Diversität im Top-Management
Unternehmen suchen immer nach Möglichkeiten, ihre Rentabilität und ihre langfristige Wertschöpfung zu verbessern und insgesamt geschäftlich erfolgreicher zu sein. Mit der Diversität ergibt sich ein weiterer Punkt, an dem sie dafür ansetzen können. Im Rahmen verschiedener Untersuchungen ließ sich in den vergangenen Jahren weltweit zeigen, dass ein Zusammenhang zwischen der Vielfalt in einem Betrieb und dessen Wahrscheinlichkeit zur Outperformance besteht. Und dieser Zusammenhang scheint gerade beim Top-Management stark ausgeprägt zu sein.
Wir geben Ihnen in diesem Artikel einen Überblick über Studien in diesem Bereich und zeigen auf, warum es sich auch in Ihrem Unternehmen lohnen könnte, in Vielfalt zu investieren und im Führungsteam bisher unterrepräsentierte Gruppen zu stärken.
Was ist Diversität eigentlich genau?
In jeder Firma besteht bis zu einem gewissen Grad eine Vielfalt an kulturellen, ethnischen und sozialen Verhältnissen und in allen Betrieben arbeiten Frauen und Männer gemeinsam am Erfolg der Unternehmung. Die Frage ist jedoch, wie stark diese verschiedenen Gruppen Gleichberechtigung erfahren und inwiefern sie zum Beispiel im Top-Management repräsentiert sind. Das Diversity-Management beschäftigt sich daher mit der Frage, inwiefern sich alle Mitarbeiter einbeziehen lassen und wie sich eine bessere Gleichbehandlung erzielen lässt.
Wenn wir von einer hohen Diversität sprechen, ist damit gemeint, dass ein Unternehmen Personen einstellt, die sich hinsichtlich bestimmter Merkmale unterscheiden. Zu nennen sind vor allem diese:
- Geschlecht
- Religion
- Alter
- Herkunft
Auch Behinderungen oder die sexuelle Orientierung können hier eine Rolle spielen. Wenn in einem Betrieb eine hohe Diversität herrscht, bringen die Mitarbeiter einen vielfältigen Hintergrund mit und beteiligen sich gemeinsam an der Erreichung der Unternehmensziele.
Diversität lässt sich am einfachsten mit den Begriffen Vielfalt und Verschiedenheit übersetzen. Eine diverse Belegschaft zeichnet sich also dadurch aus, dass die Mitarbeiter eben nicht gleich sind, sondern sich bezüglich verschiedener Merkmale unterscheiden. In der Alltagssprache verwenden wir den Begriff meist im Sinne der Forderung, dass wir Menschen trotz ihrer Unterschiedlichkeit alle gleich behandeln.
Wer Diversity praktiziert, sorgt also dafür, dass niemand eine Benachteiligung erfährt: Wir wissen, dass die Menschen unterschiedlich sind und dennoch behandeln wir jeden gleich und können ihn vorurteilsfrei wertschätzen. Der Diversity-Ansatz ist dabei keinesfalls neu, sondern hat seinen Ursprung bereits in den 1960er-Jahren in den USA und hier gerade in den Frauen- und Bürgerrechtsbewegungen.
Der Zusammenhang zwischen Diversität und Erfolg ist lange bekannt
Dass ein Zusammenhang zwischen der Diversität und dem Geschäftserfolg besteht, haben Untersuchungen bereits früh zeigen können. McKinsey hat beispielsweise im Jahr 2015 in der Studie „Why Diversity Matters“ und darauf aufbauend im Report „Delivering through diversity“ aus dem Jahr 2018 Belege dafür gefunden, dass eine Korrelation zwischen der Diversität und der Performance besteht und das weltweit. Damals wurden 1.007 Unternehmen aus zwölf Ländern untersucht. Diese Studie konnte also bereits auf große Datensätze zurückgreifen und deutlich aufzeigen, dass es sich für die Betriebe lohnt, dem Thema Vielfalt eine hohe Bedeutung beizumessen. Es wurde sogar untersucht, an welcher Stelle in der Organisation die Diversität besonders wirksam ist.
In Hinblick auf die Geschlechtervielfalt beispielsweise lässt sich sagen, dass diese gerade in Führungsetagen ihre größte positive Wirkung entfaltet. In Bezug auf Datensätze aus dem Jahr 2017 konnte McKinsey ermitteln, dass Unternehmen mit der größten Geschlechtervielfalt auf der Führungsebene mit einer Wahrscheinlichkeit von 21 Prozent eine bessere EBIT-Marge erzielen als der Wettbewerb.
Vorteile ergeben sich auch in Hinblick auf die langfristige Wertschöpfung. Ein höherer Frauenanteil bei den Leitungsfunktionen erhöht die Wahrscheinlichkeit für eine Outperformance deutlich. Die Autoren weisen auch darauf hin, dass Untersuchungen in der Vergangenheit gezeigt hätten, dass Frauen eher in Stabsfunktionen zu finden seien. Es hätten also solche Unternehmen einen Vorteil, die den Anteil von Frauen bei den Leitungsfunktionen bereits erhöhen konnten.
Neben der Geschlechtervielfalt ist auch die ethnische und kulturelle Vielfalt zu betrachten. Und auch hierzu treffen die Autoren von McKinsey eine klare Aussage. Unternehmen mit der höchsten Diversität in diesem Bereich gelingt es mit einer Wahrscheinlichkeit von 33 Prozent ihre Konkurrenten bei der Rentabilität zu übertreffen.
Positive Korrelationen zwischen Diversität und Erfolg sind demnach bei den Führungskräften und auch beim Vorstand und Aufsichtsrat der Gesellschaft zu erkennen. Die Autoren weisen auch darauf hin, dass hier nicht nur die bessere absolute Repräsentation von Minderheiten eine Rolle spielt. Vorteile ergeben sich auch durch eine höhere Vielfalt und Durchmischung der in den Teams vorhandenen Ethnien.
Die Autoren weisen an mehreren Stellen ihres Berichts darauf hin, dass die positiven Auswirkungen der Diversität gerade bei den Führungsteams erkennbar seien. Untersuchungen in diesem Bereich zeigen also schon lange, dass Unternehmen hier eine Möglichkeit erhalten, ihre Rentabilität und Wertschöpfung zu optimieren.
Spätere Untersuchungen wie zum Beispiel die Studie „Diversity Wins – How Inclusion Matters“ aus dem Jahr 2020 haben diese Ergebnisse erneut bestätigt. Hier haben sich die Autoren noch einmal 1.000 Unternehmen aus 15 Ländern angesehen. Demnach fallen Firmen immer stärker zurück, die beim Thema Diversität zu den Nachzüglern gehören. Wer sich hier im unteren Viertel wiederfindet, muss mit einer 25 Prozent niedrigeren Wahrscheinlichkeit leben, seine Mitbewerber outperformen zu können. Im Zeitablauf scheint also die Strafe für eine versäumte Inklusion höher auszufallen.
Sind Unternehmen mit diversem Top-Management resilienter?
Wie gut eine Führungsmannschaft wirklich ist, zeigt sich häufig erst in Krisensituationen. Besonders interessant sind daher zum Beispiel solche Daten in Bezug auf die Diversität, die aus dem Corona-Jahr 2020 und der Folgezeit stammen. McKinsey hat in der Studie „Diversity wins“ in Bezug auf diese Frage bereits im Mai 2020 einen Ausblick gewagt. Die Herausforderungen waren in dieser Zeit der Pandemie besonders vielfältig, weil zum einen der Schutz der Gesundheit der Mitarbeiter und Kunden im Vordergrund stand und es zugleich darum ging, so schnell wie möglich wieder für störungsfreie Abläufe in der geschäftlichen Tätigkeit zu sorgen. Gerade hier könnte sich die Diversität laut der Autoren als echter Erfolgsfaktor herausstellen.
Zu befürchten ist, dass Fragen der Gleichstellung in den Unternehmen in Krisenzeiten in den Hintergrund rücken könnten, wenn zum Beispiel die Auswirkungen einer Pandemie zu bewältigen sind. Das gilt gerade dann, wenn Diversität als eine Art Luxus statt als Notwendigkeit von den Verantwortlichen angesehen wird. So könnte zum Beispiel die verstärkte Mitarbeit aus dem Homeoffice dazu führen, dass bereits unterrepräsentierte Gruppen wie Frauen oder ethnische Minderheiten noch mehr Schwierigkeiten haben, sich mit ihren Interessen durchzusetzen und mit ihren Anliegen Gehör zu finden.
Die Autoren der Studie gehen jedoch davon aus, dass sich die Stärke der Diversität gerade in der Krise zeigen sollte. Denn diverse Teams seien besser darin, Verschiebungen der Verbraucherbedürfnisse und Konsummuster vorwegzunehmen und entsprechend darauf zu reagieren. Gehen die Betriebe also davon aus, dass sie in der Zukunft stärker von globalen und regionalen Krisen betroffen sein könnten, zu denen zum Beispiel auch Störungen der Lieferketten gehören, ist erkennbar, dass sie der Diversität im Sinne der Resilienzstärkung eine höhere Bedeutung beimessen sollten.
Was sind die konkreten Vorteile der Diversität im Top-Management?
Führungspositionen mit Frauen oder mit Menschen zu besetzen, die einer Minderheit angehören, hat bestimmte Auswirkungen darauf, wie das Management funktioniert. Dazu gehören etwa:
- Vielfalt an Perspektiven
- bessere Einschätzung von Chancen und Risiken
- höhere Innovationsfähigkeit
- stärkere Identifikation der Mitarbeiter
- bessere Außendarstellung für mehr Kundenstämme
- einfachere Kommunikation im B2B-Bereich
Perspektivenvielfalt und Risikenabschätzung
So fällt es diversen Führungsmannschaften zum Beispiel leichter, unterschiedliche Sichtweisen auf eine Fragestellung einzunehmen. Da sie ein Problem aus einer größeren Zahl von Perspektiven betrachten, sammeln sie automatisch mehr Daten, nehmen eine umfassendere Analyse vor und erreichen damit eine Verbesserung für ihre Entscheidungsfindung. Homogene Teams tendieren dazu, bestimmte Sichtweisen auf einen Sachverhalt zu ignorieren und können daher ein Problem eventuell nicht in seiner Gesamtheit erfassen. Mit einem diversen Führungsteam fällt es hingegen leichter, verschiedene Standpunkte einzunehmen und damit alle bestehenden Chancen und Risiken einer Entscheidung besser abschätzen zu können.
Innovation und Identifikation stärken
Diversität auf der Führungsebene kann aber auch dazu beitragen, die Innovationsfähigkeit und Kreativität in einem Unternehmen zu fördern. Wenn Menschen in Top-Positionen unterschiedliche Erfahrungen und Hintergründe und dadurch andere Denkweisen mitbringen, fällt es ihnen leichter, ungewöhnliche Ideen und Lösungsansätze für Probleme zu berücksichtigen. Hieraus ergeben sich eventuell vielfältige Chancen für ein weiteres Wachstum und eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit.
Das Top-Management dient in einer Firma auch immer der Identifikation. Wenn die Mitarbeiter sehen, dass Frauen und Minderheiten zum Beispiel mit einem anderen religiösen oder kulturellen Hintergrund auf den höchsten Ebenen vertreten sind, fühlen sie sich darin bestärkt, mit ihrer eigenen Karriere ebenfalls erfolgreich sein zu können. Es stellt daher einen immensen Motivationsfaktor dar, seine Führungsmannschaft divers aufzustellen.
Damit ist auch eine entsprechende Außenwirkung verbunden. Talente sehen, dass ein Unternehmen die Diversity tatsächlich praktiziert und könnten daher ein höheres Interesse an einer Bewerbung zeigen. Das ist gerade für solche Betriebe essenziell, die mit ihrem Geschäft international ausgerichtet sind und auf verschiedenen Märkten erfolgreich sein müssen. Wenn Sie zum Beispiel mit dem Problem des Fachkräftemangels zu kämpfen haben, lohnt es sich, für Talente aus dem Ausland attraktiver zu sein. Eine diverse Führungsmannschaft kann hier helfen, die notwendige Anziehungskraft zu entwickeln.
Mitarbeiter und Kunden binden
Vor diesem Hintergrund ist auf ähnliche Weise auch die Frage der Mitarbeiterbindung zu betrachten. Unternehmen haben es heute häufig mit wechselwilligen Mitarbeitern zu tun und es fällt zunehmend schwer, Talente an sich zu binden. Hier kann die Diversität positiv wirken und das Vertrauen der Mitarbeiter darin stärken, dass sie sich in einer Firma mit Strukturen befinden, die ihnen eine persönliche Entfaltungsmöglichkeit bieten und die sie nicht daran hindern, ihren Aufstieg zu machen.
Wer seine Mitarbeiter respektiert und fördert, trägt zu einer höheren Zufriedenheit am Arbeitsplatz bei. Und hier ist es entscheidend, dass Ihr Top-Management als Vorbild dienen kann, an dem sich auch die Verantwortlichen auf den unteren Ebenen bei ihrem Umgang mit dem Personal orientieren können.
Weitere Vorteile ergeben sich in Hinblick auf die Erweiterung des Kundenstamms und des Marktzugangs. Kunden haben unterschiedliche Interessen in Abhängigkeit davon, welche Region betrachtet wird. Ein diverses Management kann dabei helfen, einen besseren Blick für die unterschiedlichen Bedürfnisse zu entwickeln und Chancen auf den verschiedenen Märkten schneller zu erkennen. Aus Sicht der Kunden ist es erfreulich, wenn sie erkennen, dass zum Beispiel ihre Religion oder ihre Kultur in der Führungsmannschaft repräsentiert ist. Im B2B spielt das eine wichtige Rolle, wenn es zum Beispiel darum geht, einen Ansprechpartner zu finden, an den man sich mit seinen Anliegen wenden kann. Unternehmen mit diverser Führungsmannschaft haben hier mehr Möglichkeiten, den Erwartungen ihrer Kunden und Partner zu entsprechen.
Wie wirkt sich höhere Diversität auf den Bewerberpool aus?
Vielfalt ist natürlich kein Selbstzweck und eine Führungsmannschaft ist nicht automatisch deshalb gut, weil sie stark durchmischt ist. Mit der Diversity geht jedoch ein bestimmter Vorteil einher, der sich aus der Logik ergibt und der daher für kein Unternehmen von der Hand zu weisen ist. Wer sich nämlich für Frauen und Minderheiten öffnet und hier Rekrutierungen für sein Top-Management vornimmt, kann den Pool an Talenten deutlich erweitern. Und je größer der Pool ausfällt, desto leichter lässt sich die Summe sehr guter Mitarbeiter auf der Führungsebene erhöhen.
Unternehmen schaden sich also letztlich selbst damit, wenn sie bestimmte Talente übersehen, weil sie nicht zur bisherigen Zusammensetzung der Führungsmannschaft passen. Vielfalt bedeutet, bei Stellenneubesetzungen mehr Möglichkeiten zu erhalten und ein höheres Maß an Flexibilität zu genießen. Das ist gerade in einer Zeit wichtig, in der fähige Kräfte begehrt und Abwerbungen an der Tagesordnung sind.
Fazit: Diversität auf der Führungsebene verbessert die Performance
Die verschiedenen Untersuchungen zum Thema Diversität zeigen, dass die Gleichbehandlung von Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen nicht nur eine Frage der Moral ist. Für Unternehmen geht es hier schlicht auch um ihren geschäftlichen Erfolg. Es ist ein klarer Zusammenhang erkennbar zwischen der Diversität und der Wahrscheinlichkeit einer Outperformance. Und das gilt gerade dann, wenn Firmen auf der Führungsebene echte Vielfalt leben und Frauen und Minderheiten einbeziehen.
Diversität ist kein Luxus, sondern hilft dabei, sich vom Wettbewerb abzusetzen. Während die Vielfalt auf allen Ebenen wichtig ist, hat sie jedoch ihre größte Bedeutung im Top-Management. Gerade hier können Frauen und Mitarbeiter mit einer anderen Herkunft den größten Unterschied ausmachen, wenn es gelingt, sie angemessen zu repräsentieren. Interessant ist dabei auch, dass Faktoren wie die Region oder die Unternehmensgröße in dieser Hinsicht keine Rolle spielen. Der Zusammenhang hat immer Gültigkeit und ließ sich mittlerweile über viele Jahre hinweg in verschiedenen Studien belegen, wie sie in diesem Artikel teilweise aufgeführt sind. Gehen Sie also davon aus, dass die Diversität auch für Ihren Betrieb einen der Erfolgsfaktoren darstellt.
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