Gefühlsmanagement in Unternehmen: So werden Gefühle zum Erfolgsfaktor
Gefühle haben im Job nichts verloren! Dieser Satz ist bis heute in vielen Unternehmen keine Seltenheit. Während es im Privatleben als völlig normal gilt, Gefühle zu zeigen und sich darüber auszutauschen, sind Emotionen in der Unternehmenswelt immer noch mit einem Makel behaftet.
Gefühle wie Wut, Angst oder Neid werden am Arbeitsplatz in der Regel als Zeichen der Schwäche und der emotionalen Instabilität ausgelegt. Dies gilt insbesondere auf der Ebene des Managements. Nicht selten schämen sich Führungskräfte dafür, vor ihren Mitarbeitern Emotionen zu zeigen. Lediglich das Gefühl des Stresses scheint in der heutigen Arbeitswelt weitgehend anerkannt zu sein. Doch die Zeiten ändern sich langsam. Besonders jüngere Generationen können mit der „Gefühlskälte“ am Arbeitsplatz nicht mehr viel anfangen, weshalb in vielen Unternehmen ein Umdenken hinsichtlich des allgemeinen Umgangs mit Gefühlen in Gang gekommen ist. Der Begriff des „Gefühlsmanagements“ hat inzwischen Hochkonjunktur. Doch was ist darunter eigentlich zu verstehen? Warum sind Gefühle am Arbeitsplatz wichtig und sinnvoll? Und wie kann man im Job ein erfolgreiches Gefühlsmanagement praktizieren? Der nachfolgende Beitrag gibt Antworten auf diese Fragen.
Emotion und Gefühl: ein wichtiger Unterschied!
In der Schnelllebigkeit des Wirtschaftslebens werden Gefühle und Emotionen häufig in einen Topf geworfen. Kein Wunder, schließlich sind Führungskräfte und Mitarbeiter in Unternehmen nur in den seltensten Fällen Psychologen, die über den Unterschied zwischen den beiden Begriffen Bescheid wissen. Um das Gefühlsmanagement in Unternehmen klar zu beschreiben, muss an dieser Stelle kurz auf die Differenzierung der beiden Begriffe eingegangen werden.
Für den Begriff „Emotion“ gibt es keine allgemeingültige Definition. Das Wort stammt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie „Bewegtheit“ oder „Erregung“. Allgemein formuliert handelt es sich bei einer Emotion um eine Gemütsbewegung, die sowohl psychischer als auch physischer Natur ist. Sie setzt sich aus Gefühlen, körperlichen Reaktionen und Denkprozessen zusammen.
Eine Emotion geht folglich über ein Gefühl hinaus. Unter einem Gefühl werden ausschließlich Empfindungen verstanden, die Sie in einem bestimmten Moment fühlen. Das können beispielsweise Freude, Trauer oder Angst sein. Eine Emotion kombiniert dieses Gefühl mit einer physiologischen Reaktion, wie zum Beispiel einem erhöhten Puls oder einem Schweißausbruch, und kognitiven Prozessen, wie beispielsweise einem Vergleich, einer Erinnerung oder einer Entscheidung. Vereinfacht gesagt, ist das Gefühl der sicht- bzw. wahrnehmbare Teil einer Emotion. Über Ihr Gefühl können Sie demnach Rückschlüsse auf die zugrunde liegende(n) Emotion(en) ziehen.
Ein Leben ohne Emotionen gibt es nicht
Die wichtigste Grundlage für ein erfolgreiches Gefühlsmanagement am Arbeitsplatz ist die Erkenntnis, dass es ein Leben ohne Gefühle und Emotionen nicht gibt. Während über viele Jahrzehnte in den meisten Unternehmen rein rationale Führungsstile praktiziert wurden, hat sich in den letzten Jahren glücklicherweise weitgehend die Ansicht durchgesetzt, dass Mitarbeiter auch in emotionaler Hinsicht richtig geführt werden müssen.
Wer diese zentrale Erkenntnis gewonnen hat, sollte einen Schritt weitergehen. Dieser lautet: Es gibt keine guten und keine schlechten Emotionen bzw. Gefühle. Bis heute ist die Klassifizierung von Gefühlen bei Managern und Mitarbeitern in Unternehmen sehr weit verbreitet. Während Gefühle wie Ärger, Eifersucht, Neid und Wut in der Unternehmenswelt negativ angesehen werden, haben Gefühle wie Dankbarkeit, Freude, Hoffnung und Stolz eine positive Konnotation im Wirtschaftsleben. Diese Einteilung in positive und negative Gefühle ist zwar menschlich verständlich, in psychologischer und auch wirtschaftlicher Hinsicht jedoch nicht unbedingt zielführend. Der folgende Abschnitt verrät, warum dem so ist.
Jedes Gefühl kann nützlich sein
Negative Gefühle sind den meisten Menschen im Arbeitsalltag unangenehm oder gar peinlich. Wer will schon gerne unter Kollegen als Neider oder Wüterich gelten? Bei näherer Betrachtung können jedoch selbst die negativsten Gefühle auf der Arbeit von Nutzen sein. Für ein Gefühl selbst kann niemand etwas, für den Umgang mit einem Gefühl jedoch sehr viel. So liegt es nicht nur an jeder einzelnen Person selbst, sondern auch an der Unternehmensorganisation als Ganzes, wie sie mit der Gefühlswelt ihrer Mitarbeiter umgeht.
An dieser Stelle kommt der Begriff des Gefühlsmanagements ins Spiel. Es beschäftigt sich mit dem Verständnis, der Nutzung und der Steuerung von Gefühlen. Das Management der eigenen Gefühle ist in der Arbeitswelt von höchster Bedeutung. Zahlreiche in den letzten Jahren durchgeführte Studien haben herausgefunden, dass das persönliche Wohlbefinden, die Motivation und nicht zuletzt die Gesundheit von Menschen am Arbeitsplatz in hohem Maße davon abhängen, wie sie dort mit ihren Gefühlen umgehen bzw. wie im Unternehmen generell mit Gefühlen umgegangen wird.
Es ist inzwischen wissenschaftlich erwiesen, dass das Unterdrücken der eigenen Gefühle nicht nur einem Menschen selbst schadet, sondern auch seiner Umwelt. Menschen, die ihre Gefühle nicht zulassen, verarmen nicht nur auf Dauer emotional, sondern sind erwiesenermaßen auch häufiger krank und zeigen öfters Anzeichen für eine Depression.
Vor allem Führungskräfte profitieren vom Zulassen ihrer Gefühle:
- Manager, die ihre Gefühlswelt nicht unterdrücken, leiden seltener unter Stress- und Angstgefühlen.
- Sie haben zudem ein geringeres Risiko, einen Burn-out zu erleiden.
- Nicht zuletzt weisen sie eine höhere emotionale Diversität auf, die sich wiederum positiv auf ihre Führungseigenschaften auswirkt.
Empathie als Grundlage für ein positives Unternehmensklima
Gefühlsmanagement ist nicht nur in Bezug auf die eigenen Gefühle von großer Bedeutung im Arbeitsalltag, sondern auch hinsichtlich der Gefühle anderer Menschen am Arbeitsplatz. Der zentrale Begriff in diesem Zusammenhang lautet „Empathie“. Darunter wird die Fähigkeit verstanden, die Gefühle, Emotionen, Gedanken und Motive anderer Personen zu erkennen, zu verstehen und auch nachzuempfinden. In der deutschen Sprache gibt es den korrespondierenden Begriff des „Einfühlungsvermögens“.
Menschen, die ihre eigenen Gefühle besser verstehen und managen, sind in der Regel auch gegenüber anderen empathischer. Besonders für Manager spielt das Einfühlungsvermögen heutzutage eine wichtige Rolle. Nur mit einer empathischen Grundhaltung sind sie in der Lage, die Probleme und Schwierigkeiten ihrer Mitarbeiter zu erkennen und nachzuvollziehen. Eine empathische Beziehung zwischen einer Führungskraft und ihren Mitarbeitern kann nicht nur das Wohlbefinden und die Leistung aller Personen steigern, sondern auch Grundlage einer tiefen Verbundenheit der Mitarbeiter mit dem Unternehmen darstellen.
Wie kann man Gefühlsmanagement auf der Arbeit praktizieren?
Zu wissen, welche Bedeutung das Gefühlsmanagement im betrieblichen Kontext hat, ist eine Sache. Nun stellt sich die Frage, wie Sie das Management Ihrer Gefühle in der Praxis praktizieren können. Gefühle wahrzunehmen, auszubalancieren und positiv zu nutzen, ist beileibe keine einfache Angelegenheit. Wie jede Art von Management will auch das Gefühlsmanagement gelernt sein.
Für ein in der Unternehmenspraxis erfolgreiches Gefühlsmanagement sollten Sie die beiden grundlegenden Stile des Umgangs mit Gefühlen kennen, den emotionalen und den kognitiven Stil. Diese Einteilung stammt übrigens vom israelisch-US-amerikanischen Psychologen und Nobelpreisträger Daniel Kahnemann.
Beim emotionalen Stil des Umgangs mit Gefühlen werden emotionsgeladene Konflikt- und Problemsituationen spontan über Gefühle reguliert. Menschen, die diesen Stil des Gefühlsumgangs praktizieren, werden von anderen Menschen in der Regel als emotional wahrgenommen. Der emotionale Stil kann in komplexen und gefährlichen Situationen vorteilhaft sein, da er schnelle und einfache Reaktionen und Entscheidungen ermöglicht. Ein Übermaß des emotionalen Stils birgt jedoch die Gefahr zu häufiger und zu starker Gefühlsausbrüche.
Menschen, die einen kognitiven Stil beim Umgang mit Gefühlen an den Tag legen, wirken auch in emotionalen Situationen ruhig und vernünftig, bisweilen sogar distanziert. Sie versuchen in der Regel, ihre Gefühle in vernünftige Gedanken umzuwandeln und neigen dazu, in Konflikt- und Problemsituationen rasch Lösungsvorschläge zu unterbreiten.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Erkenntnis, dass keiner dieser beiden Stile besser oder schlechter ist als der andere. In der betriebswirtschaftlichen Praxis kommt es primär darauf an, die richtige Balance zwischen diesen beiden Stilen des Gefühlsmanagements zu finden. Diese Balance ist vor allem für Menschen von großer Wichtigkeit, die sehr stark zu einem der beiden Stile neigen.
Wie gehe ich konkret mit Gefühlen um?
Wie erwähnt ist die wichtigste Voraussetzung für ein erfolgreiches Gefühlsmanagement auf der Arbeit, Gefühle nicht zu unterdrücken. Gefühle sind immer eine Reaktion auf eine bestimmte Situation und können außerdem ein Motor für die weitere persönliche und unternehmerische Entwicklung sein. Die Unterdrückung von Gefühlen ist immer kontraproduktiv, sowohl für Sie selbst als auch für Ihr Unternehmen. Vielmehr sollten Sie sich überlegen, wie Sie Ihre Gefühle kanalisieren und gewinnbringend einsetzen können. Die folgenden Methoden können dabei eine Hilfestellung bieten:
Treten Sie bei Wut einen Schritt zurück
Wut ist eines der stärksten und auch am Arbeitsplatz am häufigsten vorkommenden Gefühle. Wut ist aber ebenso eines der gefährlichsten Gefühle in der Arbeitswelt. Wütende Menschen, vor allem Manager, werden als Bedrohung empfunden und lösen bei den meisten Mitarbeitern Angst und Verunsicherung aus. Bevor Sie Ihrem Ärger Luft machen, sollten Sie besser einen Schritt zurücktreten und sich fragen, warum Sie eine Person oder eine Situation so wütend macht. Beim Nachdenken über diese Frage werden Sie oft Muster erkennen, aus denen Sie lernen können. Auf keinen Fall sollten Sie Ihre Wut unbedacht an anderen auslassen. Wenn Sie zu einem emotionalen Gefühlsumgang neigen, sollten Sie sich körperliche und mentale Techniken der Selbstkontrolle aneignen, um Ihre Wut in den Griff zu bekommen.
Schämen Sie sich nicht für die eigenen Gefühle
Viele Arbeitnehmer und vor allem Führungskräfte haben die Angewohnheit, sich für bestimmte Gefühle zu schämen. Dazu gehören vor allem vermeintlich negative Gefühle wie Eifersucht und Neid. Eine falsche Scham für eigene Gefühle ist allerdings unangebracht. Gefühle sind da und das aus gutem Grund. Lernen Sie, die eigenen Gefühle als Teil Ihrer Persönlichkeit zu akzeptieren. Wenn Ihre Umwelt mitbekommt, dass Sie unter dem Eindruck eines bestimmten Gefühls stehen, dann kehren Sie es nicht unter den Teppich. Dies gilt insbesondere für Führungskräfte. Sie sollten einen offenen Umgang mit Gefühlen pflegen und diese gegenüber Mitarbeitern ansprechen und erklären.
Grenzen Sie sich ab
Nicht selten kommt es im Arbeitsalltag zu einer Verwechslung der eigenen Gefühle mit jenen anderer. Je größer der Kreis der Kollegen ist, mit denen Sie täglich zu tun haben, umso größer ist die Gefahr, dass es zu einer Gefühlsgemengelage kommt, in der Sie Ihre eigenen Gefühle nicht mehr klar erkennen können. In solchen Situationen hilft es, sich gegenüber Ihren Kollegen abzugrenzen und sich die Frage zu stellen: „Was fühle ich eigentlich gerade?“
Bewerten Sie Fakten und Erlebnisse neu
Ein sehr wichtiger Aspekt des Gefühlsmanagements ist es, eine neue Perspektive auf Fakten oder Erlebnisse zu entwickeln. Versuchen Sie, Dinge mit den Augen anderer zu sehen und Sie werden erstaunt sein, wie viele neue Erkenntnisse Sie dabei gewinnen. Vor allem Führungskräfte, die oftmals Gefahr laufen, sich Dinge schönzureden, können über diesen Perspektivwechsel wertvolle Hinweise auf ihre Gefühlswelt gewinnen.
Konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche
Nicht selten machen Sie im Unternehmensalltag die Erfahrung, dass Sie von Gefühlen überhäuft werden. Das gilt vor allem für Führungskräfte, die einem ständigen Wechselbad der Gefühle ausgesetzt sind. In diesem Fall gilt es, gegen die Gefühlsflut anzukämpfen und wieder Boden unter den Füßen zu gewinnen. Konzentrieren Sie sich in solchen Situationen auf die wichtigsten Gefühle und versuchen Sie, alle anderen fürs Erste auszublenden.
Wie können Arbeitgeber zu einem positiven Gefühlsmanagement beitragen?
Wie bereits in einem der vorherigen Abschnitte erwähnt, liegt ein positives Gefühlsmanagement nicht nur an jedem Mitarbeiter selbst, sondern auch an der Unternehmensorganisation als Ganzes. Es zählt somit zur Verantwortung der Unternehmensführung, für ein Unternehmensklima zu sorgen, in dem Gefühle als sinnvoll und nützlich gelten. Manager können ein Klima schaffen, in dem sich Mitarbeiter trauen, Gefühle zu zeigen und über sie zu sprechen. Darüber hinaus können Arbeitgeber auch im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung viel für ein positives Gefühlsmanagement tun. So können Sie den Mitarbeitern Ihres Unternehmens ermöglichen, sich bei emotionalen Belastungen rechtzeitig professionelle Hilfe bei Ärzten, Coaches oder Gesundheitspsychologen zu suchen.
Fazit
Gefühle haben heutzutage sehr wohl etwas im Job verloren. Die Zeiten, in denen Menschen am Arbeitsplatz keine Emotionen zeigen durften, sind endgültig vorbei. Ein funktionierendes Gefühlsmanagement kann dafür sorgen, dass Gefühle keine negativen Auswirkungen auf einzelne Mitarbeiter und die gesamte Unternehmenskultur haben. Menschen und Unternehmen, die Gefühle zulassen und in die richtigen Bahnen kanalisieren, können sie vielmehr zu einem gewinnbringenden Faktor machen.
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