Computermäuse – Schluss mit dem Schmerz
Wer viel am Rechner arbeitet, zwingt seine Finger, Hände und Arme dauernd zu Höchstleistungen. Ergonomisch geformte Mäuse verhindern chronische gesundheitliche Probleme. Manchmal lohnt sich sogar der Einsatz von Fußpedalen.
Autor: Angelika Knop
Gisela Schramowski steckte mitten in einem großen Projekt. Seit drei Monaten hatte die selbstständige Web-Entwicklerin in Zeitlarn bei Regensburg täglich viele Stunden am Computer gesessen, auch an den Wochenenden. „Da kamen plötzlich wie aus heiterem Himmel diese Schmerzen“, erinnert sie sich an jenen Tag im Juli 2012. „Am rechten Unterarm beim Handgelenk, wo man den Puls misst, tat jede Berührung weh.“ An dieser Stelle lag ihr Arm auf der Tischkante, wenn sie die Computermaus bediente.
Also polsterte sie das Handgelenk mit einer dicken Frotteesocke. Doch dies linderte nur den Druckschmerz. Immer wenn das Grafikprogramm einen Mausklick erforderte, zog es weiter in ihrer Unterarmsehne. Gisela Schramowski konnte so kaum arbeiten, aber sie musste den Auftrag erfüllen. Daher suchte sie Rat im Internet und stellte selbst die Diagnose: Sie hatte einen „Mausarm“ – die vermutlich häufigste Variante des RSI-Syndroms.
Büroarbeit ist oft Stress pur. RSI ist die Abkürzung für Repetitive Strain Injury, eine Erkrankung durch wiederholte Belastung. Für den Körper ist die Arbeit mit einer herkömmlichen Computermaus nämlich purer Stress. Von Natur aus hängen unsere Arme entspannt seitlich am Körper. Beim Tippen oder Klicken allerdings strecken wir sie um 90 Grad verdreht nach vorne. Wir halten die Hände unter ständiger Anspannung im Gelenk nach oben geknickt und bewegen die Finger. Dabei leistet der Zeigefinger an der Maus Schwerstarbeit: mehrere Hundert oder sogar Tausend Klicks am Tag. Irgendwann kann es deshalb in den Fingern, im Handgelenk, im Arm oder auch am Ellenbogen anfangen zu kribbeln, zu zwicken oder zu schmerzen, weil die Muskeln, Sehnen, Gelenke oder Nerven massiv gereizt oder verletzt sind. Wenn die Hand die Maus weit weg vom Körper führt, verspannen sich oft auch Schulter und Nacken. Wer das ändern oder besser gleich vermeiden will, muss die Ursache bekämpfen: die falsche Arbeitshaltung und -belastung. Gisela Schramowski bestellte im Internet ein Gel-Mauspad, um den schmerzenden Arm weich zu lagern und den unnatürlichen Knick im Handgelenk zu vermeiden. In einem Elektronikmarkt kaufte sie „nach mindestens einer Stunde Probieren“ eine Gamer-Maus für Computerspiele, bei der alle Finger bequem aufliegen und die Hand im 45-Grad-Winkel besser entspannen kann. Nach drei Wochen waren ihre Beschwerden weitgehend verschwunden. Aber da die Freiberuflerin manchmal noch ein Druckgefühl an der Auflagestelle hat, will sie auch eine explizit ergonomische Maus ausprobieren, von denen manche umfasst werden wie ein Steuerknüppel.
Ergonomie hat ihren Preis. „Die eine ergonomische Maus, die zu jedem Menschen passt, gibt es nicht“, sagt Kaprel Demircioglu. „Je nach Anwendung und Beschwerdebild können sich ganz unterschiedliche Varianten anbieten, das muss jeder selbst ausprobieren.“ Und oft, so der Frankfurter Ergonomieberater, ist mehr als nur eine neue Maus erforderlich, um gesundheitliche Schäden zu verhindern: „Ich sehe mir immer den ganzen Arbeitsplatz an und suche mit dem Kunden nach einer Gesamtlösung.“ Vom Licht bis zum Stuhl kann alles eine falsche Arm- oder Handhaltung begünstigen. Unter anderem muss der Schreibtisch die richtige Höhe und Tiefe haben, damit die Unterarme ganz aufliegen und die Schulter entspannt ist. Armlehnen am Stuhl oder aufsteckbare, bewegliche Armstützen an der Tischplatte erfüllen den gleichen Zweck.
„Und man sollte immer so körperzentriert wie möglich arbeiten – also am besten mit der Maus vor dem Bauch“, rät Demircioglu. Kabelsalat könne eine Bluetooth-Verbindung vermeiden. Oder eine ergonomische Tastatur, die sich in umgekehrter V-Form aufklappen lässt und in der Mitte Platz für die Maus bietet. „Leider kommen die meisten Kunden erst zu mir, wenn sie schon Beschwerden haben“, bedauert der Ergonomieberater. „Präventiv wird selten etwas getan – weder von Einzelpersonen noch von Betrieben.“ Das hat oft fatale Auswirkungen: Ohne Gegenmaßnahmen kann der Schmerz chronisch werden und lässt dann auch in Arbeitspausen nicht mehr nach.
Die Investition lohnt sich. So weit wollte es Michael Spiegler weder für sich noch für seine Beschäftigten kommen lassen. Der Chef der Druckerei Michael Spiegler im hessischen Bad Vilbel hat daher die Arbeitsplätze in Grafik und Verwaltung mit ergonomischen Mäusen ausgestattet. Seine Angestellten hatten zwei Modelle zur Wahl. „Jetzt haben wir Wellness im Büro“, freut sich Spiegler. Die Geräte kosteten zwar rund das Fünffache ihrer Vorgänger, bieten aber auch mehr Funktionen. Spiegler selber hat sich gleich in seine neue Maus verliebt. Ein dritte Taste erspart ihm das Scrollen – und auch das gelegentliche Ziehen im Unterarm ist verschwunden. Für den Firmenchef der beste Beweis, dass sich so eine Ausgabe lohnt: „Wir investieren gern in die Gesundheit unserer Mitarbeiter. Erstens ist uns an ihrem Wohl gelegen und zweitens rentiert sich das, wenn dann keiner wegen eines Mausarms zu Hause bleiben muss.“
DIE WICHTIGSTEN TIPPS FÜR DIE BÜROARBEIT
So wirken Sie gesundheitlichen Problemen durch eine falsche Haltung entgegen
Abwechslung schaffen: Benutzen Sie die Maus nur dann, wenn keine Tastaturbefehle möglich sind. Steuern Sie die Maus zwischendurch mit der anderen Hand. Betreiben Sie
unterschiedliche Mäuse an einem Rechner, um Ihren Fingern etwas Abwechslung zu verschaffen.
Belastung verringern: Führen Sie die Maus möglichst vor Ihrem Körper. Wählen Sie im Menü eine hohe Geschwindigkeit für einen kleineren Bewegungsradius. Programmieren
Sie Tasten mit den für Sie wichtigsten Befehlen, um etwa Doppelklicks zu vermeiden.
Arbeitsplatz anpassen: Stellen Sie Stuhl, Tisch und Bildschirm so ein, dass Ihre Unterarme ganz aufliegen und die Oberarme dazu einen 90-Grad-Winkel bilden. Falls nötig, sollten Sie sich eine Investition in neue Möbel gönnen.
Computermaus austauschen: Testen Sie ergonomische Modelle, und probieren Sie, wie diese Mäuse sich durch Handauflagen ergänzen lassen, die sogenannten Gelpads. Viele Händler bieten dafür Probebestellungen oder Verleih an.
Alternativen ausprobieren: Ersetzen lässt sich die Maus durch Touchpad, Trackball, Stift oder Griffel mit oder ohne Tablett, beidhändig zu bedienende Rollstäbe an der Tastatur, Software zur Spracherkennung und sogar Fußpedale.
Ans Betriebssystem denken: Nicht jede Maus funktioniert mit Mac und Linux. Oft sind Funktionen eingeschränkt, häufig lassen sie sich auch gar nicht programmieren. Manchmal müssen dafür eigens Treiber aus dem Netz geladen werden.
Verspannungen vermeiden: Machen Sie während der Arbeit regelmäßige Pausen für Dehn- und Kräftigungsübungen sowie Entspannung.
Informationen: Mehr erfahren Sie unter www.rsi-syndrom.de und www.ergo-online.de.
Quelle: TRIALOG, Das Unternehmermagazin Ihrer Berater und der DATEV, Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg, Ausgabe 03/2013