4. Oktober 2023

Gefühls­ma­nage­ment in Unter­nehmen: So werden Gefühle zum Erfolgs­faktor

Gefühle haben im Job nichts verloren! Dieser Satz ist bis heute in vielen Unter­nehmen keine Selten­heit. Während es im Privat­leben als völlig normal gilt, Gefühle zu zeigen und sich darüber auszu­tau­schen, sind Emotionen in der Unter­neh­mens­welt immer noch mit einem Makel behaftet.

Gefühle wie Wut, Angst oder Neid werden am Arbeits­platz in der Regel als Zeichen der Schwäche und der emotio­nalen Insta­bi­lität ausge­legt. Dies gilt insbe­son­dere auf der Ebene des Manage­ments. Nicht selten schämen sich Führungs­kräfte dafür, vor ihren Mitar­bei­tern Emotionen zu zeigen. Ledig­lich das Gefühl des Stresses scheint in der heutigen Arbeits­welt weit­ge­hend aner­kannt zu sein. Doch die Zeiten ändern sich langsam. Beson­ders jüngere Gene­ra­tionen können mit der „Gefühls­kälte“ am Arbeits­platz nicht mehr viel anfangen, weshalb in vielen Unter­nehmen ein Umdenken hinsicht­lich des allge­meinen Umgangs mit Gefühlen in Gang gekommen ist. Der Begriff des „Gefühls­ma­nage­ments“ hat inzwi­schen Hoch­kon­junktur. Doch was ist darunter eigent­lich zu verstehen? Warum sind Gefühle am Arbeits­platz wichtig und sinn­voll? Und wie kann man im Job ein erfolg­rei­ches Gefühls­ma­nage­ment prak­ti­zieren? Der nach­fol­gende Beitrag gibt Antworten auf diese Fragen.

Emotion und Gefühl: ein wich­tiger Unter­schied!

In der Schnell­le­big­keit des Wirt­schafts­le­bens werden Gefühle und Emotionen häufig in einen Topf geworfen. Kein Wunder, schließ­lich sind Führungs­kräfte und Mitar­beiter in Unter­nehmen nur in den seltensten Fällen Psycho­logen, die über den Unter­schied zwischen den beiden Begriffen Bescheid wissen. Um das Gefühls­ma­nage­ment in Unter­nehmen klar zu beschreiben, muss an dieser Stelle kurz auf die Diffe­ren­zie­rung der beiden Begriffe einge­gangen werden.

Für den Begriff „Emotion“ gibt es keine allge­mein­gül­tige Defi­ni­tion. Das Wort stammt aus dem Latei­ni­schen und bedeutet so viel wie „Bewegt­heit“ oder „Erre­gung“. Allge­mein formu­liert handelt es sich bei einer Emotion um eine Gemüts­be­we­gung, die sowohl psychi­scher als auch physi­scher Natur ist. Sie setzt sich aus Gefühlen, körper­li­chen Reak­tionen und Denk­pro­zessen zusammen.

Eine Emotion geht folg­lich über ein Gefühl hinaus. Unter einem Gefühl werden ausschließ­lich Empfin­dungen verstanden, die Sie in einem bestimmten Moment fühlen. Das können beispiels­weise Freude, Trauer oder Angst sein. Eine Emotion kombi­niert dieses Gefühl mit einer physio­lo­gi­schen Reak­tion, wie zum Beispiel einem erhöhten Puls oder einem Schweiß­aus­bruch, und kogni­tiven Prozessen, wie beispiels­weise einem Vergleich, einer Erin­ne­rung oder einer Entschei­dung. Verein­facht gesagt, ist das Gefühl der sicht- bzw. wahr­nehm­bare Teil einer Emotion. Über Ihr Gefühl können Sie demnach Rück­schlüsse auf die zugrunde liegende(n) Emotion(en) ziehen.

Ein Leben ohne Emotionen gibt es nicht

Die wich­tigste Grund­lage für ein erfolg­rei­ches Gefühls­ma­nage­ment am Arbeits­platz ist die Erkenntnis, dass es ein Leben ohne Gefühle und Emotionen nicht gibt. Während über viele Jahr­zehnte in den meisten Unter­nehmen rein ratio­nale Führungs­stile prak­ti­ziert wurden, hat sich in den letzten Jahren glück­li­cher­weise weit­ge­hend die Ansicht durch­ge­setzt, dass Mitar­beiter auch in emotio­naler Hinsicht richtig geführt werden müssen.

Wer diese zentrale Erkenntnis gewonnen hat, sollte einen Schritt weiter­gehen. Dieser lautet: Es gibt keine guten und keine schlechten Emotionen bzw. Gefühle. Bis heute ist die Klas­si­fi­zie­rung von Gefühlen bei Mana­gern und Mitar­bei­tern in Unter­nehmen sehr weit verbreitet. Während Gefühle wie Ärger, Eifer­sucht, Neid und Wut in der Unter­neh­mens­welt negativ ange­sehen werden, haben Gefühle wie Dank­bar­keit, Freude, Hoff­nung und Stolz eine posi­tive Konno­ta­tion im Wirt­schafts­leben. Diese Eintei­lung in posi­tive und nega­tive Gefühle ist zwar mensch­lich verständ­lich, in psycho­lo­gi­scher und auch wirt­schaft­li­cher Hinsicht jedoch nicht unbe­dingt ziel­füh­rend. Der folgende Abschnitt verrät, warum dem so ist.

Jedes Gefühl kann nütz­lich sein

Nega­tive Gefühle sind den meisten Menschen im Arbeits­alltag unan­ge­nehm oder gar pein­lich. Wer will schon gerne unter Kollegen als Neider oder Wüte­rich gelten? Bei näherer Betrach­tung können jedoch selbst die nega­tivsten Gefühle auf der Arbeit von Nutzen sein. Für ein Gefühl selbst kann niemand etwas, für den Umgang mit einem Gefühl jedoch sehr viel. So liegt es nicht nur an jeder einzelnen Person selbst, sondern auch an der Unter­neh­mens­or­ga­ni­sa­tion als Ganzes, wie sie mit der Gefühls­welt ihrer Mitar­beiter umgeht.

An dieser Stelle kommt der Begriff des Gefühls­ma­nage­ments ins Spiel. Es beschäf­tigt sich mit dem Verständnis, der Nutzung und der Steue­rung von Gefühlen. Das Manage­ment der eigenen Gefühle ist in der Arbeits­welt von höchster Bedeu­tung. Zahl­reiche in den letzten Jahren durch­ge­führte Studien haben heraus­ge­funden, dass das persön­liche Wohl­be­finden, die Moti­va­tion und nicht zuletzt die Gesund­heit von Menschen am Arbeits­platz in hohem Maße davon abhängen, wie sie dort mit ihren Gefühlen umgehen bzw. wie im Unter­nehmen gene­rell mit Gefühlen umge­gangen wird.

Es ist inzwi­schen wissen­schaft­lich erwiesen, dass das Unter­drü­cken der eigenen Gefühle nicht nur einem Menschen selbst schadet, sondern auch seiner Umwelt. Menschen, die ihre Gefühle nicht zulassen, verarmen nicht nur auf Dauer emotional, sondern sind erwie­se­ner­maßen auch häufiger krank und zeigen öfters Anzei­chen für eine Depres­sion.

Vor allem Führungs­kräfte profi­tieren vom Zulassen ihrer Gefühle:

  • Manager, die ihre Gefühls­welt nicht unter­drü­cken, leiden seltener unter Stress- und Angst­ge­fühlen.
  • Sie haben zudem ein gerin­geres Risiko, einen Burn-out zu erleiden.
  • Nicht zuletzt weisen sie eine höhere emotio­nale Diver­sität auf, die sich wiederum positiv auf ihre Führungs­ei­gen­schaften auswirkt.

Empa­thie als Grund­lage für ein posi­tives Unter­neh­mens­klima

Gefühls­ma­nage­ment ist nicht nur in Bezug auf die eigenen Gefühle von großer Bedeu­tung im Arbeits­alltag, sondern auch hinsicht­lich der Gefühle anderer Menschen am Arbeits­platz. Der zentrale Begriff in diesem Zusam­men­hang lautet „Empa­thie“. Darunter wird die Fähig­keit verstanden, die Gefühle, Emotionen, Gedanken und Motive anderer Personen zu erkennen, zu verstehen und auch nach­zu­emp­finden. In der deut­schen Sprache gibt es den korre­spon­die­renden Begriff des „Einfüh­lungs­ver­mö­gens“.

Menschen, die ihre eigenen Gefühle besser verstehen und managen, sind in der Regel auch gegen­über anderen empa­thi­scher. Beson­ders für Manager spielt das Einfüh­lungs­ver­mögen heut­zu­tage eine wich­tige Rolle. Nur mit einer empa­thi­schen Grund­hal­tung sind sie in der Lage, die Probleme und Schwie­rig­keiten ihrer Mitar­beiter zu erkennen und nach­zu­voll­ziehen. Eine empa­thi­sche Bezie­hung zwischen einer Führungs­kraft und ihren Mitar­bei­tern kann nicht nur das Wohl­be­finden und die Leis­tung aller Personen stei­gern, sondern auch Grund­lage einer tiefen Verbun­den­heit der Mitar­beiter mit dem Unter­nehmen darstellen.

Wie kann man Gefühls­ma­nage­ment auf der Arbeit prak­ti­zieren?

Zu wissen, welche Bedeu­tung das Gefühls­ma­nage­ment im betrieb­li­chen Kontext hat, ist eine Sache. Nun stellt sich die Frage, wie Sie das Manage­ment Ihrer Gefühle in der Praxis prak­ti­zieren können. Gefühle wahr­zu­nehmen, auszu­ba­lan­cieren und positiv zu nutzen, ist beileibe keine einfache Ange­le­gen­heit. Wie jede Art von Manage­ment will auch das Gefühls­ma­nage­ment gelernt sein.

Für ein in der Unter­neh­mens­praxis erfolg­rei­ches Gefühls­ma­nage­ment sollten Sie die beiden grund­le­genden Stile des Umgangs mit Gefühlen kennen, den emotio­nalen und den kogni­tiven Stil. Diese Eintei­lung stammt übri­gens vom israe­lisch-US-ameri­ka­ni­schen Psycho­logen und Nobel­preis­träger Daniel Kahne­mann.

Beim emotio­nalen Stil des Umgangs mit Gefühlen werden emoti­ons­ge­la­dene Konflikt- und Problem­si­tua­tionen spontan über Gefühle regu­liert. Menschen, die diesen Stil des Gefühl­s­um­gangs prak­ti­zieren, werden von anderen Menschen in der Regel als emotional wahr­ge­nommen. Der emotio­nale Stil kann in komplexen und gefähr­li­chen Situa­tionen vorteil­haft sein, da er schnelle und einfache Reak­tionen und Entschei­dungen ermög­licht. Ein Übermaß des emotio­nalen Stils birgt jedoch die Gefahr zu häufiger und zu starker Gefühls­aus­brüche.

Menschen, die einen kogni­tiven Stil beim Umgang mit Gefühlen an den Tag legen, wirken auch in emotio­nalen Situa­tionen ruhig und vernünftig, bisweilen sogar distan­ziert. Sie versu­chen in der Regel, ihre Gefühle in vernünf­tige Gedanken umzu­wan­deln und neigen dazu, in Konflikt- und Problem­si­tua­tionen rasch Lösungs­vor­schläge zu unter­breiten.

Wichtig ist in diesem Zusam­men­hang die Erkenntnis, dass keiner dieser beiden Stile besser oder schlechter ist als der andere. In der betriebs­wirt­schaft­li­chen Praxis kommt es primär darauf an, die rich­tige Balance zwischen diesen beiden Stilen des Gefühls­ma­nage­ments zu finden. Diese Balance ist vor allem für Menschen von großer Wich­tig­keit, die sehr stark zu einem der beiden Stile neigen.

Wie gehe ich konkret mit Gefühlen um?

Wie erwähnt ist die wich­tigste Voraus­set­zung für ein erfolg­rei­ches Gefühls­ma­nage­ment auf der Arbeit, Gefühle nicht zu unter­drü­cken. Gefühle sind immer eine Reak­tion auf eine bestimmte Situa­tion und können außerdem ein Motor für die weitere persön­liche und unter­neh­me­ri­sche Entwick­lung sein. Die Unter­drü­ckung von Gefühlen ist immer kontra­pro­duktiv, sowohl für Sie selbst als auch für Ihr Unter­nehmen. Viel­mehr sollten Sie sich über­legen, wie Sie Ihre Gefühle kana­li­sieren und gewinn­brin­gend einsetzen können. Die folgenden Methoden können dabei eine Hilfe­stel­lung bieten:

Treten Sie bei Wut einen Schritt zurück

Wut ist eines der stärksten und auch am Arbeits­platz am häufigsten vorkom­menden Gefühle. Wut ist aber ebenso eines der gefähr­lichsten Gefühle in der Arbeits­welt. Wütende Menschen, vor allem Manager, werden als Bedro­hung empfunden und lösen bei den meisten Mitar­bei­tern Angst und Verun­si­che­rung aus. Bevor Sie Ihrem Ärger Luft machen, sollten Sie besser einen Schritt zurück­treten und sich fragen, warum Sie eine Person oder eine Situa­tion so wütend macht. Beim Nach­denken über diese Frage werden Sie oft Muster erkennen, aus denen Sie lernen können. Auf keinen Fall sollten Sie Ihre Wut unbe­dacht an anderen auslassen. Wenn Sie zu einem emotio­nalen Gefühl­s­um­gang neigen, sollten Sie sich körper­liche und mentale Tech­niken der Selbst­kon­trolle aneignen, um Ihre Wut in den Griff zu bekommen.

Schämen Sie sich nicht für die eigenen Gefühle

Viele Arbeit­nehmer und vor allem Führungs­kräfte haben die Ange­wohn­heit, sich für bestimmte Gefühle zu schämen. Dazu gehören vor allem vermeint­lich nega­tive Gefühle wie Eifer­sucht und Neid. Eine falsche Scham für eigene Gefühle ist aller­dings unan­ge­bracht. Gefühle sind da und das aus gutem Grund. Lernen Sie, die eigenen Gefühle als Teil Ihrer Persön­lich­keit zu akzep­tieren. Wenn Ihre Umwelt mitbe­kommt, dass Sie unter dem Eindruck eines bestimmten Gefühls stehen, dann kehren Sie es nicht unter den Teppich. Dies gilt insbe­son­dere für Führungs­kräfte. Sie sollten einen offenen Umgang mit Gefühlen pflegen und diese gegen­über Mitar­bei­tern anspre­chen und erklären.

Grenzen Sie sich ab

Nicht selten kommt es im Arbeits­alltag zu einer Verwechs­lung der eigenen Gefühle mit jenen anderer. Je größer der Kreis der Kollegen ist, mit denen Sie täglich zu tun haben, umso größer ist die Gefahr, dass es zu einer Gefühls­ge­menge­lage kommt, in der Sie Ihre eigenen Gefühle nicht mehr klar erkennen können. In solchen Situa­tionen hilft es, sich gegen­über Ihren Kollegen abzu­grenzen und sich die Frage zu stellen: „Was fühle ich eigent­lich gerade?“

Bewerten Sie Fakten und Erleb­nisse neu

Ein sehr wich­tiger Aspekt des Gefühls­ma­nage­ments ist es, eine neue Perspek­tive auf Fakten oder Erleb­nisse zu entwi­ckeln. Versu­chen Sie, Dinge mit den Augen anderer zu sehen und Sie werden erstaunt sein, wie viele neue Erkennt­nisse Sie dabei gewinnen. Vor allem Führungs­kräfte, die oftmals Gefahr laufen, sich Dinge schön­zu­reden, können über diesen Perspek­tiv­wechsel wert­volle Hinweise auf ihre Gefühls­welt gewinnen.

Konzen­trieren Sie sich auf das Wesent­liche

Nicht selten machen Sie im Unter­neh­mens­alltag die Erfah­rung, dass Sie von Gefühlen über­häuft werden. Das gilt vor allem für Führungs­kräfte, die einem stän­digen Wech­selbad der Gefühle ausge­setzt sind. In diesem Fall gilt es, gegen die Gefühls­flut anzu­kämpfen und wieder Boden unter den Füßen zu gewinnen. Konzen­trieren Sie sich in solchen Situa­tionen auf die wich­tigsten Gefühle und versu­chen Sie, alle anderen fürs Erste auszu­blenden.

Wie können Arbeit­geber zu einem posi­tiven Gefühls­ma­nage­ment beitragen?

Wie bereits in einem der vorhe­rigen Abschnitte erwähnt, liegt ein posi­tives Gefühls­ma­nage­ment nicht nur an jedem Mitar­beiter selbst, sondern auch an der Unter­neh­mens­or­ga­ni­sa­tion als Ganzes. Es zählt somit zur Verant­wor­tung der Unter­nehmens­führung, für ein Unter­neh­mens­klima zu sorgen, in dem Gefühle als sinn­voll und nütz­lich gelten. Manager können ein Klima schaffen, in dem sich Mitar­beiter trauen, Gefühle zu zeigen und über sie zu spre­chen. Darüber hinaus können Arbeit­geber auch im Rahmen der betrieb­li­chen Gesund­heits­för­de­rung viel für ein posi­tives Gefühls­ma­nage­ment tun. So können Sie den Mitar­bei­tern Ihres Unter­neh­mens ermög­li­chen, sich bei emotio­nalen Belas­tungen recht­zeitig profes­sio­nelle Hilfe bei Ärzten, Coaches oder Gesund­heits­psy­cho­logen zu suchen.

Fazit

Gefühle haben heut­zu­tage sehr wohl etwas im Job verloren. Die Zeiten, in denen Menschen am Arbeits­platz keine Emotionen zeigen durften, sind endgültig vorbei. Ein funk­tio­nie­rendes Gefühls­ma­nage­ment kann dafür sorgen, dass Gefühle keine nega­tiven Auswir­kungen auf einzelne Mitar­beiter und die gesamte Unter­neh­mens­kultur haben. Menschen und Unter­nehmen, die Gefühle zulassen und in die rich­tigen Bahnen kana­li­sieren, können sie viel­mehr zu einem gewinn­brin­genden Faktor machen.


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