufbewahren. Natürlich müssen auch Unternehmer ihre Unterlagen sortieren und von Zeit zu Zeit ausmisten, aber es gibt viel zu beachten, Aufbewahrungsfristen etwa mit Blick auf eine mögliche Betriebsprüfung und die so wichtigen Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und Datenverarbeitung (GoBD). Bei manchen rein privaten Unterlagen sollte ebenso gut überlegt werden, was weg kann und was man doch noch brauchen könnte, selbst ohne vom Fiskus vorgeschriebene Gründe. Also: Der Sommer bietet sich durchaus zum Aufräumen und Umorganisieren an, aber bitte mit Sinn und System.
Was vom Tage übrig bleibt: mal wieder ausmisten
Ausmisten ist eine wunderbare Angelegenheit. Plötzlich stehen wieder ganze Regalmeter oder Ecken in Büro und Lagerraum zur Verfügung. Es gibt mehr Platz und damit auch gefühlt mehr Luft und neue Energie für weitere Taten. Das jedenfalls ist vereinfacht gesagt der Gedanke hinter Ordnungssystemen für die Gestaltung von Räumen, etwa dem chinesischen Feng- Shui, nach dem hierzulande manches Unternehmen seine Firmenräume designen lässt. Aber auch abseits spezieller Regeln ist seit Jahren ein Boom im Markt rund ums Ausmisten und Aufräumen entstanden. Aus gutem Grund: Gewisse Strukturen helfen – privat wie geschäftlich. Sehr im Trend liegt seit Jahren, was die japanische Aufräumexpertin Marie Kondo („Magic Cleaning. Wie Wohnung und Seele aufgeräumt bleiben“) empfiehlt. Ihre einfache Regel fürs magische Ausmisten: Kleider, Bücher, Papiere und Unterlagen, Kleinkram und Erinnerungsstücke und zum Schluss die Küche. Warum genau in dieser Reihenfolge? „It’s magic“, sagt Kondo – das ist Magie.
Unternehmer sollten die Magie der freien Flächen – anders als von Aufräumexpertin Kondo empfohlen – ruhig als Erstes für Büro und Buchhaltung nutzen und dann, falls noch Zeit bleibt, für ihre ebenfalls meist zahlreichen privaten Unterlagen. Denn da sind auf jeden Fall immer Dinge zu erledigen. Wer gerade sowieso die Unterlagen für den Steuerberater zusammengestellt hat, befindet sich hierbei natürlich in einer besonders guten Startposition fürs Ausmisten und Aufräumen.
Von Fristen – was Unternehmer beachten müssen
Die gesetzliche Grundlage, die für Firmenchefs beim Ausmisten der Buchhaltung gilt, ist klar: Handels- und Steuerrecht geben Aufbewahrungsfristen vor, an die sie sich halten müssen – in der Regel sechs Jahre oder zehn Jahre. Geht eine Rechnung verloren, die ein Betriebsprüfer noch Jahre später sehen wollen könnte, weil sie die Rechtmäßigkeit eines Betriebsausgaben- oder Vorsteuerabzugs belegt, würde das teuer. Unternehmer sollten, bevor sie steuerlich relevante Unterlagen wegwerfen, sicherheitshalber den Steuerberater fragen, welche Aufbewahrungsfrist dafür gilt. Denn die ist nicht immer ganz einfach zu berechnen – sie beginnt nicht mit dem Ablauf des genannten Jahres, sondern „stets mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Eintragungen, Änderungen oder Handlungen in den jeweiligen Unterlagen vorgenommen wurden beziehungsweise Handelsbriefe empfangen oder abgesandt worden sind.“ Und bei Vertragsunterlagen nach Ablauf des Vertrags. Wer es richtig machen will, bewahrt Unterlagen also im Zweifel ein oder zwei Jahre länger auf. Über Details informiert der Steuerberater.
Der Privatkram – kein Kleinvieh
Und dann gibt es natürlich den Privatkram. Beim Ausmisten empfiehlt sich auch und gerade Unternehmern ein tiefer Blick in ihre privaten Unterlagen, etwa die Versicherungsunterlagen. Der jährliche Wechseltermin für die private Kfz-Versicherung zum November etwa ist nicht so weit entfernt, wie es klingt. Man sollte ihn im Kalender notieren. Und sich beizeiten über das Thema Auto hinaus generell fragen: Passt mein Versicherungsschutz noch, ist er sinnvoll? Das betrifft – für gesetzlich ebenso wie privat Versicherte – neben der Kranken- und Pflegeversicherung inklusive Zusatzversicherungen auch Haftpflicht- und Hausratversicherung. Zur Absicherung dringend empfehlenswert ist auch eine Berufsunfähigkeitsversicherung und für alle, die eine Familie abzusichern haben, eine Risikolebensversicherung – falls noch nicht geschehen, sollten Unternehmer hierfür bald Angebote einholen. Und dabei auch gezielt danach fragen, ob diese so gestaltet sind, dass die Beiträge steuerlich abzugsfähig sind. Der Steuerberater weiß, worauf Unternehmer dabei achten müssen.
Alle Versicherungen an Bord?
Bei der Gelegenheit sollten Unternehmer auch checken, ob der Schutz in der gesetzlichen Unfallversicherung auch sie einschließt – dies nötigenfalls jetzt zusätzlich abzuschließen, ist günstig und lohnt meistens. Sinnvoll kann eine Auslandsreiseversicherung für Familien sein – spätestens wenn die Kinder auf Klassenreise ins Ausland fahren. Zudem gilt es zu prüfen, ob Risiken doppelt abgesichert sind, etwa durch Kfz-Auslandsservice-Police und sowie die Mitgliedschaft im Automobilclub. Bei wichtigen Policen wie Haftpflicht-, Hausrat- oder Wohngebäudeversicherung muss geklärt werden, ob der Schutz ausreicht, und gegebenenfalls angepasst werden. Manche Policen wie Handy- oder Laptop-Versicherung sollten darauf geprüft werden, ob sie überhaupt sinnvoll sind. So ein Policen-Update kann Geld sparen und die Absicherung verbessern.
Diese Unterlagen bleiben – Aufbewahrungsfrist hin oder her
Bei privaten Unterlagen gelten andere Aufbewahrungsfristen als bei den geschäftlichen Unterlagen. Während sie für betriebliche Belege immer mindestens sechs oder zehn Jahre betragen, müssen auch Unternehmer die im Privatbereich anfallenden steuerrelevanten Belege nur zwei Jahre lang aufbewahren – plus Puffer für offene Steuerbescheide. Aber es gibt private Unterlagen, die länger, wenn nicht gar lebenslang aufbewahrt werden sollten. In steuerlichen Zweifelsfällen sollten Unternehmer ihren Steuerberater fragen, was gilt, und im Zweifel die jeweils längere Frist beachten. Darüber hinaus sollten Sie bei der Aufbewahrung ihrer privaten Unterlagen noch folgende Punkte beachten.
Private Versicherungsunterlagen
Versicherungsscheine insbesondere laufender Versicherungen müssen im Ordner bleiben. Wichtig ist der Versicherungsvertrag sowie jede daran vorgenommene Änderung – und mit Blick auf Kranken- oder auch Berufsunfähigkeitsversicherungen eine Kopie des eingereichten Gesundheitsfragebogens oder sonstiger gemachter Angaben. Aber vielleicht nicht jede Beitragsrechnung über die Aufbewahrungsfrist hinaus.
Arztrechnungen
Ansonsten sollten Unternehmer gerade im privaten Bereich unabhängig von gesetzlichen Aufbewahrungsfristen manchen Beleg bewusst nicht aussortieren, auch wenn der Rechnungsgegenstand womöglich schon lang vergessen ist. Behalten sollten sie etwa Rechnungen über Arztleistungen – zumindest für die Dauer der Gewährleistungsfrist, also drei Jahre. Aber es kann sich lohnen, gerade solche Rechnungen unbegrenzt zu behalten. Abwägen sollten Unternehmer dabei, dass sie Schadenersatzansprüche bis zu 30 Jahre später einklagen können, falls ein Schaden aus einer Behandlung entsteht – natürlich nur, wenn sie die Rechnung noch haben. Sie zu behalten, ist auch nach einer erfolgreichen Behandlung auf Verdacht ratsam: Weiß man, ob nicht das womöglich neuartige Material von dem einen Zahnimplantat oder Gelenk sich Jahre später als gesundheitsschädlich herausstellt? Oder eine bestimmte Behandlungsmethode oder Indikationsstellung als fahrlässig, weil gesundheitsschädlich oder auch nur unnütz, aber belastend? Gesundheitliche Schäden können noch nach Jahren auftreten – wer bei einer unklaren Diagnose einen Blick in alte Arztrechnungen werfen kann, hilft vielleicht später auch einem behandelnden Arzt, die richtige Diagnose und Behandlungsmethode zu finden.
Werkstattrechnungen und teure Geräte
Auch Rechnungen der Autowerkstatt sollten Unternehmer wegen der Gewährleistungsansprüche mindestens zwei Jahre behalten – oder solange die Gewährleistung läuft. Rechnungen von teuren Geräten sollten auch darüber hinaus auf keinen Fall weg – bei einem Schaden oder Einbruchdiebstahl will die Hausratversicherung für die Wertermittlung meist die Originalrechnungen sehen. Aufbewahren lohnt sich also auch hierbei.
Spar- und Kreditunterlagen
Spar- und Kreditunterlagen sollten Verbraucher aufheben, solange der Vertrag läuft. Kontoauszüge gelten für regelmäßige Auszahlungen bis zu vier Jahre als Beweismittel, für unregelmäßige Zahlungen bis zu zwei Jahre. Betriebliche Kontoauszüge sind selbstverständlich länger aufzubewahren. Und bevor sie private Kontoauszüge schreddern, sollten Unternehmer sich beim Steuerberater rückversichern. Der wird mit Blick auf die übliche Prüfpraxis bei einer Betriebsprüfung – Stichwort Barmittelrechnung – Unternehmern und auch deren Ehegatten wahrscheinlich zu längerer Aufbewahrung raten.
Finanzamtsangelegenheiten
Was das Finanzamt betrifft, können normale Schreiben oder Zahlungsaufforderungen weg, wenn sie erledigt sind – ein Hinweis auf Einkommensteuervorauszahlung ist nicht aufzubewahren. Steuerbescheide dagegen sollten Sie behalten. Eine Verpflichtung dazu besteht nicht, für Unterhaltszahlungen oder Kreditanträge aber ist zumindest der jüngste Steuerbescheid wichtig.
Unterlagen rund um Rentenansprüche
Eventuelle Lohnzettel sowie Renteninformationen beider Partner sollten generell auch Unternehmer in einem großen Ordner aufbewahren – und nicht wegwerfen. Sie gehören nicht in den Müll – am besten bis nach Beginn der Rente. Denn die Daten sind zwar bei den Rentenversicherungsträgern gespeichert, aber falls auf deren Computern doch mal Daten verloren gehen, wären diese Belege ein Beweis, wie lange wo gearbeitet wurde. Und außerdem sollen sich auch Ämter gelegentlich mal vertun. Um mögliche Fehler in der Berechnung später nachweisen zu können, müssen Unternehmer die Daten selbst natürlich auch behalten.
Lebensabschnittsverträge und -urkunden
Ein Leben lang aufbewahren sollte jeder seine Impfausweise sowie auch Zeugnisse, Geburts- und Heiratsurkunden sowie Abgangs- und Ausbildungsabschlusszeugnisse jeder Art. Am besten in einem eigenen Ordner.
Kassensturz ist auch mitten Jahr sehr sinnig
Immer gilt: Nach der Steuererklärung ist vor der Steuererklärung. Wer schon die ans Finanzamt zu übermittelnde Abrechnung vom Steuerberater bekommen oder sie Ende Mai noch selbst bei Elster aufgerufen hat und die Zeit erübrigen kann, sollte einen ersten Kassensturz für das laufende Jahr erstellen. Wer gerade im Saisongeschäft steckt, kann sich das für den Spätsommer oder Herbst vornehmen – gerade wenn der Steuerberater nicht die Buchhaltung erledigt und so von sich aus laufend auf Gestaltungsmöglichkeiten hinweist. Es lohnt sich. Wer seine finanzielle Lage zeitnah möglichst genau überblickt, kann mit genügend Zeit vor Jahresende optimal die Steuerlast gestalten, etwa durch vorgezogene oder noch mal verschobene Betriebsausgaben, Investitionsabzugsbeträge sofern möglich oder auch im privaten Bereich durch geschickt getimte Ausgaben für Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen. Ist abzusehen, dass hier einiges ansteht, lässt sich durch Bündelung der Kosten in einem Jahr ein höherer Steuerabzug erzielen. Der Steuerberater kann hierzu detailliert beraten – und wertvolle Tipps für Vorhaben und auch Timing geben sowie auch Vorschläge für die Finanzierung machen.
Und jetzt den Rest der Aufräum-Magie
Und wer sich jetzt im ordentlichen Büro richtig von der Aufräumwut gepackt fühlt, sollte ruhig weiter ausmisten. Ungelesene Fachartikel und -Bücher können weg. Auch Ersatzkabel – insbesondere wenn die dazugehörigen Geräte nicht mehr in Gebrauch oder nicht mehr mit aktueller Hardware kompatibel sind. Sehr beliebt: Telefonkabel. Auch Gebrauchsanleitungen für Geräte, die womöglich schon vor Jahren ausrangiert wurden – im Büro wie zu Hause – können weg. Defekte Gegenstände und Objekte sollten Unternehmer ebenfalls beherzt aussortieren. Im E-Mail-Programm und in Dateiverzeichnissen ist regelmäßiges Ausmisten immer hilfreich. Wichtig ist übrigens, Unterlagen stets sorgfältig zu vernichten und den Müll sachgerecht zu entsorgen, beispielsweise auf dem Wertstoffhof.
Wer damit durch ist, kann darangehen, den Rest der Magie zu vollbringen. Die besteht ganz vereinfacht darin, nicht darüber nachzudenken, was weg darf und soll – wie es bei der Buchhaltung durchaus sinnvoll ist –, sondern lieber zu überlegen, was man behalten will. Und alles andere wegzuwerfen. In der magischen Reihenfolge: Kleider, Bücher, Papiere und Unterlagen, Kleinkram und Erinnerungsstücke und zum Schluss noch die Küche auszumisten. Jetzt oder halt zwischen den Jahren, wenn zeitlich das nächste Mal wieder etwas mehr Luft ist.
Bei Fragen sprechen Sie uns gerne an.
Quelle: www.trialog-unternehmerblog.de, Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg