Umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Unterbringung von Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylbewerbern
Zur angemessenen Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern, mieten immer mehr Städte und Gemeinden Unterkünfte. Die verschiedenen Vertragsvarianten führen zu vielen umsatzsteuerlichen Fragen.
Immer mehr Bürgerkriegsflüchtlinge und Asylbewerber kommen nach Deutschland. Um diese angemessen unterbringen zu können, mieten immer mehr Städte und Gemeinden Unterkünfte an oder schalten Privatunternehmen bei der Beherbergung ein. Die Unterbringung erfolgt in unterschiedlichen Vertragsvarianten wie Mietverträgen, Beherbergungsverträgen, Belegungsvereinbarungen oder Rahmenverträgen. Diese verschiedenen Vertragsvarianten führen zu vielen umsatzsteuerlichen Fragen, die das Bayerische Landesamt für Steuern vom 11.2.2015 in einer umfassenden Verfügung klärt.
Grundsätze der Verfügung
Die Verfügung sieht als Weichenstellung eine Prüfung vor, ob die Räume an die öffentliche Hand unmittelbar vermietet werden oder ob nur ein Rahmenvertrag oder eine Belegungsvereinbarung geschlossen wird. Hierbei kann die öffentliche Hand nicht wie ein Mieter oder Besitzer über die Räumlichkeiten verfügen, sondern es werden lediglich die Modalitäten einer möglichen Belegung durch Flüchtlinge oder Asylbewerber geregelt.
Langfristige Mietverträge
Das Bayerische Landesamt für Steuern differenziert bei langfristigen Verträgen, das heißt einer Vertragsdauer von mehr als 6 Monaten, zwischen der ausschließlichen Wohnraumüberlassung und der Wohnraumüberlassung mit der Erbringung weiterer Dienstleistungen. Die ausschließliche Wohnraumüberlassung erfolgt nach der Verfügung umsatzsteuerfrei, ohne die Möglichkeit zur Option, die Umsätze steuerpflichtig zu behandeln, da die Verwendung als Flüchtlings- bzw. Asylbewerberunterkunft dem hoheitlichen (nicht unternehmerischen) Bereich zuzuordnen ist.
Werden neben der Wohnraumüberlassung weitere Dienstleistungen erbracht, ist nach der Verfügung zu prüfen, ob diese zusätzlich erbrachten Dienstleistungen als Nebenleistung zur Vermietungsleistung oder als eigenständige, gesondert zu beurteilende Leistungen wie die Mietvermietung von Einrichtungsgegenständen zu bewerten sind. So kann eine einfache Standardmöblierung (je Person ein Bett, ein Stuhl, ein Schrank, ein Tisch je Zimmer, ggf. Gemeinschaftsküche) noch als Nebenleistung zur steuerfreien Vermietung angesehen werden.
Verpflegungsleistungen unterliegen hingegen als eigenständige Leistungen stets dem Regelsteuersatz. Werden weitere Dienstleistungen zusätzlich zur Vermietung wie Einteilung der Zimmer, Bereitstellung der Einrichtungsgegenstände sowie der Wäsche, Verpflegung der Flüchtlinge, Waschdienst, Raumpflege, Sicherheitsdienst oder Anwesenheitskontrolle erbracht, dann handelt es sich um einen Vertrag besonderer Art. Ein solcher Vertrag mit der Folge der Anwendung des Regelsteuersatzes ist anzunehmen, wenn die Gebrauchsüberlassung des Grundstücks gegenüber den anderen wesentlicheren Leistungen zurücktritt und das Vertragsverhältnis ein einheitliches, unteilbares Ganzes darstellt.
Kurzfristige Mietverträge (Beherbergungsverträge)
Die Vermietung von Räumen zur Beherbergung von Flüchtlingen und Asylbewerbern für eine Dauer von bis zu sechs Monaten unterliegt dem ermäßigten Steuersatz von derzeit 7 %. Zusätzliche Dienstleistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, unterliegen dem Regelsteuersatz von 19 %.
Sonderfall Rahmenverträge/Belegungsvereinbarungen
Ein Rahmenvertrag begründet noch kein konkretes umsatzsteuerliches Leistungsverhältnis, sondern legt nur die einheitlichen Rahmenbedingungen für eine Vielzahl von noch abzuschließenden Einzelmietverhältnissen zwischen dem Betreiber und der öffentlichen Hand fest.
Das jeweilige Einzelmietverhältnis wird erst durch die tatsächliche Unterbringung durch Einweisung der unterzubringenden Person begründet. Der durch die Einweisung geschlossene Einzelmietvertrag unter den Bedingungen des schriftlichen Rahmenvertrags ist ein Vertrag zugunsten Dritter, nämlich der untergebrachten Person. Für die Beurteilung der Einzelmietverträge werden damit die Bestimmungen des Rahmenvertrags entscheidend. Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung richtet sich nach der späteren tatsächlichen Umsetzung der Vereinbarung.
Bei einer Unterbringung im Bedarfsfall mit einer geplanten Dauer von bis zu sechs Monaten wie bei einer Notunterkunft oder nur saison- oder wetterbedingten Nutzung greift der ermäßigte Steuersatz für Beherbergungsleistungen. Eventuelle Zusatzleistungen unterliegen hingegen dem Regelbesteuerungssatz. Bei einer Unterbringung im Bedarfsfall mit einer geplanten Dauer von über 6 Monaten gelten die gleichen Grundsätze wie bei den o. g. langfristigen Mietverträgen.
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